Der Faktencheck der Landesverbände: Wolfgang Staiger (Fahrgastverband Pro Bahn), Matthias Lieb (Verkehrsclub Deutschland) und Stefan Frey (Landesnaturschutzverband). Alle drei warnen vor dem „faulen Kompromiss“ der S-Bahn Verlängerung bis Horb Foto: Lück

Sie kämpfen für die Direktverbindung zwischen Horb und Hauptbahnhof: VCD, Fahrgastverband und Naturschutzverband. Doch die Verkehrsexperten sind sich sicher: Beim Faktencheck wird die S-Bahn-Verlängerung bis Horb als Lösung präsentiert.

Horb - Das hört sich verlockend an – sicherlich auch für Horbs OB Peter Rosenberger, Vize-Vorstand der IG Gäubahn: die S-Bahn wird bis Horb verlängert. Heißt für die Bevölkerung (im besten Fall): Alle 15 Minuten bis Stuttgart Hauptbahnhof. Und am Wochenende nachts kann man von Stuttgart Hauptbahnhof stündlich heim nach Bondorf, Eutingen oder Horb.

Matthias Lieb, Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland und Vorsitzender des Landes-Fahrgastbeirats: "Wir befürchten, dass diese Variante als politische Kompromisslösung beim Faktencheck am Freitag beschlossen wird. Alle Insiderinformationen, die wir bekommen, deuten darauf hin!"

Warum ist die S-Bahn-Verlängerung bis Horb so schlecht?

Nur auf den ersten Blick eine gute Lösung. Wolfgang Staiger vom Fahrgastverband Pro Bahn: "Die S-Bahn von Horb bis Stuttgart Hauptbahnhof braucht 65 Minuten. Die Gäubahn ohne Unterbrechung in Vahingen ab 2025 braucht 47 Minuten!" Er betont, dass die A81 bei Böblingen genau im Jahr 2025 komplett dreispurig ausgebaut ist. Staiger: "Damit werden die Bahnkunden direkt eingeladen, vom Zug auf das Auto umzusteigen."

Denn: Bisher ist die Gäubahn direkt vom Hauptbahnhof mit 47 Minuten von Horb schneller als das Auto in der reinen Fahrzeit. 65 Minuten – das weiß der Autor aus eigener täglicher Pendelerfahrung – da bist Du mit dem Auto zwischen Horb bis Stuttgart Hauptbahnhof schneller!

Für alle südlichen Gäubahn-Anrainer – Oberndorf, Rottweil – gilt dasselbe: Die 18 minütige Fahrzeitverlängerung der Gäubahn würde für das Auto sprechen!

Was taugt Theurers Vorschlag, die Gäubahn über S-Bahn Gleise fahren zu lassen?

Michael Theurer, Bundesbeauftragter für den Schienenverkehr, hatte vorgeschlagen, die Gäubahn über den S-Bahn Tunnel in Stuttgart bis Hauptbahnhof fahren zu lassen.

Unklar, ob die Züge überhaupt in den S-Bahntunnel Vaihingen-Hauptbahnhof passen. Matthias Lieb: "Die S-Bahnen halten in Spitzenzeiten alle 30 Sekunden am Hauptbahnhof. Das Aussteigen von Fernreisenden mit Koffer und Co. dauert zwei Minuten. Das würde den S-Bahn Takt völlig durcheinander bringen!" Provoziert Verspätungen.

Was bringt die Umleitung über Tübingen?

Stefan Frey vom Landesnaturschutzverband: "Die Strecke Horb-Tübingen könnte im Optimalfall frühestens im Jahr 2028 elektrifiziert sein. Bisher ist die Elektrifizierung von den Planern der Regionalstadtbahn für das Jahr 2030 geplant."

Matthias Lieb: "Die Deutsche Bahn hat jetzt bimodale Kombi-Loks bestellt, die sowohl mit Diesel als auch mit Elektrik fahren können. Diese sind allerdings von der Leistung so schwach, dass der Umweg über Tübingen, Wendlinger Kurve bis zum Hauptbahnhof Stuttgart sogar 75 Minuten dauern würde! Unabhängig von der Frage, ob die Gäubahn die anderen dicht getakteten Regionalverkehrs zwischen Tübingen und Stuttgart nicht auch noch durcheinanderbringen könnte!"

Umleitung der Gäubahn über Renningen – Chaos in Feuerbach

Die Verkehrsexperten: "Die Fahrzeit wäre mindestens 20 Minuten länger. (Im Vergleich zur Gäubahn jetzt ab Horb wären es dann 67 Minuten, d. Red). Die S-Bahn Böblngen-Renningen-Stuttgart Hauptbahnhof benötigt 28 Minuten Fahrzeit." Die einzige Möglichkeit, um von dort aus zum Hauptbahnhof zu kommen, wäre über die jetzige Station Feuerbach. Dabei müsste die Gäubahn allerdings andere Gleise überkreuzen. Führt zu langen Wartezeiten.

Kappung in Stuttgart-Vaihingen und Umstieg in die S-Bahn?

Stefan Frey: "Wir haben Insiderinformationen von Lokführern, die sagen: Da ist morgens so viel los – da passen gar nicht alle Fahrgäste in die nächste S-Bahn. Die müssen dann auf die nächste oder übernächste S-Bahn warten. Da ist natürlich die Frage, wie Gäubahn-Reisende dann pünktlich den Anschluss am Hauptbahnhof bekommen sollen!"

Klartext: Alle Alternativ-Lösungen sind Murks und eine Mogelpackung, so die drei Verbände. Einzige Lösung aus ihrer Sicht: Die Gäubahn muss über mindestens ein vorhandenes Gäubahn-Gleis bis zum Hauptbahnhof geführt werden. Kostet laut Bahn-Gutachten nur 1,5 Mio. Euro. Das lehnt die Stadt Stuttgart ab.

Stuttgart stellt sich quer

Genüsslich spielen die drei Verbände ein Video von Stuttgarts Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) aus dem Jahr 2013 vor. Im Interview mit Fluegel.tv sagt der damalige Gemeinderats-Fraktionschef der Grünen: "Diese Gleisflächen können nicht einfach abgebaut werden. Wenn es jemand gibt, der diese Gleise nutzen will – wie beispielsweise historische Dampflokomotiven oder Dieselloks – dann dürfen diese Gleisflächen gar nicht zurückgebaut werden."

Mal sehen, ob ihn die Gäubahn-Anrainer beim "Faktencheck" am Freitag an diese Worte erinnern.

Die drei Verbände fordern deshalb: Nicht nur Faktencheck, sondern unabhängige Gutachter, die alle Varianten für die Gäubahn-Führung bewerten. Für einen echten Faktencheck...