Hier wurde die schreckliche Tat verübt. Foto: Dold

Sicherungsverfahren gegen 56-Jährige eröffnet. Urteil wird am 2. August erwartet.

Hardt/Rottweil - Kerzen und Engelsfiguren verliehen der Trauer und Hilflosigkeit am Tatort Ausdruck: Nach den tödlichen Messerstichen, die eine 56-Jährige ihrer Tochter zugefügt hat, ist nun das Sicherungsverfahren vor dem Landgericht Rottweil angelaufen.

Staatsanwältin Bettina Körber-Renz legte den Sachverhalt in nüchternen Worten dar, obwohl sich an diesem verschneiten 27. Januar ein Drama sondersgleichen in den ansonsten eher beschaulichen Orten Hardt und Tennenbronn (Kreis Rottweil) abgespielt hatte.

Die Mutter hatte ihre 22-jährige Tochter besucht, die wenige hundert Meter entfernt von ihr mit ihrem Freund in einem erst kurz zuvor erworbenen Haus lebte. Nach der Verabschiedung zückte die Mutter ein Messer mit einer zehn Zentimeter langen Klinge und versetzte ihrer wehrlosen Tochter drei Stiche in Brust und Hals – bevor sie sich davonmachte. Die Tochter blieb alleine zurück und erlag etwa eine Stunde später ihren Verletzungen.

Die Tatverdächtige leidet unter einer schweren Schizophrenie

Die 56-Jährige führte hingegen noch mehr im Schilde. Sie sei, sagte die Staatsanwältin, zu ihrem 26-jährigen Sohn ins benachbarte Tennenbronn gefahren und habe dort mit ihm und dessen Lebensgefährten Kaffee getrunken. Zum Abschied habe sie erneut das Messer gezückt und zugestochen – diesmal auf den Sohn. "Und zwar mit voller Wucht", meinte Körber-Renz. Er wurde lebensgefährlich verletzt, erholte sich aber wieder.

Die Staatsanwältin wertete die Taten als Mord sowie versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Allerdings leide die 56-Jährige an einer schweren paranoiden, halluzinoiden Schizophrenie. Aufgrund eines Sachverständigengutachtens gehe sie davon aus, dass die Beschuldigte zu den Tatzeiten schuldunfähig gewesen sei – und deshalb kein Strafausspruch erfolgen könne. Vielmehr werde eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik angestrebt. Besonders tragisch: Die Mutter war vor der Tat freiwillig in einer psychiatrischen Klinik. Übers Wochenende durfte sie nach Hause – abgeholt wurde sie von niemand anderem als ihrer Tochter.

Die Verhandlung wird nun nichtöffentlich fortgesetzt. Diesem Antrag von Verteidiger Rüdiger Mack gab der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer statt. Im Verfahren gehe es vor allem um die Schuldfähigkeit, sagte der Richter. Der Urteilsspruch wird für Freitag, 2. August, erwartet. Dieser wird dann wiederum öffentlich erfolgen.

Angeklagte in psychisch labilem Zustand

Der psychiatrische Sachverständige Charalabos Salabasidis berichtete vor Gericht, dass die 56-Jährige nach wie vor in einem psychisch sehr labilen Zustand sei. Sie leide an einem lange festzementierten Wahn. Bislang sei es im psychiatrischen Krankenhaus auf der Reichenau nicht gelungen, die Frau zu stabilisieren. Sie wurde in Handschellen in den Verhandlungssaal geführt. Sie verhielt sich unauffällig und redete immer wieder mit ihrem Verteidiger.

Die bange Frage, warum es zu einer solch schrecklichen Tat kommen konnte, ist noch nicht endgültig geklärt. Immer wieder heißt es von Beteiligten, die Mutter habe in ihrem Wahn ihre Kinder durch die Taten "schützen" wollen. Sie habe Angst gehabt, dass ihr Ex-Mann die Kinder ins Ausland entführen wolle – und wollte das auf diese infame Weise verhindern. Möglicherweise bringt die Urteilsbegründung Licht ins Dunkel, was das Tatmotiv anbelangt.

Die Taten hatten im Januar große Bestürzung ausgelöst. Die örtliche Narrenzunft hatte eine für den 31. Januar geplante Großveranstaltung abgesagt, da die 22-Jährige in früheren Jahren im Zunftballett aktiv war. Es sei niemandem zum Feiern zumute, sagte der Zunftmeister damals. Eine Freundin charakterisierte die junge Frau als immer fröhlich und lebenslustig.

Nun kochen die ganzen Ereignisse von damals mit der Verhandlung vor dem Landgericht Rottweil wieder hoch.