Mi Kochtöpfen und Konservendosen läuten die Städtlewecker die Fasnet ein. Foto: Rahmann

Verkleidete Menschen stehen um 6 Uhr morgens vor dem Raiffeisenmarkt. Nachdem es fünfmal einen lauten Böller-Knall gibt, beginnen sie den Tag mit kühlem Bier und Wein. Was ist passiert? Das Städtlewecken hat die fünfte Jahreszeit eingeläutet.

„Der Wecker klingelt sowieso, weil ich sonst erschrecke wegen den Schüssen“, sagt die 15-jährige Alyah Brede – sie ist zum ersten Mal beim Städtlewecken dabei.

Für Frank aus Zell, der ein Ganzkörper-Hasenkostüm anhat, ist es ebenfalls eine Premiere. Nachdem er immer wieder vom Fasnets-Beginn in Schiltach gehört hatte, dachte er sich: „Das schau ich mir mal an.“ Eine Gruppe von Frauen, die sich „alte Weiber“ nennen, sagt zu der Frage, was ihnen beim Städtlewecken gefällt: „Lärm machen, Leute treffen.“ Einige trommeln auf Konservendosen, ein Mann mit weißer Zipfelmütze schlägt mit einem Stück altem Duschschlauch auf einen zerbeulten Kochtopf.

Der bunte Menschenzug setzt sich in Richtung Obere Bahnhofsbrücke in Bewegung. Einige Bürger haben die Initiative ergriffen und eine Bewirtungsstation aufgebaut. Der stellvertretende Bürgermeister Michael Buzzi schenkt in einem weinroten Poncho zusammen mit dem Gastwirtspaar Petra und Erich Faißt beispielsweise Kaba und Kaffee aus. Den rollbaren Tisch, auf dem Tassen und Kannen stehen, hat Buzzi von seiner Firma ausgeliehen: „Den muss ich heute Morgen noch wiederbringen“, sagt er. Bei Kälte und Dunkelheit wird der Kaffee von den Frühaufstehern gerne entgegengenommen.

„Suff stau!“

„Aus dem Weg! Einer alten Frau muss man Platz machen!“, ruft eine gebückte Person, die einen Holzrollator vor sich durch die Menschentraube hinschiebt. Alex, der sich hinter der Oma-Maske verbirgt, hat den Rollator selbst gebastelt. Sein Motto: „Umso bescheuerter,desto besser!“ Ob er sich in seiner Oma-Rolle durch die Menge zwängt oder einfach nur herumsteht – immer kommt ein Meckern aus der faltigen Maske: „Die Jugend von heute hat so viel Zeit und ich muss hier stehen. Oh, mein Kreuz!“ Als der Bus vorbeifahren will, läuft die Fasnets-Oma ganz langsam vor ihm her.

Die Schrofenhexen aus Vorderlehengericht haben rot leuchtende Lichter, die aus den Augenhöhlen ihrer Masken funkeln. „Fiechti’ Spritmobil“ steht auf einer mobilen Bar, die die Fiechtenwaldhexen betreiben. „Suff stau“, variiert Jan von Egehaddel den Urschrei „Uff stau!“, den die Städtlewecker durch die Gassen rufen.

Vibrator daheim

Die Narrenzunft aus Halbmeil weckt die noch schlummernden Schiltacher mit unermüdlichem Paukenschlag und Blechbläsern. Die Musikanten sind „schon immer dabei“, sagt Uli Esslinger, Vorsitzender der Schuhu-Hexen. „Verdammt, ich lieb dich“ spielt die Musikgruppe im Lehengerichter Rathaus. Spontan bildet sich eine Polonaise, die sich durch den engen Saal schlängelt und stimmt ins Lied mit ein. Die Rathaus-Mitarbeiter schenken dabei Wasser, Sekt mit Orangensaft und Bier mit und ohne Alkohol aus.

Im „Dubbel-Lied“ singen die Musikanten und der ganze Rathaussaal offen aus dem Herzen: „Daheim hab ich ein Vibrator. Vater hat gesagt, ich soll ihn forttua. Mutter sagt, ich solln ihn behalten – als Ersatz für mein Alten!“ Ein anderes Mitmachlied lädt zu körperlicher Betätigung auf: „Daumen raus! Ellenbogen zurück! Füße zusammen! In die Knie! Bauch raus! Arsch zurück! Rechter Fuß hoch! Zunge raus!“

Die Städtlewecker bedanken sich bei den Mitarbeitern der Stadt für die Bewirtung mit zwei Packungen „Nervennahrung – falls euch das Rathaus mal wieder stresst.“