Die Entscheidung ist gefallen: Deniz Undav will für Deutschland stürmen. Doch wäre der Angreifer des VfB Stuttgart auch eine Hilfe für das Team von Julian Nagelsmann? Eine Analyse.
Deniz Undav trägt sein Herz auf der Zunge – egal, mit wem er spricht. Also lernte auch der Bundestrainer Julian Nagelsmann zuletzt die Schlagfertigkeit des Stürmers des VfB Stuttgart im Telefonat kennen. „Einigkeit, Recht und Freiheit – das habe ich ihm gesagt“, berichtete Undav selbst über das Gespräch mit Nagelsmann – mit den berühmten Zeilen der Nationalhymne also signalisierte der Stuttgarter Angreifer seinen Willen, für die DFB-Elf zu stürmen. Undav wäre ja auch für die Türkei spielberechtigt.
Nun aber ist die Entscheidung des 27-Jährigen gefallen, er möchte für Deutschland auflaufen. Weshalb sich die Frage aufdrängt, wie Undav der kriselnden DFB-Elf mit Blick auf die Heim-EM 2024 denn helfen könnte, sollte Nagelsmann ihn nominieren. Textsicher bei der Hymne scheint Undav schon mal zu sein, und auch bei den wichtigeren, den fußballerischen Kriterien, gibt es einige Argumente für ihn.
So verkörpert Undav einen Spielertypus, der der Nationalmannschaft gerade abgeht. Der VfB-Stürmer ist ein Instinktfußballer mit der Bolzplatzmentalität, er kreiert durch seine unangepasste Spielweise Überraschungsmomente, ist unbekümmert, und, na klar: extrem torgefährlich. Acht Treffer in zehn Bundesligapartien sprechen eine klare Sprache. Und dass der Mann mit dem Torriecher gegen den Ball extrem mannschaftsdienlich spielt und ein Kämpfer im besten Sinne ist, ist auch dem Bundestrainer nicht entgangen. Undav ist anders als die anderen im DFB-Team – was etwas mehr als ein halbes Jahr vor Beginn der EM angesichts der Talsohle der Nagelsmann-Mannschaft nicht gegen ihn spricht.
Das Modell der Doppelspitze
Obendrein hat Undav beim VfB im Zusammenspiel mit Serhou Guirassy gezeigt, dass auch das Modell mit einer Doppelspitze mit ihm funktionieren kann – was im Nationalteam mit Niclas Füllkrug ebenso eine Option wäre. Und dass Undav aus atmosphärischer Sicht ebenfalls seinen Wert hätte, steht außer Frage. Denn der Mann, der einst bei Werder Bremen in der Jugend aussortiert wurde und dann auf dem dritten Bildungsweg im Profifußball und nun in der Bundesliga ankam, freut sich über jeden Tag, den er als Profi verbringen darf. Eine Einladung in die Nationalelf und für die EM wäre das höchste aller Glücksgefühle für Undav. Oder anders: Selbst wenn er bei einer Nominierung nicht zum Einsatz kommen sollte, würde er nicht stänkern, sondern für gute Stimmung sorgen.
Andererseits gibt es rund um die Nationalmannschaft auch ein paar Dinge, die eher gegen Undav sprechen. So hat Bundestrainer Nagelsmann in der Offensive schon zwei Kicker, die auf anderer Ebene auch als Instinktfußballer im besten Sinne durchgehen. Sie hören auf die Namen Jamal Musiala und Florian Wirtz, die andere Qualitäten als Undav haben und als große Versprechen des deutschen Fußballs durchgehen.
Nagelsmanns Losung
Nagelsmann plant mit beiden Rohdiamanten in der Startelf, weshalb für Undav so kaum Platz wäre – auch, weil Nagelsmann zuletzt nach der Losung „Vier Plus Eins“ verfuhr. Heißt: Er stellte vier Offensivleute und den Schienenspieler Kai Havertz auf der linken Seite auf. Mit Wirtz, Musiala, dem derzeit gesetzten Stoßstürmer Füllkrug und dem ebenso gesetzten Leroy Sané bliebe für Undav neben möglichen namhaften Konkurrenten wie Thomas Müller, Serge Gnabry oder Julian Brandt nur die Jokerrolle – womit er sich aber sicher auch erst mal anfreunden könnte.
Wie auch immer, bis zu den nächsten Länderspielen im März und der EM im Sommer wird noch viel passieren – für Deniz Undav aber ist ein Fall sonnenklar: „Ich habe Julian Nagelsmann gesagt, dass ich auf jeden Fall die Chance ergreifen möchte, für Deutschland zu spielen – wenn ich sie bekomme.“