Die Kirnacher Straße in Villingen wird neu gestaltet – das bringt Veränderungen für alle Verkehrsteilnehmer mit sich. Foto: Marc Eich

Heiß diskutiert wurde im Gemeinderat darüber, wie die Kirnacher Straße zukünftig gestaltet wird. Klar ist nun: Die Autos werden tagsüber ausgebremst, um Kinder und Radfahrer zu schützen.

Es sind ziemlich genau 250 Meter Straße, die die Emotionen im Gemeinderat hochkochen ließen. Denn wie Elterntaxis, Fußgänger und Fahrradfahrer künftig die Kirnacher Straße in Villingen nutzen sollen, darüber war man sich anfangs nicht so wirklich einig.

Dass das Thema bei den Stadträten für ungewöhnlich großen Redebedarf sorgt, hatte sich bereits in den Ausschüssen abgezeichnet. Viele fühlten sich davon überrumpelt, dass eine Neugestaltung des Straßenabschnitts zwischen Richthofenstraße und Heidplatz zeitnah abgesegnet werden muss, um den von der Stadtverwaltung angestrebten Zeitplan einhalten zu können.

Ein Teil eines großen Plans: Denn das gesamte Gebiet rund um die beiden ehemaligen Kasernengelände Lyautey und Mangin – heute Von Richthofen Park und Oberer Brühl – sowie des Saba-Areals erleben derzeit eine Renaissance. Gleichzeitig herrscht in den umliegenden Straßenabschnitten ein enormer Sanierungsbedarf. Zudem muss die Brücke in der Peterzeller Straße neu gebaut werden.

Drei Maßnahmen hängen voneinander ab

Damit alle Maßnahmen aneinander vorbeikommen, hatten die Leiterin des Grünflächen- und Tiefbauamts Silvie Lamla und ihr Team einen Zeitplan ausgearbeitet – schließlich soll rund um die Gebiete kein Verkehrschaos ausbrechen. Sie erklärt: Der Abschnitt der Kirnacher Straße steht im Kontext zur Anbindung an die Richthofenstraße, die neu gestaltet wird. Und die Kirnacher Straße soll vor dem Neubau der Brücke in der Peterzeller Straße abgearbeitet werden. Es galt also: Der Projektbeschluss sollte bald gefasst werden. Gleichzeitig stand bei den Fraktionen teilweise eine Absetzung des Tagesordnungspunkts im Raum.

Die Sache mit den Elterntaxis: Dass dieser Abschnitt besonders kritisch beäugt wird, hängt auch mit der dort geplanten Kindertagesstätte zusammen. 140 Kinder sollen künftig in acht Gruppen betreut werden. Der Gemeinderat gab in der Sitzung grünes Licht für den dafür notwendigen Umbau eines Unteroffiziersgebäude.

Keine Ideallösung für Elterntaxis

Damit war aber auch klar: Morgens könnte in der Kirnacher Straße angesichts der Elterntaxis Chaos ausbrechen. Angesichts des begrenzten Parkraums schlugen die Freien Wähler vor, eine Kurzzeitparkzone einzurichten. Der Vorschlag fiel auf fruchtbaren Boden. Frank Bonath (FDP) erklärte auch in diesem Zusammenhang, dass sich „die Probleme bei den Gegebenheit auch nicht in vier Wochen regeln“. Ein Aufschieben der Entscheidung würde hinsichtlich der Elterntaxis auch keine Lösung bringen.

Wohin mit den Fahrrädern? „Wenn das Schild mit dem Fußgänger, dem Fahrrad und dem Strich auf blauem Grund kommt, dann werden wir dagegen stimmen!“ Diese knallharte Aussage warf Joachim von Mirbach (Grüne) bereits in der Ausschusssitzung in den Raum. Die Fraktion erklärt sich als entschiedener Gegner eines gemeinsame Fuß- und Radwegs. Zu groß sei das Konfliktpotenzial, insbesondere dann, wenn Lastenräder oder Fahrradanhänger (auch, um die Kinder in die Kita zu bringen) genutzt werden.

Radfahrer auf die Straße – aber bei Tempo 30

Daran änderte sich auch nichts, als der städtische Mobilitätsbeauftragte Ansgar Kundinger erklärte, dass für einen getrennten Geh- und Radweg oder Schutzstreifen kein Platz ist. Und wenn die Radfahrer auf die Straße ausweichen müssen, sei das Stresslevel hoch. Letztlich konnte man sich – das war auch der sachlichen und lösungsorientierten Sitzungsführung von Bürgermeister Detlev Bührer und Oberbürgermeister Jürgen Roth zu verdanken – darauf einigen, dass der Radverkehr auf die Straße gebracht wird.

Voraussetzung: Der Abschnitt wird in eine Tempo-30-Zone umgewidmet – laut der Stadträte am liebsten dauerhaft. Der Gehweg soll außerdem den Zusatz „Radfahrer frei“ erhalten. Das heißt: Zweiräder müssen auf die Fußgänger Rücksicht nehmen, zudem ist nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt.

Tempo 30: Ins Spiel gebracht wurde schon früh eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer – insbesondere aufgrund des neuen Kindergartens. Nachdem auch der Vorschlag des verlagerten Radverkehrs auf die Straße Zustimmung erhielt, war der Wunsch groß, dort das Tempo stärker zu reglementieren. Der Mobilitätsbeauftragte machte jedoch deutlich: Eine grundsätzliche und dauerhafte Beschränkung sei dort verkehrsrechtlich nicht möglich.

Tempo 30 gilt nur zwischen 6 und 19 Uhr

Stattdessen könne man, wie Roth und Bührer erklärten, von Montag bis Freitag zwischen 6 und 19 Uhr eine entsprechende Geschwindigkeitsbeschränkung einrichten – so wie es auch im Kloster- sowie Benediktinerring im Bereich der Schule und des Kindergartens bereits umgesetzt wurde.

Der Beschluss: Die Kirnacher Straße wird für 2,2 Millionen Euro umgebaut, zudem wird die sanierungsbedürftige Kanalisation erneuert. Der Bau soll im September 2023 beginnen und bis Juni 2024 abgeschlossen werden. Beidseitig wird es einen Gehweg mit dem Zusatz „Radfahrer frei“ geben, der Radverkehr soll größtenteils auf die Straße verlagert werden. Zudem soll es zwei neue, barrierefreie Zebrastreifen geben. In dem Abschnitt zwischen Richthofenstraße und Heidplatz soll von Montag bis Freitag zwischen 6 und 19 Uhr Tempo 30 gelten. Zukünftig wird es auf beiden Seiten Parkplätze geben. Die Mehrheit des Gemeinderats trug den Beschluss mit (26 dafür, drei dagegen, fünf Enthaltungen).