Jubel, Trubel, Heiterkeit: Bayer Leverkusen stürmt die Bundesliga-Spitze Foto: imago/Revierfoto

Noch immer ist Bayer Leverkusen in dieser Saison ungeschlagen – in drei Wettbewerben. Jetzt geht es zum VfB Stuttgart, verbunden mit der Frage: Warum ist Bayer aktuell das wohl beste deutsche Fußballteam?

Es hat Tradition in den vergangenen Bundesliga-Jahrzehnten, dass Bayer Leverkusen am Ende belächelt wurde. Die schaffen’s eh nie, Vizekusen, ihr werdet nie deutscher Meister, solche Dinge dominierten in der Wahrnehumg der Werkself. Oft war Bayer nah dran am Meistertitel, scheiterte dann aber an den eigenen Nerven und anderen Unzulänglichkeiten. Auch die fehlende Siegermentalität zählt dazu, Leverkusen galt als Wohlfühloase für die Spieler – im negativen Sinn. Denn den Hunger nach dem maximalen Erfolg gab es unterm Bayer-Kreuz kaum. Und wurde von der sportlichen Führung oft auch nicht in letzter Konsequenz eingefordert.

Nun, in dieser Saison, scheint alles anders zu sein. Bayer ist vor dem Gastspiel beim VfB Stuttgart an diesem Sonntag (15.30 Uhr) ein ernst zu nehmender Meisterkandidat – was nicht nur, aber auch mit der neuen Mentalität im ganzen Club zu tun hat. Die Gründe für den Leverkusener Höhenflug:

Die Einstellung Wo früher nicht immer ans Maximum gegangen und auf dem Platz zurückgezogen wurde, wird heute hingelangt und Präsenz gezeigt. Oder, wie es der Bayer-Sportdirektor Simon Rolfs sagt: „Die Spieler sind bereit, hart zu arbeiten. Im vergangenen Jahr konnte ich das nicht von allen sagen, deshalb sind nicht nur Zu-, sondern auch Abgänge wichtig. Da haben wir einen Sprung gemacht.“

Die Neuzugänge Rolfes konnte die Wünsche des Trainers Xabi Alonso im Sommer erfüllen, der Manager ist mit Blick auf die Kollegen in der Liga der große Gewinner der abgelaufenen Transferperiode. Stürmer Victor Boniface, Offensivmann Jonas Hofmann, Linksverteidiger Alejandro Grimaldo und Mittelfeldchef Granit Xhaka waren auf Anhieb Verstärkungen und hoben das Team auf ein neues Level – sowohl spielerisch als auch kämpferisch. Und weil Nationalspieler wie Jonathan Tah unter Alonso große Leistungssprünge hinlegten und das Juwel Florian Wirtz unter dem Spanier immer noch mehr glänzt, steht Bayer da, wo es steht: oben.

Der Plan Ein Leverkusener Kniff ist es, das offensive Zentrum zu überladen, wie das im Taktiksprech heißt. Bedeutet konkret: die in den Zehnerraum abkippenden Offensivpartner von Boniface – Wirtz und Hofmann – sorgen für ein Übergewicht zwischen den Linien. Natürlich ist das nicht die einzige Strategie, sondern eine von vielen funktionierenden. „Es ist sehr bemerkenswert, wie alle zusammen unserer Spielidee treu bleiben“, sagt der Neuzugang Hofmann: „Wir verfolgen einen klaren Plan und lassen uns auch nach Gegentoren nicht aus der Ruhe bringen. Wir machen immer weiter – und das macht uns stark.“

Der Trainer Xabi Alonso hat es geschafft, innerhalb eines Jahres aus der Werkself eine Spitzenmannschaft zu machen, die sein Konzept des so dominanten wie dynamischen Ballbesitz-Fußballs versteht. Die Profis schauen zu Alonso auf – zu dem Mann also, der als Spieler mit der spanischen Nationalelf und auf Vereinsebene alle großen Titel gewonnen hat. Alonso lernte als Profi früher von Trainergrößen wie Pep Guardiola, Carlo Ancelotti, Jose Mourinho oder Rafael Benitez. Jetzt lernen seine Spieler von ihm.