Martin Künstner führte das Ebinger Kammerorchester um Konzertmeisterin Sibylle Kistermann zur Hochform. Foto: Eyrich

Über sich hinausgewachsen ist – einmal mehr – das Ebinger Kammerorchester beim Sinfoniekonzert in der Festhalle. Für die Solistin gilt Nämliches: Janina Ruh bot einen Ohrenschmaus.

Albstadt-Ebingen - Gab es da nicht eine Pandemie, die mit Lockdowns und Ausgangssperre besonders Ensemble-Musiker hart getroffen hat? Am Ebinger Kammerorchester ist sie scheinbar spurlos vorüber gegangen, wie das Sinfoniekonzert in der Festhalle gezeigt hat, denn von seinen Besonderheiten hat das Orchester unter der Leitung von Martin Künstner nichts, aber auch gar nichts eingebüßt. Egal ob Joseph Haydns Sinfonie Nr. 2 C-Dur oder Franz Schuberts Sinfonie Nr. 5 B-Dur: die große Harmonie im Klang, die sauberen, ausdifferenzierten Töne, die jedes einzelne Instrument mit hoher Präzision hervorbringt, das frische Timbre und die weichen Crescendi sind und bleiben Merkmale dessen, was die Musiker um Konzertmeisterin Sibylle Kistermann hervorbringen. Dass Sie dafür nicht einmal das ganze angesetzte Probenwochenende ausschöpfen mussten, macht ihre Leistung umso bemerkenswerter.

Da ist flinker Fingersatz gefordert

Vor allem die Violinen malten in seidigen Klangfarben, und ihr Klang verschmolz wie heiße Schokolade mit dem der Bläser der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, die sich im Presto des Haydn’schen Werks selbstbewusst zu Wort meldeten und die Streicher trugen.

Wenngleich das Ebinger Kammerorchester selbst mit erstklassigen Cellisten besetzt ist, vermochte Solistin Janina Ruh am Violoncello in Haydns Cellokonzert Nr. 1 C-Dur herauszuragen: Mit selbstbewusstem Strich und großer Souveränität, die ihr die Lockerheit und das Extemporieren erleichterten, spielte sie ihr Instrument von Jean Baptiste Vuillaume von 1845 mit Kraft und Präzision, was vor allem im temporeichen dritten Satz "Allegro molto" ihren flinken Fingersatz forderte.

Dass die gebürtige Rottweilerin – im In- und Ausland gefragt und prämiert – das nötige Können mitbringt, um jedem Konzert mit ihrem Solo ein Sahnehäubchen aufzusetzen: selbstredend. So ergreifend und fesselnd, wie viele Zuhörer es wahrnahmen, macht ihr Spiel freilich das Herz, das Engagement, der Ausdruck und die Seele, mit denen sie spielt. Das kuriose Solostück "Das Buch" schenkte sie dem Publikum als Zugabe und machte darin das Blättern, das Rascheln und das sanfte Flirren von Buchseiten hörbar – begleitet von ihrer ebenfalls brillanten Sopranstimme.

Die nächste Matinee steht schon an

"Fantastisch – und so etwas in Ebingen" war nur einer der euphorischen Kommentare nach dem Konzert, in dem Dirigent Martin Künstner alle Akteure zur Bestform animierte und dabei selbst mit jenen mitreißenden Gesten operierte, die er sich als Oboist verkneifen muss. Als Dirigent des Ebinger Kammerorchesters hat er die Rolle des Maestro angenommen und füllt sie aus mit Verve und Feingefühl – das nächste Mal bei der vorweihnachtlichen Matinee am Sonntag, 4. Dezember, ab 11 Uhr in der Kirche St. Margareta beim Kloster Margrethausen. Auf dem Programm stehen dann Werke von Johann Sebastian Bach, Künstner wird selbst die Solo-Oboe spielen und Eva Unterweger als Solo-Violinistin dirigieren. Karten gibt es in der Tourist-Information im Rathaus Albstadt und unter www.reservix.de