Die S-Bahn könnte bald von Stuttgart bis Horb und weiter nach Rottweil fahren. Das ist ein Vorschlag, der beim sogenannten "Faktencheck" zur Gäubahn am Freitag, 25. November, auf der Tagesordnung steht. Das bestätigt der bahnpolitische Sprecher der Bundes-Grünen, Matthias Gastel.
Horb - Ist das ein vergiftetes, neues Angebot im Gäubahn-Zoff? Jetzt soll die S-Bahn von Stuttgart offenbar bis Horb, Oberndorf und Rottweil geführt werden. Um die Kappung der Gäubahn ab 2025 für die Region erträglicher zu machen.
Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Bundes-Grünen, sagt bei den Horber Schienentagen: "Das ist ein Tagesordnungspunkt zum Faktencheck. Diese Lösung soll dazu dienen, dass ein Teil der Fahrgäste unterbrechungsfrei zum Stuttgarter Hauptbahnhof kommen!"
Wie lange halten Fahrgäste ohne Klo durch?
Matthias Lieb, Fahrgastbeirat und Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschlands: "Das bringt für die Fahrgäste aber Probleme mit sich: S-Bahnen haben im Normalfall keine Toilette. Die Fußbodenhöhe beträgt 96 Zentimeter Höhe. Wie funktioniert das beispielsweise am Bahnhof Horb oder Rottweil? Der Vorteil: Damit können weitere Direktverbindungen, aber mit geringem Fahrgastkomfort herstellt werden. Fernverkehrs-Fahrgäste profitieren nicht: Sie müssen in Stuttgart Vaihingen nach der Kappung 2025 umsteigen!"
Horbs OB Peter Rosenberger, auch Vize-Vorsitzender der IG Gäubahn: "Die S-Bahn Verlängerung bis Horb kann für einen Großteil unserer Pendler ein guter Vorschlag sein. Wir wünschen uns das. Aber: Der S-Bahn Verkehr Richtung Stuttgart darf andere Verkehre auf der Gäubahn nicht ersetzen!"
Rosenberger: Begrüße S-Bahn bis Horb
Das Schlimmste aus Sicht der Gäubahn-Anrainerkommunen (u.a. Böblingen, Herrenberg, Rottweil, Tuttlingen, Singen) wäre die Umleitung der Gäubahn über Tübingen. Rosenberger. "Dabei geht es um mehr als um eine Umleitung. Wenn die Hälfte unserer Taktzüge über Tübingen fahren würde, wäre das Angebot Richtung Böblingen deutlich geschmälert, weil man lange Wartezeiten an den Bahnhöfen hätte!"
VCD-Landeschef Lieb: "Das wurde schon 1994 diskutiert: Die S-Bahn bis Horb, die Fernzüge über Tübingen. Das wurde schon damals abgelehnt – wegen des großen Fahrzeitverlustes. Man kann nicht einfach zehn Minuten später von Stuttgart aus in Horb ankommen. Das würde in der Schweiz alles zerschlagen. Man verpasst regelmäßig alle Anschlüsse. Bis 2030 soll es eine Verdoppelung der Fahrgäste auf der Schiene geben. Wir würden so auf der Gäubahn eine Halbierung hinbekommen!"
Lieb: Gäubahn über Tübingen halbiert Fahrgastzahl
Auch die Umleitung der Gäubahn über Horb nach Tübingen – wie in der dortigen Region unisono gefordert – bringt aus Sicht der Experten bei den Schienenverkehrstagen Horb keine schnelle, einfache Ersatzlösung.
Verkehrsexperte Lieb: "Dort sind neben der Elektrifizierung auch einige zweigleisige Streckenabschnitte geplant. Einfach einen Fahrdraht über die jetzigen Gleise zu setzen, wäre kontraproduktiv zum Ausbau der Regionalstadtbahn."
Mathias Gastel: "Das wird nicht funktionieren. Die Strecke kann bis 2025 nicht rechtzeitig elektrifiziert werden. Dazu müssten auch noch die Bahnsteige umgebaut werden, dass sie sowohl für die Fernverkehrszüge und die Regionalstadt passen!"
Gibt es überhaupt einen ehrlichen Gäubahn-Faktencheck?
Es wird also spannend beim Faktencheck am Freitag, 25. November. Hier soll geklärt werden, wie es 2025 auf der Gäubahn weiter geht. Fakt ist: Sie wird ab Stuttgart Vaihingen unterbrochen. Die Panoramabahn von dort aus bis Hauptbahnhof wird zwei Jahre lang saniert. Stadt Stuttgart und Bahn (haben Veto-Recht bei Stuttgart 21) weigern sich, die Gleise in Höhe Nordbahnhof weiter zum Hauptbahnhof als Interimslösung zu erhalten. Sieben Anrainer-Kommunen (unter anderen Horb, Rottweil, Böblingen, Singen) fordern: Direktverbindung bis Stuttgart Hauptbahnhof, bis der Gäubahn-Tunnel zum Flughafen fertig ist. Stand heute, so Gastel und Lieb unisono: Frühestens im Jahr 2033.
Wirklich ein Faktencheck?
Lieb: "Man kann schon Zweifel haben, ob es sich um einen Faktencheck handelt. 70 Minuten Vorträge der Deutschen Bahn und der Stadt Stuttgart, die erklären werden, warum die Gleise nicht bis zum Hauptbahnhof nicht möglich sein werden. Es findet keine Beurteilung durch unabhängige Sachverständige statt. Auch die drei juristischen Gutachten – unter anderem das der sieben Anrainerkommunen – sind nicht vorgesehen!"
Gastel: Zeitfenster für Lösung immer enger
Matthias Gastel: "Der Zeitrahmen wird immer enger, um Verbesserungen zu erreichen. Anhand der Mehrheitsverhältnisse wird es schwierig, die Kappung der Gäubahn zum Hauptbahnhof noch zu verhindern. Es gibt aber ein Zeichen der Hoffnung: Der Ersatz der störanfälligen Bombardier-Züge auf der Gäubahn durch die Kiss-Züge von Stadler. Wenn man hier in neue Wagen investiert, braucht es die entsprechende Infrastruktur."