Der Schwenninger Rolf G. Klaiber hat im Jahr 2011 die Kleinkunstreihe Kulturcafé Häring ins Leben gerufen. Am kommenden Freitag, 4. November, blickt er auf die Höhepunkte zurück. Foto: Kratt

Sie ist klein, aber fein, lockt stets in ein charmantes Ambiente und ist mittlerweile zu einer festen Institution in Schwenningen geworden: die Kleinkunstreihe des Kulturcafés Häring, die es inzwischen seit mehr als einem Jahrzehnt gibt.

VS-Schwenningen - Alles hatte angefangen im Jahr 2011 mit ein paar Terminen rund um Mundart-Hörspiele, die Kulturcafé-Gründer Rolf G. Klaiber im Café Häring an der Kirchstraße etablieren wollte. Da war am 26. März 2011 die erste Veranstaltung "Der Zug der Zeit" mit SWR-Produktionsredakteurin Christel Freitag und dem Schwenninger Michael Kopp, dann der nächste Termin "Schwabenblues – Geschichte einer Schwäbischen Familie" am 18. Juni über die Trossinger Musikerfamilie Hohner.

"Damals gab es noch keine Beschallungsanlage. Ich habe einfach fünf oder sechs Transistorradios über das Café verteilt aufgestellt", erinnert sich Klaiber schmunzelnd. Dann wurde Radio gehört, im Anschluss daran gab es über das jeweilige Thema ein Künstlergespräch.

Ziel: Nische für Kleinkunst in Schwenningen nutzen

Und auch, wenn nach drei oder vier Terminen erst einmal Schluss mit den Hörspielen war, sollten sie der Auftakt für eine durchaus erfolgreiche Kleinkunst-. Reihe sein, die im vergangenen Jahr schon ihren zehnten Geburtstag gefeiert hat. Der Schwenninger Rolf G. Klaiber war dabei der Mann der ersten Stunde, der nach 20 Jahren Aufenthalt in München – dort hatte er eine Buchhandlung geführt – 2009 zurück an den Neckar gekehrt war.

Ähnlich wie in seiner Münchner Buchhandlung wollte er in Schwenningen Kleinkunst etablieren. "Das Programm sollte dabei kein Abklatsch von schon Bestehendem sein", betont der Sozial-, Spiel- und Theaterpädagoge mit Blick auf Formate wie im Capitol, dem Jazzclub, der Scheuer oder dem Folkclub in Villingen.

Finanzierung von Anfang an schwierig

Auf der Suche nach der passenden Location kam ihm relativ schnell das Café Häring in den Sinn, das er bereits aus seiner Kindheit kannte. Der Vorteil: Dort stand ein Flügel – beste Voraussetzung also für viele musikalische Abende. Inhaber Thomas Häring habe direkt Bereitschaft gezeigt und gesagt: "Dann probieren wir’s eben!"

Mit der Basis einer Mischkalkulation wollte man die Veranstaltungen zunächst selber finanzieren. "Manchmal hat’s funktioniert, manchmal aber auch nicht", kommentiert Rolf Klaiber rückblickend und macht den von Anfang an schwierigen finanziellen Status der ansonsten erfolgreichen Kleinkunstreihe deutlich.

Von Chansons bis Jazz

Das jeweilige Jahresprogramm sollte stets eine bunte Mischung aus Klassik- Jazz- oder Chansons-Abenden mit Künstlern sowohl aus der Region als auch von weiter weg werden. "Die Liedermacher- und Chansons-Veranstaltungen bis hin zum Musikkabarett, das war bisher meine Lieblingsbranche", verrät der Kulturliebhaber.

Zu Liedermachern und Kabarettisten, etwa wie Fabian Schläper aus Stuttgart, pflegte er regelmäßigen Kontakt, Schläper war über mehrere Jahre in jedem Kulturcafé-Programm zu finden. Am meisten aber hätten in den vergangenen elf Jahren Jazz-Abende an der Kirchstraße stattgefunden. Benjamin Himpel aus Filderstadt zum Beispiel sei ein Saxofonist, der immer wieder mit verschiedenen Combos vor Ort im Häring sei.

