Der Service hat in der Schwarzwaldstube einen hohen Stellenwert. Foto: Traube Tonbach

Bei Gault Millau-Gastgeber des Jahres soll jeder durch Naturell glänzen können. Erfolgsrezept: So sein, wie man ist .  

Baiersbronn-Tonbach - Dafür, dass Spitzenservice in der Gastronomie nicht steif sein muss, sondern durchaus locker und auch mal unkonventionell sein kann, steht David Breuer. Der Maître in der Schwarzwaldstube weiß, dass auch Charakter zählt.

Seit Sommer 2013 ist Breuer – vom Gault Millau am Montag zum "Gastgeber des Jahres 2020" gekürt – Maître in der Schwarzwaldstube der Traube Tonbach. Für Breuer ist mit dieser Auszeichnung, die schon sein Vorgänger Ansgar Fischer erzielt hat, ein Traum erreicht (wir berichteten).

"Durch Ansgar Fischer habe ich verstanden, dass Humor und Charakter einem stilvollen Service in der Haute Cuisine nicht entgegenstehen", wird der 36-Jährige in einer Pressemitteilung der Traube Tonbach zitiert. "In meiner Anfangszeit im Restaurant sagte er einmal zu mir: ›Du machst das ordentlich, wie im Lehrbuch. Aber stell Dir vor, das am Tisch wäre ein Freund – wie würde der Dich erleben?‹ Ich antwortete, vermutlich wie einen Idioten. Ansgar entgegnete schmunzelnd: ›Genau das denkt der Gast auch. Und jetzt geh da raus und sei Du selbst.‹ Das war befreiend."

unkonventionelle, aber immer auf den Gast fokussierte Servicekultur

Die lockere, bisweilen unkonventionelle, aber immer auf den Gast fokussierte Servicekultur hat Breuer in der Schwarzwaldstube beibehalten und zur Maxime für das ganze Team erhoben: "Wir lachen mit unseren Gästen; haben gemeinsam eine gute Zeit. Aber wir achten weniger auf Etikette oder gar feste Verhaltensmuster für den Service bei Tisch. Das Erlebnis soll nicht austauschbar sein und jeder durch sein Naturell glänzen können", erklärt der ausgezeichnete Gastgeber sein Rezept für perfekten Service und weiß, dass dies gerade bei jüngeren Gourmets und Erstbesuchern der Schwarzwaldstube Vorbehalte abbaut. Gewisse Serviceabläufe sorgen zwar für ein reibungsloses Ineinandergreifen mit der Küche – aber jeder mache auch alles: "Wenn sich jemand von uns am Tisch länger mit Gästen unterhält, werden die anderen zum Back-up und übernehmen."

Das Problem, Nachwuchs für seine neunköpfige Servicebrigade in der Schwarzwaldstube zu finden, beschäftigt Breuer weniger. "Wir wollen unverbrauchte Persönlichkeiten im Team und suchen deshalb bereits unter den Auszubildenden in der Traube stets nach Talenten. Der große Pool an guten Youngstern im Hotel ist unser Luxus." Wenn die Mischung aus Charakter, Freude am Job und sozialer Kompetenz stimme, übergebe er früh Verantwortung und lasse viel Freilauf, so Breuer.

Jungen Kollegen müsse man zwar noch Fachwissen vermitteln, viel wichtiger sei jedoch ein Gespür für den Gast. "Coachen und die Schönheit des Berufs aufzeigen – das sind die Hauptaufgaben von Stéphane Gass und mir, wenn es um Teamführung geht." Dabei helfen dem gebürtigen Mönchengladbacher vor allem die eigenen Erfahrungen. "Ich hatte auf meinem Weg viel Glück, die richtigen Förderer zu haben", sagt Breuer. Peter Hessler, Patron des Sternerestaurants Gut Lärchenhof, sei so einer. Er habe ihn 2009 nach seiner Ausbildung zum Restaurantfachmann für die erste Station gezielt in Richtung Traube Tonbach geschubst; ihm aber nach einem guten Jahr Stippvisite im Schwarzwald auch die erste Position als Restaurantleiter wieder in Pulheim geboten.

Vertrauen in Gastgeberqualitäten

Am meisten Vertrauen in seine Gastgeberqualitäten habe jedoch Heiner Finkbeiner bewiesen, als sich der Hotelier 2013 – konträr zu den Erwartungen der Branche – statt für einen profilierten Oberkellner aus der ersten Liga für den vergleichsweise unerfahrenen Maître entschied und ihn zurück in die Traube Tonbach holte. "Es waren Riesenfußstapfen, doch ich bekam die nötige Zeit, trotz Erwartungsdruck durch Gäste und Kritiker, in meinen Traumjob hineinzuwachsen." Heute ist die Schwarzwaldstube eine Mannschaftsleistung: "Stéphane Gass ist als Sommelier nicht nur mein steter Sparringspartner geworden, sondern ein enger Freund. Meine Stellvertreterin Nina Mihilli ist ebenfalls vier Jahre an unserer Seite. Wir haben als Team in den letzten Jahren wahnsinnig zusammengefunden."

Dazu trage auch das Verständnis füreinander bei. "Torsten Michel zum Beispiel kalkuliert seine Karte so, dass er mir maximale Freiheit gibt. Anstatt sich für ein fixes Menü entscheiden zu müssen, schaue ich gemeinsam mit dem Gast, welche Gerichte ihn besonders ansprechen und wie seine individuelle Speisefolge auf Basis seiner Vorlieben aussehen kann."