Die kommenden rund zwei Jahre verbleibt die Brücke wohl mitsamt der Stützkonstruktion am Adlereck.. Foto: Schwarzwälder Bote

Deutsche Bahn gibt Planungsfortschritte bekannt. Neubau soll 2028 erfolgen. Stadtverwaltung weiß von nichts.

Calw - Rund 16 Monate ist es her, dass die stillgelegte Eisenbahnbrücke am Adlereck für einsturzgefährdet erklärt wurde. Fest stand seither nur, dass das Bauwerk irgendwann abgerissen und durch ein neues ersetzt werden soll. Jetzt gibt die Deutsche Bahn auf Nachfrage unserer Zeitung bekannt, dass der Abriss für 2022 geplant ist. Der Neubau soll sechs Jahre später erfolgen.

In regelmäßigen Abständen sendete unsere Zeitung in den vergangenen knapp eineinhalb Jahren Nachrichten an die Bahn, immer mit derselben Frage: Steht inzwischen fest, wann die stillgelegte Eisenbahnbrücke am Adlereck abgerissen wird? Jedes Mal kam von den Bahnsprechern dieselbe Antwort: Man befinde sich in der Planung, es stehe noch kein Zeitpunkt fest. Bis jetzt.

Denn die Antwort auf die jüngste Anfrage des Schwarzwälder Boten enthält gleich zwei Neuigkeiten: "Der Abriss der Brücke ist für 2022 vorgesehen. Die komplette Erneuerung wird für 2028 geplant", heißt es in dem Schreiben der Bahn.

Bereits 2019 bestand große Gefahr

Zum Hintergrund: Die Brücke, die mittig zwischen der historischen "Fischbauchbrücke" und den Schienen der Kulturbahn liegt, ist seit 1981 stillgelegt. Doch komplett ohne Nutzen sei sie laut Bahn nicht. Die Brücke diene, wie der Konzern im November 2019 erläuterte, als sogenannter Randweg. Neben Schienenwegen sei es demzufolge üblich, einen weiteren Zugang für beispielsweise Instandhaltungsarbeiten, Reparaturen oder Evakuierungen bereitzuhalten. Deshalb wird das Bauwerk, das derzeit mithilfe einer Stahlkonstruktion gesichert wird, zunächst abgerissen, um dann einen neuen Randweg an derselben Stelle zu schaffen.

Nur stellt sich die Frage – wieso liegen sechs Jahre zwischen Abriss und Neubau? Eine Bahnsprecherin erklärt das mit dem hohen Planungsaufwand der neuen Brückenkonstruktion. "Es ist nicht so wie ein Hausbau", meint sie. Es seien viel mehr rechtliche Bedingungen daran geknüpft, ganz zu schweigen von zu treffenden Absprachen wegen der darunter verlaufenden Bundesstraße, der Finanzierung und vieles mehr. Ist der Abriss erst einmal fertig, müsse man zunächst einige Gutachten erstellen lassen. Dann werde, so die Bahnsprecherin weiter, ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Und das könne dauern. Habe die Bahn den Planfeststellungsbeschluss, müsse das Vorhaben noch EU-weit ausgeschrieben werden. Kurzum: 2028 sei ein realistischer Zeitpunkt für die Umsetzung, bekräftigt die Bahnsprecherin.

Der Abriss der Brücke könnte im besten Fall hingegen in einer Woche zu schaffen sein, stellt sie in Aussicht. Geplant sei Stand jetzt, das Vorhaben im Frühsommer oder Sommer 2022 anzugehen. "Auch mit Blick auf die Ferien", meint die Sprecherin. Dort ist erfahrungsgemäß das Verkehrsaufkommen geringer. Fest stehe aber in dieser Hinsicht noch nichts, das müsse alles noch konkret geplant werden.

Keine Erklärung parat

Was aber geschieht in den sechs Jahren ohne Randweg, wenn der doch offenbar benötigt wird? Immerhin ließ sich noch im November 2019 ein Bahnsprecher mit folgenden Worten zitieren: "Das abgestützte Bauwerk und die Hilfskonstruktion werden deshalb aus Gründen betrieblicher Sicherheit bis zum Neubau verbleiben." Darauf angesprochen hat die Sprecherin zunächst keine Erklärung parat.

Ob für den Brücken-Neubau eine Umleitung - wie zuletzt 2019 - benötigt wird, ist noch unklar

Auch weiß sie nicht, warum die Stadtverwaltung vom Schwarzwälder Boten über die Neuigkeiten in Kenntnis gesetzt wurde, anstatt von der Deutschen Bahn selbst. Oberbürgermeister Florian Kling meint, auf die Planungen angesprochen: "Ich kenne leider keine Planungsfortschritte und wir sind gespannt darauf, wann sich die Bahn bei uns dazu meldet." Die Kommunikation mit dem Konzern könne immer besser sein, meint der OB. "Aber wir verstehen auch, dass der Großkonzern gerade sehr viele Projekte und offene Baustellen hat. Vor allem durch Corona sind sehr viele Herausforderungen auf den Konzern zugekommen."

Kling sei sich sicher, dass die Bauarbeiten eine langfristige und umfangreiche Planung beanspruchen – "aber dazu sind wir selbstverständlich zusammen mit den Geschäften und Betrieben in Calw bereit". Er zeigt sich optimistisch, dass der Abbruch der Brücke schnell gehen könne. Wenn alle Vorbereitungen getroffen werden. "Wir sehen ja auch beim Einschieben der Brücke an der Bauknechtkreuzung für die Hermann-Hesse-Bahn, dass bei fachgerechter Planung nur eine kurz andauernde Sperre der Bundesstraße notwendig wird", erläutert er.

Im Hinblick auf die Planungen der Bahn gibt sich der OB skeptisch. Gerade wegen der aktuellen Herausforderungen wolle er nicht definitiv mit einem Abriss in 2022 rechnen, ebenso wenig wie mir einem Neubau im Jahr 2028. "Wir werden abwarten müssen, wann sich die Pläne konkretisieren."