Gerade im Jazz-Bereich seien die Musiker nicht fix, "das ist wie ein Schneeballsystem", erklärt Klaiber. Nach einem Auftritt sei es also nicht selten vorgekommen, dass in den folgenden Tagen das Telefon bei ihm geklingelt habe und andere Combos des aufgetretenen Künstlers angefragt hätten. Hörproben gebe es stets über CD oder übers Internet. "Manchmal muss ich aber auch Absagen erteilen, wenn der Künstler nicht ins Programmschema passt."

Café Häring ist eine Location mit Charme

Doch auch der Organisator selber startet immer wieder neue Anfragen bei Künstlern und Gruppen, um dem Programm stets neue Impulse zu verleihen. Die Kleinkunstreihe habe sich in hiesigen Kreisen schnell herumgesprochen, das Café Häring habe als Location einen ganz besonderen Charme, den viele Künstler schätzten.

Und auch das Schwenninger Publikum komme immer wieder gerne in die Kirchstraße – entweder, um ein bestimmtes Musikgenre zu erleben, oder aber auch, um die Kleinkunstreihe grundsätzlich zu erleben und zu unterstützen. Dennoch ist die finanzielle Umsetzung stets eine "Zitterpartie", wie Klaiber beschreibt. Um das Jahr 2018 herum hatte er deshalb eine Pause mit dem Kulturcafé gemacht, um alternative Finanzierungsmöglichkeiten auszuloten.

Von der Stadt Villingen-Schwenningen bekomme man also mittlerweile eine Regelförderung, zudem habe man einen privaten Sponsor gefunden. Dennoch bleibt für das Kulturcafé eigentlich nie Puffer – spätestens seit der Corona-Pandemie.

Publikum hat sich durch Pandemie halbiert

Klaiber ist zwar froh, inzwischen alle ausgefallenen Terminen von 2020 und 2021 bis in dieses Frühjahr "abgearbeitet" zu haben, genügend Publikum für die wieder regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen anzulocken, sei bisher aber "sehr mühsam". Die Resonanz habe sich quasi halbiert – wenn früher rund 40 Zuschauer gekommen sind, seien es momentan nur noch etwa 20.

Bei den Veranstaltungen in Kooperation mit der VHS, allen voran das beliebte Format "Bücher im Gespräch", sei man daher dazu übergegangen, sie in Hybrid-Form, also vor Ort aber gleichzeitig auch digital, anzubieten. Dennoch sei es schwieriger denn je, die Kosten der jeweiligen Künstler überhaupt annähernd mit den zur Verfügung stehenden Mitteln decken zu können.

Mit Planungen für 2023 noch zurückhaltend

Sind es in diesem Jahr mit dem Flashback-Abend am kommenden Freitag, 4. November, dem Auftritt von Michael Sens am 19. November sowie des Jörg Enz Trios am 1. Dezember noch drei Veranstaltungen, die im Kulturcafé Häring über die Bühne gehen, ist Rolf G. Klaiber bisher noch verhalten, was die Planung des Programms für 2023 betrifft – nicht zuletzt aufgrund der steigenden Energiekosten, die auch das Café Häring betreffen.

So möchte Klaiber erst noch die kommenden Veranstaltungen abwarten, um an die konkrete Planung zu gehen. Anfragen und Interesse vonseiten der Künstler sowie Ideen und Inspirationen von seiner Seite aus gäbe es auf jeden Fall genügend für das nächste Kulturcafé-Jahr.

Info: Kulturcafé-Flashback

Am Freitag, 4. November, 20 Uhr, lädt Gründer Rolf G. Klaiber alle Kulturcafé-Liebhaber ein, anhand von Künstler-Überraschungsgästen, Fotomaterial und eigenen Erzählungen einen Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt der Kleinkunstreihe zu wagen. Der Einlass ist ab 19 Uhr, der Eintritt ist frei, Spenden zur Weiterfinanzierung sind willkommen.