Die Bäume – 1994 zum Schutz der Anwohner gepflanzt – sind teilweise weg, auch schon 2019, als das Bild entstand. Foto: Eyrich

Warum gibt eine Firma ein Lärmgutachten in Auftrag, um ein älteres zu widerlegen, und hält sich dann nicht an die Auflagen, die daraus folgen? So geschieht es offenbar bei "Valet & Ott" seit mehr als zehn Jahren und zum Schaden der Anwohner.

Albstadt-Truchtelfingen - Genau hingehört haben Fachleute des Instituts "Heine & Jud" im August 2009. Alle Fahrzeuge auf der Konrad-Adenauer-Straße mussten den Motor abstellen, als die lärmenden Arbeiten auf dem Gelände des Betonmischwerks "Valet & Ott" ausgeführt wurden: das Knallen der Schaufel des Radladers gegen den Boden des Hofes, das Klappern beim Verladen von Zuschlagstoffen, Kratzen beim Zusammenschieben der Reste, Geräusche durch die Recyclinganlage im Dauerbetrieb, das monotone Summen und Pfeifen des Turms, in dem Zuschlagstoffe gemischt werden. Das Bauwerk von 1963 hat Bestandsschutz, wurde noch nie sichtbar renoviert.

Schon vor 6 Uhr am Morgen gehe es los, berichten Anwohner. Samstags werde oft bis in den Abend gearbeitet. Je mehr die Firma zu tun hat – der Bauboom hat dazu beigetragen –, desto öfter stehen wartende Transporter vor und auf dem Betriebsgelände Schlange, lassen laut Anwohnern den Motor laufen und die Mischtrommel dazu.

113 Dezibel Lärm statt der erlaubten 90

Ein Lärmgutachten ergab 1994, dass die Arbeiten 113 Dezibel Lärm verursachten, wo laut Rechtslage nur 90 Dezibel erlaubt sind. Die daraus resultierenden Auflagen habe der Betrieb nicht eingehalten, so die Anwohner, darunter die Verwendung einer Gummi-Lippe zum Hof-Reinigen.

2009, als die Gutachter erneut da waren, hatte der damalige Betriebsleiter Wolfgang Witt betont, er könne "garantieren, dass immer eine Bürste zum Reinigen des Hofes verwendet wird". Der Arbeiter, der damit angeblich täglich arbeitete, war indes kaum in der Lage, sie am Radlader zu montieren.

Im Gutachten wurde manches unterschlagen

Ende 2010 machte das Landratsamt Zollernalbkreis die Auflage, dass "lärmende Tätigkeiten", die nach Meinung des Bauamts nicht dem Stand der Technik von Betonmischanlagen entsprechen, untersagt wurden, etwa das Kehren des Hofes mit der Radladerschaufel. Im Gutachten von "Heine und Jud", das "Valet & Ott" selbst in Auftrag gegeben hatte, wurde dieses Kehren mit dem Einsatz der Radladerschaufel zum Aufnehmen von Zuschlagstoffen gleichgesetzt, das Kratzen entlang des Bodens also unterschlagen. Selbiges gilt für das Schneeräumen auf dem Hof. Der Betriebsleiter damals hatte reklamiert, dazu werde ein Besen verwendet, was laut Anwohnern nicht stimmt. Dennoch: Für die Gutachter war auch dieser Punkt damit erledigt.

Widerspruch zögert die Durchsetzung der Auflagen weiter hinaus

Gegen die Anordnung des Landratsamtes im Jahr 2011 als Folge des Gutachtens, die Produktionsmenge auf 200 Kubikmeter Beton täglich zu beschränken, legte "Valet & Ott" Widerspruch ein, und hielt sich nicht daran – wohl auch nicht vor 2015, als das Verwaltungsgericht Sigmaringen auf Klage der Firma hin die Anordnung aufhob. Tägliche Produktionsmengen von mehr als 400 Kubikmetern hatte die Firma für 2019 selbst eingeräumt – und das habe sich nicht von den Jahren davor oder danach unterschieden, so die Anlieger.

Ebenfalls weiter gehen nach ihren Angaben die Arbeiten, die – durch das Sigmaringer Gericht sechs Jahre nach dem Gutachten bestätigt – untersagt wurden, darunter das Beseitigen von Beton-Anbackungen in Fahrmischer-Trommeln mittels grobem Material und Laufenlassen über längere Zeit sowie das Laufenlassen der Motoren wartender Lastwagen und die Verwendung der Radladerschaufel zum Kehren.

Eine Lärmschutzwand wurde nicht gebaut

Durch eine Klage hatte "Valet & Ott" 2015 erreicht, dass zwei Auflagen aufgehoben wurden: Jene, dass die Firma nur zweimal jährlich das Innere des Mischturms durch Klopfen reinigen darf, und jene, dass die Fahrer der Zementfahrzeuge nur mit Gummihammern auf den Tank klopfen dürften, um den Füllstand zu prüfen. Auch eine Lärmschutzwand musste die Firma nicht bauen. Die Bäume zur Westseite hin, die auf städtischem Grund stehen und ursprünglich diesem Zweck dienen sollten, sind inzwischen teils eingegangen. Die Recyclinganlage, die Restbeton und Kies trennt, läuft laut Anwohnern auch am Wochenende, gar sonntags.

