Der Prozess um den Mord an Michael Riecher bringt nur langsam Licht ins Dunkel (Symbolbild) Foto: dpa

Spurenauswertung am Tatort ergibt keine klaren Hinweise auf Anwesenheit von Mohammed O.

Rottweil/Horb - Das Geständnis im Landgericht von Iyad B. im Mordfall Michael Riecher – es bestätigt, dass der staatenlose Palästinenser zwischen 18.30 und 19.45 Uhr am Tatort war. Doch was ist mit dem ebenfalls angeklagten syrischen Flüchtling Mohammed O.?

Seine Verteidiger erklärten am vergangenen Prozesstag, dass Mohammed O. weiterhin vorerst schweigen will. Trotzdem wurde im Schwurgerichtssaal deutlich, dass der Angeklagte wohl zu der selben Zeit wie Iyad am Haus des Mordopfers Michael Riecher war.

Das beweise, so der LKA-Sachverständige, der WLAN-Router von Riecher. Seine Vernehmung wurde im September gestoppt, weil der IT-Spezialist im Gericht immer neue Untersuchungen erwähnte, die sich nicht in den Gerichtsakten fanden. Doch diesmal hatte der Gutachter alles dabei.

Der WLAN-Beweis, dass O.s Handy am Tatort war

Der Gutachter: "Im Router ist gespeichert, dass sich das iPhone 7 von O. im Gastzugang von Riecher um 18.49 Uhr eingeloggt hat." Fünf Minuten später wurde es abgemeldet. Um 19.30 Uhr loggte sich das Handy wieder ein. Um 19.26 Uhr wurde es erneut angemeldet, um 19.28 Uhr melden die im Router gespeicherten Infos, dass das Handy von Mohammed O. den WLAN-Empfangsbereich rund um Riechers Haus verlassen hat. Laut Ortsdaten im Smartphone habe sich der Träger zwischen 19.28 und 19.33 Uhr Richtung Ritterschaftsstraße zur Wohnung von O. bewegt, wie der Gutachter bestätigt. Das passt zeitlich ziemlich genau zu den Schilderungen von Iyad B., über die bereits gestern berichtet wurde.

Allerdings: Die Auswertung der Schuh- und Handschuhspuren im Haus gibt keinen klaren Hinweis darauf, dass Mohammed O. in der Wohnung des Opfers war.

Das bestätigt der LKA-Sachverständige für Schuhe, Reifen, Handschuhspuren. Im Schuppen des Elternhauses von Riecher wurden orangefarbene Handschuhe gefunden. Hier wohnte Mohammed O. zur Miete.

Trug O. Handschuhe am Tatort?

Am Tatort wurden verdächtige Spuren gefunden, die von diesen Handschuhen stammen könnten. Trug O. Handschuhe bei der Tat, um seine Spuren zu verwischen? Die Fingerabdruck-Experten hatten von O. lediglich Fingerabdrücke auf der Terrassentür außen sicherstellen können. Von Iyad gibt es viel mehr Spuren. Unter anderem DNA-Spuren am blutbefleckten Hemd des Opfers.

Geben die Schuhspuren und Handschuhspuren mehr Aufschluss? Verdächtige Handschuhspuren wurden einmal auf dem Wasserhahn in der Küche gefunden. Hier soll sich O. laut Iyad versteckt haben, ehe es zum Mord kam. Und einmal auf dem Teppich.

Doch wie gut sind diese Handschuhspuren? Der Sachverständige: "Die im Schuppen gefundenen Handschuhe haben auf der einen Seite ein Quadratmuster, auf der anderen Seite Überkreuzungen. Es sind auf dem Wasserhahn nur kleine, quadratische Element erkennbar – diese Spur ist nur bedingt aussagekräftig. Ich kann die im Schuppen gefundene Handschuhe als Verursacher nicht ausschließen. Es ist aber auch denkbar, dass es andere Handschuhe waren." Die möglichen Handschuhspuren auf dem Teppich zuzuordnen sei zudem weitaus schwieriger.

Was sagen die Schuhe des Angeklagten?

Auch die Schuhspuren am Tatort geben kein klares Indiz, dass sie von O. stammen könnten. Im großen Büro von Riecher gab es Spuren von Markenschuhen. "Hier kann man nur sagen, dass die einen ähnlichen Verschleißgrad wie die Schuhe von O. haben", erklärt der Sachverständige dazu. Die Schlussfolgerung, so der Gutachter: "Spuren von den Schuhen gibt es in fast jedem Raum. Die Zuordnung zu den bei O. beschlagnahmten Schuhen hat aber nur die Stufe vier. Muster und Größe stimmen überein. Es sind aber keine Individualmerkmale vorhanden, die O.s Schuhen zuzuordnen sind."

Der dritte Mann – er hat keine Gedächtnisprobleme

Die dritte zentrale Figur – sozusagen der Hauptbelastungszeuge – im Mordfall ist der Friseur Hesham A. Der Palästinenser war 2015 mit Iyad B. nach Deutschland eingereist. Er hatte B. als Komplizen an Mohammed O. vermittelt. Der Friseur wurde durch O.s Verteidiger so lange "gegrillt", bis er sich in Widersprüche verwickelte und sagte, dass er "Probleme mit dem Gedächtnis" habe. Deshalb wurde er begutachtet.

Am Montag sagte Ralf Kotzian – Facharzt für Psychiatrie und Psychologie – wie "normal" der Friseur ist: "Laut Tests hat er ein sehr gutes Gedächtnis. Es gibt klinisch keine Hinweise auf Demenz oder Gedächtnisstörungen. Auch an posttraumatischen Belastungsstörungen leidet er nicht. In der psychololgischen Testung war er völlig unauffällig." Und der Friseur habe ihm gesagt, dass man seinen Satz im Gericht falsch verstanden hätte, so der Gutachter.

"Friseur sagt wissentlich die Unwahrheit"

Doch O.s Verteidiger wollen den Friseur weiter unter Druck setzen. Deshalb stellten sie den Antrag, einen Handwerker aus Eutingen als Zeugen zu vernehmen. Der Friseur will den Mann mit O. und Iyad B. am Freitagmorgen im Kaufland getroffen haben. Der Handwerker sagt aber, dass er zu dieser Zeit gearbeitet hat. O.s Verteidiger Alexander Kubick: "Laut psychiatrischem Gutachter liegen bei Hesham A. keine psychopathologischen Krankheiten vor. Es liegen keine Gedächtnisstörungen vor. Die Aussage dieses Zeugen wird beweisen, dass Hesham A. unglaubwürdig ist und die Unwahrheit gesagt hat."

Dazu soll ein weiterer Zeuge vorgeladen werden, der bei A.s Telefonat mit der Polizei übersetzt hatte.