Klaus Mangold (von links), Peter Györkös und Willi Stächele beim Dollenberg-Dialog Foto: B. Schwarz

Das gab es noch nie beim Dollenberg-Dialog: Mehr Fragen als Antworten nach einem Vortrag sowie erregte Diskussionen unter den rund 70 Gästen an den runden Tischen.

Bad Peterstal-Griesbach - Zum "Sonderdialog" hatte Landtagsabgeordneter Willi Stächele (CDU) einen "Sondergast" eingeladen: Peter Györkös, ungarischer Botschafter in Deutschland. Zuvor hatte ihm Stächele eine Aussprache mit dem EU-Ausschuss des Landtags ermöglicht, was Györkös ebenso dankbar anerkannte wie den Auftritt beim Dialog im Relais & Chateaux-Hotel in Bad Peterstal-Griesbach.

 

Ganz offensichtlich ist Györkös, der sich selbstironisch als "Orbans Belzebub" bezeichnet, bemüht, das schwer beschädigte Image seines Heimatlandes zu verbessern. Oder wenigstens Verständnis für manche Entscheidung seiner Regierung zu finden, "die auf andere vielleicht wie eine ein bisschen seltsame Sichtweise wirken könnte", wie er einräumte.

Europa, ein Ei ohne Schale

Ähnlich wirkte sein Vortrag. Begründet mit der älteren und neuen Geschichte Deutschlands und Ungarns, begründet mit absoluten Abhängigkeiten in der Energieversorgung und mit der geopolitischen Lage Ungarns zwischen Deutschland, Russland und einer erstarkenden Türkei, gehe sein Land einen eigenen Weg in der Gemeinschaft "und lässt sich von außen nicht in die Ecke drängen". Ungarn sei treuer Europäer, doch gleichzeitig der Korrektor einer EU als Schuldenmacher: "Für uns ist eine Schuldenunion keine Zukunft."

In der Sicherheits- und der Flüchtlingspolitik sei ein Europa ohne die Fähigkeit, seine Außengrenzen zu sichern, wie ein Ei ohne Schale. Györkös sprach sich für eine freie und souveräne Ukraine aus, die im Krieg gegen Russland unterstützt werden müsse; ein Krieg, der nur durch Gespräche zu beenden sei. Wiederholt betonte der Botschafter die engen wirtschaftlichen Verflechtungen beider Länder, was allein 6000 deutsche Unternehmen in Ungarn bewiesen.

Kein schnelles Kriegsende

Eine Tatsache, die der zweite Referent des Abends, Russlandexperte Klaus Mangold, zum Anlass nahm, als Schirmherr des Dialogs eine Exkursion ins Land der Magyaren anzuregen. Mangold rückte mit handfesten Fakten die Dialog-Welt wieder ins Lot. Allerdings stimmte sein Blick auf das aktuelle Russland wenig erfreulich. Die westlichen Sanktionen gegen Russland würden erst jetzt wirkungsvoll greifen, eine Chance auf ein Kriegsende kann sich Mangold frühestens in der ersten Hälfte des kommenden Jahres vorstellen. Bei Friedensverhandlungen käme den USA eine besondere Rolle zu, China habe allenfalls wirtschaftliche Gründe für eine Beendigung des Kriegs.

Von europäischer Seite konnte Mangold keine Bemühungen erkennen, dem russischen Ansinnen nach einer europäischen Sicherheitskonferenz Rechnung zu tragen. Deutschland könne Russland als wirtschaftlichen Partner für die nächsten fünf Jahre vergessen und müsse sich darauf einstellen, dass die Diskussionen über Waffenlieferungen noch nicht beendet seien.

Sterne-Menü zum Schluss

Eingangs hatte sich Willi Stächele besonders gefreut, eine Abschlussklasse der Verwaltungshochschule Kehl begrüßen zu können. Wie immer gab es zur Politik ein auserlesenes Menü aus der Zweisterne-Küche von Martin Herrmann, der unter anderem Variationen vom schottischen Lachs, gratinierten Heilbutt und Milchkalbsfilet auf Trüffeljus auffahren ließ.