Der Angeklagte Mohammed O. betritt das Landgericht Rottweil. Foto: Lück

Kaum DNA-Spuren des Verdächtigen am Tatort. Erbgut von Iyad B. dagegen an blutigem Hemd des Opfers.

Rottweil/Horb - Mohammed O. soll seinen "väterlichen Freund" Michael Riecher erwürgt haben. Doch DNA-Spuren von ihm an der Leiche waren nicht zu finden. Steckten seine Hände in Einweghandschuhen?

Das könnte sein. Denn: Die Auswertung der DNA-Spuren vom Tatort im Haus von Michael Riecher haben ergeben: Es gibt fast keine genetischen Spuren, die auf Mohammed O. hinweisen. Außer die in den orangefarbenen Einweghandschuhen, die Ermittler vor Ort fanden. Die DNA-Sachverständige des Landeskriminalamtes berichtete als Zeugin: "Wir konnten an den Einweghandschuhen sechs Hautabriebspuren feststellen. Die sind O. zuzuordnen!" Auch an einer der fünf Zigarettenstummel, die wohl vor dem Haus gefunden wurden, sind DNA-Spuren des syrischen Flüchtlings. Dazu gibt es ein Haar vom Tatort.

Das ist schon seltsam; War doch der Syrer vor der Tat fast täglich Gast bei seinem "väterlichen Freund" Riecher.

Deutlich mehr Spuren von Iyad B. am Tatort gefunden

Trug Mohammed O. die orangenen Einweghandschuhe während der Tat? Zu Beginn der Tat, so hatte Iyad B. im Polizeiverhör gesagt, hatte sich Mohammed O. in der Küche des Opfers versteckt. Später soll er Riecher dann plötzlich von hinten angegangen und erwürgt haben, so sagte der Mitangeklagte in seiner Vernehmung bei der Polizei.

Doch es gibt so einige DNA-Spuren, die Ermittler unter anderem an den Geldbanderolen im Büro, an der Terrassentür oder an der Kleidung des toten Opfers fanden und auswerten konnten.

DNA-Spuren von B. sind häufiger nachzuweisen. Beispielsweise an den Knöpfen von Riechers hellblauem Oberhemd. Das blutverschmierte Kleidungsstück wurde später im Ökonomiegebäude von Riechers Elternhaus, in dem O. wohnte, in einem hohlen Baumstumpf gefunden. Die DNA-Gutachterin sagt: "Wir haben die acht Knöpfe der Leiste zusammen untersucht. Darauf haben wir Mischspuren gefunden – mit wenig Blut. Hier ist sowohl die DNA des Opfers als auch die von Iyad B. durchgängig nachweisbar."

Auch am Wasserglas, welches Iyad B. dem Opfer nach der ersten Attacke aus der Küche geholt haben soll, sind DNA-Spuren des staatenlosen Palästinensers zu finden. An den sichergestellten Schuhen und der Kleidung von B. wurde allerdings keine verdächtige DNA des Opfers entdeckt.

Was hat das zu bedeuten? O.s Verteidiger Alexander Hamburg erklärt: "Auf der Kleidung des Geschädigten gibt es keine DNA meines Mandanten. Sondern von B. Auf den Einweghandschuhen gibt es keine DNA des Opfers!" Klartext: Es gibt keine DNA-Beweise, dass Mohammed O. Riecher mit den Handschuhen berührt hat.

Und was sagt Iyads Verteidiger? Kristian Frank erklärt: "Entgegen der Stellungnahme der Verteidigung von O. wurden lediglich Mischspuren meines Mandanten auf dem Hemd gefunden." Die DNA-Gutachterin hatte vorher allerdings erläutert, dass diese Mischspur aus "wenig Blut" besteht und die DNA von Riecher und Iyad "durchgängig" nachweisbar seien.

Mischspur von O. und Riecher in seinem Kofferraum

Auch interessant: Im Auto von Mohammed O. gibt es im Innenraum keine DNA-Hinweise auf das Opfer Michael Riecher. Allerdings: Auf der Kofferraummatte in der Mitte gibt es wieder eine Mischspur zwischen DNA von Riecher und von O.

Heißt das, dass O. das blutige Hemd des Toten in den Kofferraum geworfen hat? Oder stammt diese Mischspur von den Haus- und Gartenarbeiten, die O. für Riecher gemacht hat?

Das große Rätsel um die Spurenlage bei der Tat. Kann die Faserspuren-Analyse mehr Klarheit bringen? Auch dazu ist eine LKA-Sachverständige im Gerichtssaal. Sie sagt, dass an der Jeans-Hose von Michael Riecher sieben Raulederfasern gefunden wurden, die von den Sportstiefeln von B. stammen können. Am blutigen Hemd des Opfers gibt es sechs Fasern aus einem Sportshirt, welches bei Mohammed O. beschlagnahmt wurde. Dazu eine Lederfaser auf der Hemd-Rückseite, die mit dem Material der Schuhe von B. übereinstimmt.

Was sagen diese Faserspuren aus? Die Sachverständige selbst hatte gesagt, dass diese Polyacrylfaser aus dem Sport-Shirt des syrischen Flüchtlings in der LKA-Datenbank mit bisher gut 8000 Fasern bisher nicht gespeichert sei. Deshalb sei es nach diesen Kriterien eine "seltene Faser".

Die gefundene Raulederfaser sei auch bisher nicht registriert. Hier habe das LKA bisher aber nur 24 Leder-"Fibrillen" – so der Fachausdruck – gespeichert.

Für die Verteidigung sind diese Erkenntnisse aus den Faserspuren zweifelhaft. Der Verteidiger von B., Kristian Frank, erklärt: "Im Gutachten wurde festgestellt, dass die Leder-Faser-Datenbank des LKA nur 24 Fasern enthält. Damit haben die Aussagen dazu noch einen geringeren Wert als die statistischen Erhebungen des LKA zu den Textilfasern."

Laut der LKA-Gutachterin sei die Übereinstimmungswahrscheinlichkeit dennoch höher: "Wenn zwei scheinbar identische Leibchen eines Herstellers nicht aus derselben Charge stammen, ist schon nicht mehr sichergestellt, dass die Fasern sich auf mikroskopischer Ebene gleichen. Weil die Zulieferer ständig wechseln, gibt es eine große Vielfalt an Fasertypen, die in derselben Kleidung eines Herstellers verarbeitet werden! Die von uns analysierten Textilfasern auf dem Hemd des Opfers und vom Sportshirt des Hauptangeklagten sind identisch! Dasselbe gilt für die Lederfasern."

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