Auch auf der Spitalhöhe in Rottweil entsteht aktuell neuer Wohnraum. Foto: Alt

Wer sich in den Neubaugebieten im Kreis Rottweil umsieht, dem ist klar: Das Baugewerbe brummt. Im Kreis Rottweil sind viele neue Wohnungen entstanden – der Druck auf den Wohnungsmarkt ist dennoch da.

Kreis Rottweil - Im Landkreis Rottweil wurden im vergangenen Jahr 590 neue Wohnungen gebaut. Das teilt die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) unter Berufung auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes mit. Demnach flossen in den Neubau Investitionen in Höhe von rund 236 Millionen Euro.

"Zusätzliche Wohnungen sind ein wichtiger Beitrag gegen steigende Mieten. Wichtig ist dabei das bezahlbare Segment. Und es kommt vor allem darauf an, dass im sozialen Wohnungsbau noch mehr getan wird", sagt Ilse Bruttel. Die Bezirksvorsitzende der IG BAU Südbaden sieht insbesondere die Politik in der Pflicht. Der Wohnungsbau in der Region könne nur dann Power zeigen, wenn in Berlin und Stuttgart die richtigen Weichen gestellt würden. "Die Bundesregierung hat 400.000 neue Wohnungen pro Jahr versprochen. Ein Viertel davon sollen Sozialwohnungen sein. Von diesem Ziel ist die Ampel-Koalition noch weit entfernt. Hier ist aber auch die Landespolitik gefordert", so Bruttel.

Auch auf lokaler Ebene ist die Gewichtung des sozialen Wohnungsbaus immer wieder Thema. Im großen Neubaugebiet in Rottweil auf der Spitalhöhe beispielsweise sind im Quartier Mitte mehrere Grundstücke für sozialen Wohnungsbau vorgesehen, eins davon wird der Eigenbetrieb Stadtbau Rottweil bebauen. Dabei entstehen 30 Wohnungen. In unmittelbarer Nähe werden aktuell auch zahlreiche Wohnungen für den besser gefüllten Geldbeutel verwirklicht – von den vielen Einfamilienhäusern ganz abgesehen.

Und auch auf dem Oberndorfer Lindenhof schreitet die Wohnbauentwicklung derzeit massiv voran. Allein in drei Projekten eines Investors entstehen 76 Einheiten. Was günstigen Wohnraum angeht – darauf verweist auch der Mieterverein Rottweil immer wieder – ist jedoch im Kreis noch viel Luft nach oben.

Baumaterialien sind knapp

Aktuell erschweren knappe Baumaterialien, steigende Energiepreise, Inflation und steigende Bauzinsen den Neubau, so die Gewerkschaft. Hinzu kämen ein hoher Fachkräftebedarf und unzureichende staatliche Förderungen. Um vor allem "den lahmenden Bau von Sozialwohnungen voranzubringen", schlägt die IG BAU ein "Sonderpaket sozialer Wohnungsbau" vor. Die Mehrwertsteuer auf Sozialwohnungen solle von 19 auf sieben Prozent abgesenkt werden. Der Bau einer staatlich geförderten Wohnung würde nach Angaben der Gewerkschaft so um zehn Prozent günstiger.

Die IG BAU-Bezirksvorsitzende verweist außerdem auf eine enorme Chance, um zusätzlichen Wohnraum zu gewinnen: den Umbau bereits bestehender Gebäude. "Im Kreis Rottweil schlummert ein großes Potenzial in der Umnutzung von Altbauten", sagt sie. Ein Beispiel ist das ehemalige Arbeitsamt in Rottweil. Ein Investor will in dem 7000 Quadratmeter großen Bestandsgebäude Wohnungen in verschiedenen Größenordnungen für Singles, Familien wie auch Wohngruppen für Senioren schaffen.

Steigender Bedarf auch durch Ukraine-Flüchtlinge

Gerade auch mit Blick auf den steigenden Wohnraumbedarf für die Menschen, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflüchtet sind, müssten alle Möglichkeiten genutzt werden, sagt die Bezirksvorsitzende der IG Bau. An die Adresse der heimischen Baubranche macht die Gewerkschafterin deutlich: "Viele Firmen suchen dringend Fachkräfte, um die Aufträge bewältigen zu können. Aber qualifizierte Maurer und Zimmerleute gewinnt nur, wer anständige Löhne zahlt und gute Arbeitsbedingungen bietet." Baubeschäftigte sollten sich nicht unter Wert verkaufen und auf einer tariflichen Bezahlung bestehen. Genug zu tun gebe es allemal.