Was passiert zum Schutz der Anwohner? Das Landratsamt nimmt dazu Stellung. Daraus geht hervor, dass Mitarbeiter vor Ort prüfen, ob die Auflagen eingehalten werden. Offen lässt das Landratsamt indes, wie hoch der Anteil der Ortsbesuche mit Vorankündigung ist.

"Valet & Ott" bleibt bei seiner Linie, reklamiert, dass die Auflagen eingehalten würden, und deklariert Verstöße als Ausnahmen.

Info: Das sagt "Valet & Ott"

Auf Fragen des Schwarzwälder Boten zu vermeidbarem Lärm im Sinne der Auflagen antwortet Lothar Ruess, Prokurist von "Valet & Ott":

Frage: Anwohner klagen regelmäßig über vermeidbaren Lärm, der dann entsteht, wenn Mischfahrzeuge auf ihre Befüllung warten: Sie stehen nach Angabe von Beobachtern auf der öffentlichen Friedrich-Krupp-Straße und auf dem Hof, bis sie an der Reihe sind, lassen dabei den Motor und die Mischtrommel laufen, obwohl dies nach Aussage eines früheren Fahrers Ihrer Firma nicht notwendig ist. Warum schalten die wartenden Fahrer den Motor und die Mischtrommel nicht aus, bis sie an der Reihe sind? Warum warten sie auf öffentlicher Straße und blockieren so den Straßenverkehr?

Antwort: "Bei erhöhtem Verkehrsaufkommen auf unserem Betriebsgelände kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass die Zufahrt kurzfristig nicht möglich ist. In diesen Fällen halten die Lkw kurzfristig auf der Rudolf-Diesel-Straße (sie begrenzt das Betriebsgelände im Osten; Anm. d. Redaktion), bevor sie auf das Gelände einfahren können. Wir haben unsere Fahrer angewiesen, den Motor auszumachen, wenn es die Situation zulässt.

Frage: Warum ist die Schaufel mit der Gummilippe nicht dauerhaft am Radlader montiert, um den Lärm beim Aufnehmen der Zuschlagstoffe zu reduzieren?

Antwort: Die Schaufel mit dem Kunststoffmesser wird seit Jahren ausschließlich benutzt.

Info: Das sagt das Landratsamt

Auch das Landratsamt des Zollernalbkreises nimmt Stellung zu Fragen unserer Redaktion betreffend vermeidbaren Lärm:

Frage: Seit 2010 ist "Valet & Ott" das Verwenden der Radladerschaufel zum Zusammenkratzen von Restbeton und Zuschlagstoffen auf dem Boden untersagt. Wie oft wurde seit Bestehen der Untersagung durch das Verwaltungsgericht Sigmaringen eine Strafe wegen Verstoßes gegen diese Untersagung verhängt?

Antwort: Mit Verfügung des Landratsamtes vom 10. Dezember 2010 wurde untersagt:

– das Reinigung des Betriebshofes – "kehren" – mit auf dem Boden kratzender Radladerschaufel

– das Zusammenkratzen von Restbeton auf dem Boden mittels Schaufellader.

Ursächlich waren Beschwerden über langanhaltendes, intensives Kratzen zur Reinigung der betonierten Betriebsflächen mit der Metallschaufel des Radladers. Hintergrund der Anordnung ist, dass es technische und organisatorische Möglichkeiten gibt, das laute Kratzen zu reduzieren. Eine dieser technischen Möglichkeiten ist das Anbringen einer Kunststoffkante. Eine solche Kante wurde zwischenzeitig montiert.

Bußgeldverfahren sind nicht aufgrund von Beschwerden, sondern nur aufgrund von Feststellungen vor Ort möglich. Massive Verstöße konnten bei Ortsterminen nicht festgestellt werden. Frage: Wie oft wurde das Verwenden der Schaufel zu diesem Zweck von Anwohnern angezeigt?

Antwort: Im Zeitraum von 2010 bis heute war das Landratsamt zirka 30 Mal vor Ort bei "Valet & Ott" in Truchtelfingen. Das schließt angekündigte Termine ein. Hinzu kommen noch zahlreiche weitere Begehungen: Die Kollegen und Kolleginnen sind angehalten, wenn sie in der Nähe sind, die Situation bei "Valet & Ott" zu beobachten und einen Rundgang um das Gelände zu machen. Das ist allerdings nicht immer schriftlich notiert. Seit 2010 sind bei der Landkreisverwaltung über 70 Beschwerden von Einwohnern eingegangen. Diese Beschwerden wurden nach Oberbegriffen "Viel Betrieb", "Lärm und Staub" und "Arbeitszeiten" dokumentiert.