Hunderte Kilometer legen Wölfe auf ihren Wanderungen zurück. Foto: Thissen

Der erste Wolf streifte durch den Zollernalbkreis – das steht fest. Ob er bleibt? Wolf-Experte Felix Böcker über Sichtungen, Forschung und Rudelbildung.

Zollernalbkreis - Sicher ist: Im Zollernalbkreis war im November ein Wolf unterwegs – und zwar auf Burladinger Gemarkung. Das Tier lief in eine Fotofalle. Ob die Sichtung überraschend war, wie viele Meldungen es im Zollernalbkreis zuletzt gab und warum die Untersuchung häufig der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleicht, das erklärt Felix Böcker von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Freiburg unserer Redaktion.

Kommt die Sichtung eines Wolfs im Zollernalbkreis überraschend?

"Grundsätzlich ist überall in Baden-Württemberg mit dem Auftauchen einzelner, abwandernder Wölfe zu rechnen", erklärt Böcker unserer Redaktion. Hunderte Kilometer legen die Tiere demnach auf ihren Wanderungen zurück, "um einen Partner zu finden oder in einer geeigneten Region ihr Territorium zu etablieren".

Kommt die Sichtung eher spät, da Wölfe bereits in anderen Kreisen Baden-Württembergs gesichtet worden sind?

Prognosen, wann genau die Tiere zwischen Schwarzwald, Alb und Bodensee auftauchen könnten, seien nicht möglich. Bereits seit Jahren sei damit zu rechnen, dass Wölfe in den Südwesten wandern und sich niederlassen. "Auch mit einer Paar- und Rudelbildung wird bereits seit einigen Jahren gerechnet", erklärt Böcker. "Wann dies jedoch tatsächlich passiert, kann lediglich beobachtet, nicht aber prognostiziert werden. Dasselbe gilt auch für Nachweise durchziehender Wölfe." Ob der Wolf, der am 11. November bei Killer Jägern in die Fotofalle ging, tatsächlich der erste zwischen Albstadt, Balingen und Hechingen war, ist unsicher. Böcker: "Möglicherweise sind ja auch schon mehr Wölfe durch den Zollernalbkreis gewandert, als wir feststellen konnten."

Wie wird vor Ort untersucht?

Dafür werden mehrere Hinweise benötigt, die in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang stehen.Auch Wölfe mit festem Territorium nutzen große Flächen. Daher gleiche die nähere Untersuchung häufig der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Wie legt ein Wolf ein bestimmtes Revier fest? Ist es denkbar, dass er bleibt?

Grundsätzlich ist es möglich, dass der Wolf aus Killer im Zollernalbkreis bleibt. Dafür müsste er sich in den kommenden Wochen und Monaten aber noch häufiger sehen lassen. "Über bundesweite Monitoring-Standards wird ein Wolf als territorial bezeichnet, wenn er über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten in einer Region nachgewiesen wird", berichtet der Experte. Die Tiere nutzen laut Böcker ein Streifgebiet von zirka 250 bis 350 Quadratkilometern, wenn sie sich erst einmal niedergelassen haben.

Wie viele Wolfssichtungen gab es zuletzt im Zollernalbkreis?

Seit Beginn des Jahres 2021 wurden an der FVA 25 Meldungen mit Wolfsverdacht aus dem Zollernalbkreis registriert. Sieben davon wurden als "negativ" beurteilt, in vier Fällen war keine Beurteilung möglich, ein Fall konnte sicher einem Wolf zugeordnet werden. In sieben Fällen kann ein Wolf weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. Weitere Meldungen werden geprüft.

Wie wahrscheinlich ist es, dass weitere Tiere in der Region auftauchen?

Laut FVA ist weiterhin damit zu rechnen, dass Wölfe nach Baden-Württemberg wandern. Böcker: "Hier ist tendenziell mit einer Zunahme zu rechnen." Der Wolf könnte sich also weiter ausbreiten: "Früher oder später wird es auch in anderen Regionen als dem Schwarzwald in Baden-Württemberg Wolfsterritorien und Rudelbildungen geben."