Freuen sich, dass in der renovierten Zunftstube der Schwenninger Narrenzunft wieder Gäste an den Tischen sitzen dürfen, wenn auch – wie demonstriert – durch eine Schutzfolienwand getrennt: Zunftmeister Lutz Melzer (links) und sein Stellvertreter Florian Schütze. Foto: Kratt

Viele Monate waren die Mitglieder gezwungen, das Häs im Schrank zu lassen und keine Veranstaltungen zu organisieren. Allmählich nehmen die Aktivitäten der Narrenzunft Schwenningen wieder Fahrt auf – auch wenn keiner weiß, in welcher Form die Fasnet 2022 stattfinden wird.

VS-Schwenningen - "Leider habe ich keine Glaskugel", sagt Zunftmeister Lutz Melzer sofort, wenn es um das Thema Fasnet 2022 geht. Denn allmählich rückt zumindest der 11. November, der Beginn der närrischen Zeit im Rheinland, immer näher. Gespannt wartet man also darauf, was in Köln und Co gemacht wird, sind die Narren doch dort eine Art "Vorreiter", wie Vize-Zunftmeister Florian Schütze findet.

Rahmenbedingungen durch Sozialministerium

Wie berichtet, hat das Sozialministerium vor rund einer Woche die groben Rahmenbedingungen für die kommende Fasnet bekanntgegeben, damit die Vereine entsprechend in ihre Planungen gehen können. Demnach soll es für die Saalfasnet, also alle Veranstaltungen im Inneren, die 2G-Regelung (für Geimpfte und Genese) geben. Für die Umzüge soll eine Hygienekonzept erarbeitet werden.

Noch viele Fragen offen

Und auch, wenn der Tenor des Sozialministeriums lautet: "Die Fasnet 2022 findet statt", ist für die Schwenninger Narrenzunft vieles noch unklar: Wird es eine OB-Verhaftung im Rathaus geben? Inwieweit können die Umzüge und der Narrensprung stattfinden? Auf welchen sonstigen Veranstaltungen wird die Narrenzunft mit dabei sein? Was letztendlich ab dem 6. Januar, dem eigentlichen Tag des Abstaubens, möglich ist, hänge immer noch von der Entwicklung der Corona-Zahlen ab und somit natürlich von der aktuellen Landesverordnung beziehungsweise den Vorgaben der Stadt. "Es ist eine wirklich schwierige Situation", meint Lutz Melzer.

Verantwortung liegt bei Zunft

Denn er macht gleichzeitig deutlich, dass die Zunft als Veranstalter, egal ob beim Eröffnungsball oder bei der Hexenverbrennung, stets in der Verantwortung und Haftung stehe. Bei manchen Veranstaltungen sehe er aufgrund der möglichen Auflagen einen Personalaufwand, der von der Zunft allein nicht stemmbar sein wird. "Wie soll ich beim Umzug die gesamte Innenstadt Schwenningen abgesperrt bekommen?", fragt sich Melzer. Bereits als erste Reaktion auf die Mitteilung des Sozialministeriums hatte er sich vergangene Woche kritisch geäußert und die Umsetzung der Auflagen infrage gestellt. Wenn die Umzugsbesucher kontrolliert werden, darf beziehungsweise muss der Verein dann die Hästräger kontrollieren? Fragen, die bei Melzer bisher noch große Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Sonderregelung 2G plus?

Und auch bei einer 2G-Regelung bestehe das Problem, dass manche Narren zwangsweise ausgeschlossen werden müssten, was die Zunft eigentlich nicht will. Schon eher anfreunden kann der Zunftmeister sich mit der Sonderregelung 2G plus, bei der zumindest Schwangere und Kinder sich testen lassen können.

Warten auf Hygienekonzept

Jetzt will Melzer erst einmal abwarten, was beim Runden Tisch zwischen Sozialministerium und den Chefs der Narrenverbände in Sachen Hygienekonzept für die Außenveranstaltungen entwickelt wird. Dieser soll Anfang November stattfinden. Melzer hofft, danach mehr Klarheit, vor allem in Bezug auf die rechtliche Regelung, zu haben und mit seinem Zunftkollegen allmählich weiter planen zu können.

Eröffnungsball soll stattfinden

Was aber auf jeden Fall in einer Form stattfinden soll, das ist der Eröffnungsball Ende Januar, verrät Florian Schütze schon jetzt.. "Wir planen fest mit einem Ball – schon allein für den Gruppenzusammenhalt." Denn wichtig sei, dass im Vorhinein überhaupt wieder geprobt wird. Wahrscheinlich wird der Ball aber in abgespeckter Form über die Bühne gehen." Ob etwa die Kindergruppen mitmachten, das sei bisher unsicher

Teilnahme an anderen Umzügen

Was die mögliche Teilnahme an anderen Umzügen betrifft, sieht die Lage derzeit unterschiedlich aus: Einladungen für den Jubiläumsball der Katzenmusik im Januar, für den Umzug in Bad Saulgau Anfang Februar und auch für den Umzug am Fasnetsmontag in Bad Dürrheim habe man bereits erhalten, während mitunter das Treffen des Narrenfreundschaftsrings oder auch der eigentlich geplante Umzug in Ehingen an der Donau schon abgesagt wurden.

Zunftstube wieder offen

Die Zunft ist froh, nach rund anderthalb Jahren Zwangspause die Zunftstube seit Anfang August für den traditionellen Donnerstagabend sowie den Seniorennachmittag wieder öffnen zu dürfen. Denn das Vereinsheim kann sich wirklich sehen lassen, nachdem der Narrenrat während der Schließung den Räumen eine Schönheitskur unterzogen hat. Die Wände wurden gestrichen, Inventar aussortiert und umdekoriert. Auch der Keller wurde neu verputzt und mit neuen Heizungen ausgestattet, im Innenhof wurden neue Betonsteine verlegt. Technik-Profi Florian Schütze hat die Zunftstube mit W-Lan ausgestattet und sogenannte Spukschutzwände zwischen den Tischen installiert, die man bequem wie ein Sonnenschutzrollo hoch- und runterziehen kann – und das zur Freude des Fachmanns sogar elektronisch.

Schlachtplatteessen am 11. November

Während das Herbstfest bereits im zweiten Jahr abgesagt wurde, planen die Mitglieder nun wieder das traditionelle Schlachtplattenessen am 11. November – sowohl vor Ort in der Zunftstube als auch wahrscheinlich "to go". Und am 13. November soll ein Schweizer Abend in die Zunftstube locken.

Rückblick auf anderthalb schwierige Jahre

Lutz Melzer blickt auf nicht ganz einfache anderthalb Jahre zurück. Zum einen, weil es manchmal schwierig gewesen sei, den Narrenrat und die übrigen Mitglieder trotz der Zwangspause zu motivieren, weiterzumachen. Und auch, weil "ich manche Entscheidung treffen musste, die vielleicht nicht jeder nachvollziehen konnte", meint der Zunftmeister mit erneutem Blick auf die gesellschaftliche Verantwortung in Zeiten wie diesen.

Info: Die Jahreshauptversammlung

Nach einem Jahr Pause konnte vor Kurzem die Jahreshauptversammlung der Narrenzunft – für die Jahre 2020 und 2021 – in der Neckarhalle wieder stattfinden. In geheimer Wahl wurde der Vorstand sowie der Narrenrat mit seinen zwölf Aktiven wiedergewählt, berichtet Zunftmeister Lutz Melzer. Drei neue Aspiranten werden ein Jahr lang Ratsluft schnuppern, um zu entscheiden, ob ihnen das Engagement längerfristig Spaß macht.