Günther Oettinger (von links), Meinrad Schmiederer, Curt Diehm und Willi Stächele freuen sich über zehn Jahre Dollenbergdialog mit fast 50 Dialogen. Foto: B. Schwarz

Der Dollenbergdialog feierte sich selbst. Zehn Jahre waren es wert, festlich zusammenzukommen, dazu die Partner einzuladen, die Gesprächsrunde mit virtuoser Musik der Wagner-Familie aus Baden-Baden zu garnieren und ein festliches Menü zu servieren.

Lukullisches aus der Zwei-Sterne-Küche von Martin Herrmann gehört zum Dialog einfach dazu. Vorsitzender Willi Stächele, CDU-Landtagsabgeordneter, blickte zurück auf fast 50 Dialoge in zehn Jahren – lediglich unterbrochen von der Corona-Pandemie. In der Reihe der prominenten Redner fehlte ein Bischof ebenso wenig wie ein General, ein Botschafter ebenso wenig wie Topmanager, Spitzentouristiker, Wissenschaftler oder Diplomaten im Rang eines Wolfgang Ischinger. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) suchte das Gespräch mit Vertretern des Mittelstands aus der Ortenau und benachbarter Regionen.

Günther Oettinger, ehemals EU-Kommissar, zählt zu den Dialog-Gründern wie Wolfgang Schäuble oder Klaus Mangold, die nach wie vor der Gesprächsrunde eng verbunden sind. Man traf sich seinerzeit im „La Pavillon“, dem Gourmet-Restaurant des Hotels Dollenberg, bei gutem Essen und edlen Weinen im Bemühen, Politik und mittelständische Wirtschaft im Gespräch zu halten. Der Dialog habe noch einiges im Köcher und wolle auch in kommenden Jahren daran festhalten, junge Leute einzuladen und das Ehrenamt hoch zu halten.

Schonungsloser politischer Diskurs

Schirmherr Günther Oettinger forderte in seiner Gratulation, die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik zu verbessern. Wirtschaftsförderung müsse in der Politik zukunftsfähiger werden. Der Dialog Dollenberg habe dazu beigetragen. Dafür sagte er Dank an Stächele als Organisator sowie an Meinrad Schmiederer als gastlicher Hausherr samt Team .

„Bitte schonungslos“, so hatte Stächele den Schirmherren gebeten, möge sein politischer Diskurs ausfallen. Oettinger kam der Bitte unverzüglich nach: Das „deutsche Geschäftsmodell“ sah er in größter Gefahr. „Deutschland ist derzeit ein Abstiegsland, wir stagnieren, wir ersticken in Bürokratie, haben keinen Respekt für Privatwirtschaft und Leistung. Der Deutschen liebster Vierfüßler ist die Couch, und an den Stammtischen herrscht Dekadenz pur. Wir müssen endlich erwachsen werden.“

Die Rente mit 70

Deutschland, so der Ex-Kommissar weiter, lebe in einem Prozess der Deindustrialisierung. Vor der Kulisse der internationalen Autoindustrie sei es ein großer europäischer Fehler, die Verbrenner zu verbieten. „Uns gehen die Menschen aus“, blickte Oettinger auf den Arbeitsmarkt. „Wir müssten über die Rente mit 70 reden und nicht über die 25-Stunden-Woche.“

Er forderte höhere Militärausgaben, denn die USA würden im Kampf der Systeme zwischen Demokratie und Diktatur nicht mehr wie bisher für die Sicherheit Europas einstehen. Oettinger wünschte sich abschließend gemeinsame Strategien von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik mit mehr Mut zur Zumutung und mehr Mut zu Wirtschaft und Politik.

Gesundheit stabilisieren

Ganz andere Töne schlug Curt Diehm, ärztlicher Direktor der Grundig-Klinik auf der Bühlerhöhe, in seinem 20-Minuten-Vortrag an. Diehm ist auch durch zahlreiche Publikationen bekannt, erst vor kurzem ist sein neues Buch „Gesunde Rituale – besser und länger leben“ erschienen. So hatte er auch sein Referat überschrieben.

Er wolle ein paar Tipps geben, die erlauben, etwas älter zu werden, meinte er. Es waren Rituale, die im täglichen Leben die Gesundheit stabilisieren können, ohne das Leben in Askese verbringen zu müssen. Das trug der Professor sowohl schockierend als auch unterhaltend vor.