Der Commerzbank-Räuber bei seinem Überfall in Villingen im Jahre 2009. (Archivbild) Foto: Polizei

Senior muss in Singener "Rentnerknast". Insgesamt 370.000 Euro erbeutet.

Hechingen/Balingen/Villingen-Schwenningen - Der Fall hat Seltenheitswert – vor allem wegen des Täters: Im Alter von 70 Jahren fing er wegen finanziellen Schwierigkeiten damit an, Banken im Südwesten zu überfallen. Nun muss der Senior, mittlerweile 80 Jahre alt, der zuletzt nahe Freiburg lebte, für einige Zeit hinter Gitter.

Die Große Strafkammer am Landgericht Hechingen (Zollernalbkreis) unter dem Vorsitz von Richter Hannes Breucker verurteilte den Mann am Donnerstag zu einer Gefängnisstrafe von sieben Jahren. Die Strafe verbüßen wird der 80-Jährige in der Justizvollzugsanstalt Singen, die auch als "Rentnerknast" bezeichnet wird. Trotz seines Alters sei wegen der Schwere der Taten kein milderes Urteil denkbar gewesen, so Breucker. Er sagte aber auch, dass der Senior die Chance auf Strafverkürzung und damit darauf habe, zu Lebzeiten wieder in Freiheit zu kommen.

Zum Abschluss des Prozesses am Landgericht Hechingen war der Angeklagte zum ersten Mal selbst zu hören gewesen. Mit leiser, dennoch gut verständlicher Stimme spricht er das, was man das letzte Wort nennt: Er habe mit den Banküberfällen große Fehler gegangen, sagt er. Ebenso, dass er dazu stehe. Und dass er die Folgen seiner Taten für die betroffenen Mitarbeiter der Geldhäuser nicht bedacht habe, es für eine Entschuldigung nun aber wohl zu spät sei.

Mit 70 Jahren hat alles begonnen

Dass er eine Gefängnisstrafe zu erwarten hat, ist zu diesem Zeitpunkt bereits klar: Die Anklage lautete auf mehrere Fälle der schweren räuberischen Erpressung; die Mindeststrafe dafür beträgt drei Jahre. Der Senior hatte, wie er bereits zu Prozessauftakt einräumte, im Alter 70 Jahren damit begonnen, Banken im Südwesten zu überfallen – so in Villingen-Schwenningen (2009), Rastatt (2012) und Balingen (2019). In weiteren Fällen soll er dies – so etwa in Waldkirch, Staufen, Waldshut und Freiburg – versucht haben.

Das Vorgehen war überall ähnlich: Verkleidet mit Perücke, Sonnenbrille und Mantel, forderte der Mann Geld und drohte den Mitarbeitern mit "Bomben", die sich im nachhinein als Attrappen herausstellten. Insgesamt machte der Räuber eine Beute von mehr als 370.000 Euro – wobei er nach dem letzten der Überfälle auf die Sparkasse Zollernalb in Balingen (Zollernalbkreis) im Mai dieses Jahres noch am Tatort festgenommen wurde.

Als Motiv für die Überfälle nannte der 80-Jährige finanzielle Schwierigkeiten, die sich im Zusammenhang mit Spekulationsgeschäften ergeben hätten. So verlor er dadurch, dass er auf steigende Dax-Werte setzte, nach der Pleite der Bank Lehman Brothers 2008 und in der Folge der weltweiten Finanzkrise das Geld, das er mit dem Verkauf seines Hauses nahe Freiburg erlöst hatte. Seine Familie wusste von den Überfällen nichts und fiel aus allen Wolken, als der 80-Jährige verhaftet wurde.

"Panik-Aktionen eines Amateurs"

Die Banküberfälle hatte der Senior laut einer Erklärung seines Verteidigers als "Panik-Aktionen eines Amateurs" bezeichnet. Staatsanwalt Michael Schneider sagte dagegen, der Mann habe fast schon profihaft agiert: Die Taten habe er akribisch vorbereitet und ausgeführt, die betroffenen Bankmitarbeiter hätten allesamt geschildert, wie "ruhig und souverän" er während der Überfälle agiert habe: "Von Panik keine Spur."

Der Senior habe, so der Staatsanwalt, nach einem beruflich erfolgreichen Leben mit teilweise führenden Position in Textilunternehmen eine überdurchschnittliche Rente bezogen. Nach den Anlageverlusten sei er gleichwohl nicht bereit gewesen, seinen Lebensstandard einzuschränken – durch Verzicht etwa auf das Zweitauto oder Urlaube. Das habe ihn zu der "fatalen Entscheidung" geführt, das dafür fehlende Geld durch die Überfälle zu besorgen – dies ohne Rücksicht auf Bankmitarbeiter, von denen einige bis heute unter den Taten leiden: Für sie seien die Taten "einschneidende Erlebnisse" gewesen, die sie wohl bis zum Lebensende verfolgen.