Der Campingplatz des Mini-Rock-Festivals, hier soll die Tat stattgefunden haben. Foto: Hopp

Verteidiger stellt bei Prozess Befangenheitsantrag. Weiter Wirbel um Aussage der Security-Angestellten

Horb - Es geht eigentlich "nur" um Diebesgut im Wert von 380 Euro. Doch die Verhandlung um die mutmaßlichen Mini-Rock-Diebe wird zur zähen Hängepartie. Denn der Verteidiger wirft dem Richter nun Befangenheit vor.

Vier junge Männer aus Horb sollen in der Abschlussnacht des Mini-Rock-Festivals 2017 verschiedene Zelte geöffnet und zumindest aus einem einen Rucksack und ein Handy herausgeholt haben. Vor dem Amtsgericht Horb wurden drei der jungen Männer zu Geldstrafen und einer zu einer Haftstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung – aufgrund seines Vorstrafenregisters – verurteilt.

Letztgenannter und auch ein weiterer der vier Männer haben Berufung eingelegt, die anderen beiden taten dies nicht. In der ersten Verhandlung am Landgericht Rottweil vor elf Tagen kam es zu keinem Urteil, da einer der beiden Zeugen, ein Security-Angestellter auf dem Festival, nicht erschienen war. Seine Aussage war deshalb sehr wichtig, weil seine Security-Kollegin an diesem Verhandlungstag plötzlich zurückruderte und nicht mehr so deutlich gesehen hatte, ob die vier Männer etwas aus einem Zelt entwendet hatten.

Aussagen der Prozessbeteiligten verwirren

Und genau diese Aussage schwebte auch noch am zweiten Verhandlungstag irgendwie im Raum. Denn im Mittelpunkt stand nun die Aussage des Security-Kollegen. Selbstsicher und ruhig gab er dem Richter Auskunft über die Geschehnisse in der Morgendämmerung. Er sei sich "zu 100 Prozent sicher", dass die Vierer-Gruppe an die Zelte ging, sobald dort jemand reagierte, sich lachend zurückgezogen habe und bei nicht vorhandener Reaktion zugeschlagen hätte – bei einem Zelt eines Festivalbesuchers aus Sulz, der am Ende sein Handy, seine Powerbank (mobiles Ladegerät) und ein Taschenmesser vermisste. Einer weiteren Besucherin wurde ebenfalls ihr Handy und Geld geklaut, doch konnte dieser Vorfall den Angeklagten nicht klar zugeordnet werden.

Er wisse sogar noch genau, wer von den vier den Rucksack und das Handy aus dem Zelt geholt hätte: der 22-Jährige, der zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, erzählte der Zeuge.

Doch die Aussagen der Prozessbeteiligten verwirren auch. Unterschiedliche Angaben zu Entfernungen, zu der Art wie die mutmaßlichen Täter an die Zelte gingen, wie oft sie von der Security angesprochen wurden und wer dann wohin lief, ob es dunkel oder hell war, drei, vier oder fünf Uhr – all das gab es in der Verhandlung schon in verschiedenen Varianten zu hören. Wenig Erhellendes konnte auch der Beklaute bei seiner Befragung beitragen. Ja, er habe das Handy und den Rucksack im Zelt gehabt. Er sei sich ziemlich sicher. "Aber zu 100 Prozent kann ich es jetzt nicht sagen. Ich war stark alkoholisiert."

Und da ist noch weiterhin die Aussage der Security-Mitarbeiterin, die die ganze Bewertung eigentlich so schwierig macht. Sie hatte bei der ersten Verhandlung plötzlich über die Angeklagten gesagt: "Ich glaube, sie wollten die Zeltbewohner ärgern." An den Security-Kollegen gewandt, erklärte der Verteidiger Joachim Schedler aus Horb am gestrigen Dienstag: "Ihre beiden Aussagen unterscheiden sich ja nun massiv. Ihre Kollegin hat ja erklärt, dass sie bei der polizeilichen Befragung übertrieben habe, weil sie aufgeregt gewesen sei. Haben Sie vielleicht auch übertrieben?" Der Zeuge verneinte vehement.

Verteidiger geht die Hutschnur hoch

Doch Richter Geiger wirkte in seinen Bemerkungen nicht so, als habe er große Zweifel. "Die Aussagen der Security-Mitarbeiterin in der polizeilichen Befragung decken sich ja größtenteils mit dem des heutigen Zeugen. Sie hat nicht gesagt, dass sie übertrieben habe." Da ging dem Verteidiger die Hutschnur hoch. Denn – so hatte unsere Zeitung auch schon nach der ersten Verhandlung berichtet – die Zeugin hatte tatsächlich nicht mehr zu ihrer Aussage bei der Polizei gestanden. "Ich gehe davon aus, dass Sie nicht bewusst falsch ausgesagt haben, oder?", fragte der Richter damals die Frau sogar.

Der Anwalt beantragte nun eine kurze Pause – und kam dann mit einem Befangenheitsantrag zurück, weil der Richter voreingenommen sei. Die Staatsanwältin beantragte, diesen Antrag jedoch abzuschmettern.

Bevor die Verhandlung deshalb vertagt wurde, wurde noch der letzte Zeuge gehört: der Polizist, der den Zeugen damals befragte. Er bescheinigte ihm absolute Souveränität und Sicherheit bei seiner Schilderung. Eine klare Belastung für die Angeklagten. Doch warum die zweite Zeugin es plötzlich nicht mehr so glasklar sah wie ihr Kollege, bleibt ein Rätsel.

Am 3. Juli soll es weitergehen. Und dann könnte es noch ein neues Beweismittel geben. Der 22-jährige Angeklagte habe während seiner Festnahme und seiner kurzen Flucht sein Handy auf Aufnahme gestellt, so Anwalt Schedler. Die Verteidigung möchte mit dem Video wohl nachweisen, dass der Mann bei seiner Flucht kein Diebesgut loswerden konnte.