Eine Art Neuschwanstein an der Eyach: So soll der neue "Mühlengeist" nach den Vorstellungen von Siegfried Reiter und Architekt Otto M. F. Beutter aussehen. Der Gemeinderat hat dazu nun seine Zustimmung gegeben. Foto: Beutter Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinderat gibt grünes Licht für extravaganten Wiederaufbau an Eyach.

Balingen - Die Planungen für den Wiederaufbau der Gaststätte Mühlengeist in Balingen sind auf einem guten Weg. Der Gemeinderat hat in dieser Woche mit großer Mehrheit seine Zustimmung zu den teils extravaganten Vorstellungen von Siegfried Reiter und dessen Architekten Otto M. F. Beutter gegeben. "Lassen wir ihn bauen", war der Tenor.

Bereits Mitte September hatte Architekt Beutter die "Mühlengeist"-Unterlagen beim Balinger Bauamt eingereicht, am Tag der Sitzung des Technischen Ausschusses. Dessen Mitglieder bekamen dann die Pläne zu sehen, die Beutter und Reiter bereits im Juli in unserer Zeitung vorgestellt hatten.

Seit dem Brand des früheren "Mühlengeists" im Jahr 2010 hatte Reiter immer wieder Pläne und Vorstellungen für dessen Wiederaufbau gehabt. Diejenigen, die er nun mit Beutter entwickelte, sind die bisher außergewöhnlichsten.

Entstehen soll, wie berichtet, im Balinger Norden quasi das Pendant zum Zollernschloss im Süden. Eine Art Neuschwanstein an der Eyach, könnte man sagen. Besonders ins Auge fallen beim Anblick der Entwürfe die vier Türme. Durch den größten, mit neun Metern Durchmesser, sollen künftig die Gäste, nachdem sie die davorliegende Rampe passiert haben, den Gastraum mit rund 140 Plätzen betreten oder die große Außenterrasse in Richtung Eyach. Im Obergeschoss sind Übernachtungsmöglichkeiten vorgesehen sowie auch eine Dachterrasse.

Das Bauamt hatte aus fachlicher Sicht die bisherigen Pläne Reiters abgelehnt, bei den neuesten Entwürfen fanden insbesondere die Türme wenig Gegenliebe. Baudezernent Michael Wagner verwies zudem darauf, dass Reiter nicht bauen könne, wie er wolle – insbesondere mit Blick auf das denkmalgeschützte Ensemble Stadtmühle. Dieses bestand einst aus drei Gebäuden, neben dem "Mühlengeist" aus der eigentlichen Stadtmühle sowie dem Scheunenhaus. Aus denkmalschutzrechtlicher Sicht sei der "Mühlengeist" nach dem Brand untergegangen, gleichwohl müsse sich ein Neubau in das früher bestehende Ensemble einfügen, so Wagner. Türmchen? Passen da eher nicht, so der Fachmann.

Es geht ums Große-Ganze

Derweil geht es mittlerweile nicht mehr nur um fachliche Fragen, sondern ums Große-Ganze. Vor allem mit Blick auf die Gartenschau. Die Stadtverwaltung hat erklärtermaßen – wie Reiter – ein Interesse daran, dass der "Mühlengeist" wiederaufgebaut wird und bis zum Jahr 2023 am Ende des Gartenschaugeländes eine gut eingeführte und bekannte Lokalität ist. Der neue "Mühlengeist" – er soll zusammen mit der dann wiederbelebten Stadtmühle die Attraktion im Norden sein. In erster Linie deswegen haben die Stadträte am Dienstagabend hinter verschlossenen Türen ihre Zustimmung zu den, wenn auch extravaganten, Wiederaufbauplänen gegeben. Die Meinung der Fraktionen hatte die Stadtverwaltung ausdrücklich eingefordert. Wie von Teilnehmern der nichtöffentlichen Sitzung zu hören ist, habe, abgesehen von vereinzelten Gegenstimmen, fraktionsübergreifend fast schon eine Art Harmonie geherrscht: Reiters Pläne seien zwar außergewöhnlich, aber vielleicht sei so ein Gebäude sowie dessen Nutzung als "Event-Gastronomie" gar nicht schlecht und zudem an dieser Stelle genau richtig angesiedelt.

Während die Reiterschen und Beutterschen Pläne damit eine wichtige Hürde genommen haben, stehen weitere vor der Tür. Die denkmalschutzrechtliche Frage kann nicht eben einfach so durch ein politisches Votum beantwortet werden. Zu klären sind auch wasserrechtliche Belange. Und ebenso die Frage der Parkplätze, wobei dieses Thema, wie es aussieht, quasi schon spruchreif ist: Dafür dienen soll die grüne Wiese neben dem Stadtmühlen-Ensemble. Die Kosten dafür teilen sich die Stadt, der Landesverband der Naturfreunde als mittlerweile Eigentümer der Stadtmühle sowie Siegfried Reiter.

Reiter voller Vorfreude

All diese Themen werden im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan abgearbeitet, dessen Verfahren der Gemeinderat bereits im Frühjahr 2012 eingeleitet hatte. Kernstück dabei war und ist der Wiederaufbau des "Mühlengeists". Nach dem politischen Votum des Gemeinderats kann die Bauverwaltung dieses seit acht Jahren schwebende Verfahren nun wohl zügig fortführen und zu einem Ende bringen. Damit das Gartenschaugelände den erwünschten gelungenen Abschluss bekommt.

Siegfried Reiter kann es derweil kaum erwarten. Angesprochen auf die für ihn positive Rückmeldung des Gemeinderats zu den Plänen, sagte er gegenüber unserer Zeitung, das freue ihn doch sehr. Er würde am liebsten sofort mit dem Wiederaufbau beginnen. Die dafür benötigten Materialien – Natursteine, Balken, Deko – sammele er seit Jahren zusammen. Sein neuer "Mühlengeist" sei eine Chance, klar, für ihn, aber aus seiner Sicht auch für Balingen: ein Hingucker im Gartenschaujahr. Und darüber hinaus eine Gaststätte, die in dieser Form im Zollernalbkreis einfach eine Besonderheit sei.