Immer wieder steht Calw unter Wasser – und das nicht wegen des Flusspegels (Archivfoto). Foto: Werthenbach

Steht eine Katastrophe ins Haus, muss es schnell gehen. Und im besten Fall wissen die Helfer bereits vorab, wo die größte Gefahren droht. Die Stadt Calw rüstet in dieser Hinsicht derzeit auf. Doch an anderer Front gibt es Schwierigkeiten.

Calw - Geht es ums Thema Hochwasser, hat Calw leidvolle Erfahrungen hinter sich. Seit Jahrhunderten wurde die Stadt an der Nagold immer wieder von teils schweren Fluten getroffen, die die Stadt meterhoch unter Wasser setzten.

An der Nagold

Aus diesen Erfahrungen wurden in den vergangenen Jahrzehnten jedoch einige Lehren für die direkt betroffenen Bereiche entlang des Flusses gezogen – insbesondere nach dem Jahrhunderthochwasser um die Jahreswende 1947/48. Einige Gebäude, unter anderem in der Lederstraße, standen damals bis zum ersten Stock unter Wasser, manche Bewohner waren tagelang in ihren Häusern eingesperrt.

1948 bis 1950 wurden daraufhin alte Flößerstellfallen und Wehre abgebaut und dadurch die Nagold abgesenkt. Der Wasserpegel fiel um rund zwei Meter. Die Hochwasser von 1990 und 1993 fielen milder aus. Dennoch wurde nochmals nachgerüstet: Mit Metallbohlenkonstruktionen als Hochwasserschutz, die im Winter dauerhaft installiert bleiben.

Nicht zuletzt bietet die Stadt eine besondere Dienstleistung an. Ab einer Nagold-Pegelstufe von 3,2 Metern informiert die Verwaltung alle möglicherweise betroffenen Anwohner. Erst vor wenigen Tagen rief die Stadt deshalb dazu auf, sich bei der Verwaltung zu melden, sollte sich die Telefonnummer geändert haben (siehe Info).

Im Stadtgebiet

Gefahr droht jedoch nicht nur dort, wo es Flüsse gibt. Das zeigte sich erst vor wenigen Wochen wieder, als insbesondere Zavelstein, Emberg und, in der Folge durch das ablaufende Wasser, auch Bad Teinach durch Starkregen von verheerenden Wassermassen heimgesucht wurden. Keller liefen voll, Straßen mussten gesperrt, Regenauffangbecken ausgebaggert und von Geröll befreit werden.

Dass solche Ereignisse theoretisch immer und überall überraschend auftreten können, das ist auch Calws Oberbürgermeister Florian Kling bewusst. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärte er, dass derzeit eine Gefahrenkarte erarbeitet werde, um sich darauf besser vorbereiten zu können. Diese Karten zeigen an, wo sich bei Starkregen das meiste Wasser sammelt und wo es vermutlich abfließen wird. Auf Grundlage solcher Daten können Städte und Gemeinden Vorkehrungen für den Notfall treffen.

Warnungen

Trotz aller Vorbereitungen bleibt manchmal jedoch nicht viel Zeit, um Betroffene zu warnen. Hilfreich sind dann elektronische Sirenenanlagen, die nicht nur heulen, sondern zudem Lautsprecheransagen machen können. Der Gemeinderat beschloss daher im November vergangenen Jahres, zunächst sechs dieser Anlagen anzuschaffen, die allesamt im Nagoldtal angebracht werden, wo die Hochwassergefahr am höchsten ist.

Die schlechte Nachricht: Wegen allgemeiner Lieferschwierigkeiten, so berichtet Kling, seien die Anlagen noch immer nicht in der Stadt angekommen. Aktuell rechne er mit einer Lieferung im Dezember. Aber: "Ich gehe davon aus, dass es nicht zum Warntag reicht", meint der Oberbürgermeister. Am 8. Dezember sollen bundesweit verschiedene Warnsysteme für den Bevölkerungsschutz getestet werden.

Der Tag dürfte unter anderem deshalb mit Spannung erwartet werden, weil der bislang letzte Warntag am 10. September 2020 als weitgehender Totalausfall gilt. Viele Städte verfügten nicht mehr über Sirenen, die Warn-Apps verschickten ihre Meldungen teils mehr als eine halbe Stunde zu spät. Das Bundesinnenministerium selbst bezeichnete den Warntag im Nachgang als "fehlgeschlagen".

Die Stadt Calw plant indes, auch wenn die Sirenen nicht funktionieren sollten, dennoch nicht untätig zu bleiben. Vorgesehen ist, die Warn-Apps "Biwapp" (Bürger Info- und Warn-App) und "Nina" (Notfall-Informations- und Nachrichten-App) zu nutzen.

Info: So bleiben Betroffene erreichbar

Erreicht die Nagold einen Pegel von 3,2 Metern, informiert die Stadt besonders gefährdete Anwohner. Wer in einer der folgenden Straßen wohnt, wird gebeten – sofern sich die Telefonnummer in diesem Jahr geändert hat –, sich bis zum 18. November unter Telefon 07051/16 74 74 oder per Mail bei mfuehrer@calw.de sowie mgentzel@calw.de zu melden.

Es handelt sich um Straßen in der Kernstadt, in Hirsau und Ernstmühl: Auf dem Brühl, Badstraße, Bahnhofstraße, Beim Weinsteg, Bischofstraße, Hermann-Hesse-Platz, Hirsauer Wiesenweg, Im Krappen, In der Insel, Inselgasse, Lederstraße, Marktstraße, Sparkassenplatz, Untere Brücke, Walkmühleweg, Nagoldweg, Altburger Weg, Alte Kuranlagen, Aureliusplatz, Calwer Straße, Liebenzeller Straße, Uhlandstraße, Wildbader Straße, Talmühle, Kentheim, Station Teinach und Waldecker Hof.