Die Abrissparty für den Badischen Hof auf dem Brühlparkplatz zieht viele Besucher an. Foto: Roswitha Hild

Mit einem Fest verabschieden sich die Stadt und viele Bürger vom „Badischen Hof“. Kinobesuche, Tanzabende und Currywurst vom Imbiss – mit dem Gebäude-Ensemble sind viele Erlebnisse verbunden.

„Die vielen Besucher zeigen, dass es noch viele Erinnerungen gibt“, leitete Calws Oberbürgermeister Florian Kling seine Ansprache zur Abrissparty beim „Badischen Hof“ ein. Viele Bürger, die sich ein Abschiedsfest gewünscht hätten, seien auf ihn zugekommen.

Gerne hätten sie nochmals einen Blick in das seit Jahren abgesperrte Gebäude-Ensemble geworfen, wo sich früher Hotel und Gasthof befanden, später dann nur noch das Tanzcafé Star Club und das Volkstheater betrieben wurden. Doch selbst in Kleingruppen wären die interessierten Besucher zu schwer für die stark einsturzgefährdeten Gebäude am Hang gewesen. Deshalb wurden die Biertische und -bänke fürs Fest auf dem gegenüberliegenden Brühlparkplatz aufgestellt.

Dem Unverständnis vieler, die nicht verstehen, dass die Gebäude nicht gerettet werden konnten, begegnete Kling mit der Erklärung, die Statik sei zu schlecht. Der Abriss bedeute aber auch neue Chancen zur Entlastung der stark befahre-nen Bischofstraße. Dort, wo heute noch die alten Gebäude stehen, wird sich in der Zukunft der nördliche Tunneleingang – für die geplante Kernstadtumfahrung – befinden.

OB Kling selbst erinnert sich noch an die größte Leinwand Baden-Württembergs, vor der er mal mit ganz vielen Leuten, aber auch mal ganz alleine saß.

Geschichte Der ehemalige Badische Hof hat eine lange Geschichte und zahlreiche Vorbesitzer. Zu den früheren Gebäuden gibt es Dokumente aus dem Jahr 1869. Doch einiges stand bereits schon vorher. Ende des Zweiten Weltkriegs wurde ein Teil des Badischen Hofs und das alte Volkstheater durch eingelagerte Munition vollkommen zerstört. Sechs Jahre später eröffnete es wieder mit einer Filmvorführung. Nach weiteren sechs Jahren erweiterte das „Neue Kino“ das Filmangebot, bis es 2019 endgültig schloss. Das Gebäude-Ensemble ist (noch) als Kulturdenkmal ausgewiesen.

Erinnerungen Die Besucher strömten schon frühzeitig auf den Parkplatz. Für individuelle Erinnerungen standen ein großes Plakat nebst Schreibutensilien zur Verfügung. Doch sie wurden lieber im Gespräch am Tisch ausgetauscht. Eine Ernstmühler Besucherin berichtete von Märchenaufführungen in der Weihnachtszeit, vermutlich „Schneeweißchen und Rosen-rot“. In Zweier-Reihen liefen die Schüler dafür von Ernstmühl nach Calw. Anschließend ging es genauso wieder zurück. Ebenso verhielt es sich bei ihrem ersten Filmerlebnis, in dem der „Gestiefelte Kater“ gezeigt wurde.

Legendärer Imbiss Zum Film- und Tanzabend gehörte für Groß und Klein der Besuch von Carlos Schnellimbiss unbedingt dazu. Die Currywürste von dem unermüdlichen Arbeiter Carlo Della Libera waren legendär. Sie stammten zwar nicht von Calwer Metzgern, berichtete seine Frau Sigrid. Die frisch gebackenen Brötchen wurden hingegen sackweise von Calwer Bäckern bezogen.

Carlo Della Libera stand die ganze Woche alleine hinter der Theke. Nach seinem frühen Tod übernahm Sohn Michael 1990 noch drei Jahre lang den Schnellimbiss vor dem Kino.

Zum Abschiedsfest am Samstagabend stand die Grillstube von „Esquisito“ auf exakt demselben Platz wie Carlos frühere Bude. Den ganzen Abend über standen Besucher an. Dennoch – und das ist keine Überraschung – konnte das aktuelle Angebot die alten Geschmackserinnerungen nicht übertreffen.

Der „Badische Hof“ wird in rotes Licht getaucht. Foto: Roswitha Hild

Abschied mit Musik Mit fortschreitender Zeit sank die Außentemperatur. Aber die Rockcover-Band Front Rear heizte den Besuchern nach dem Motto „The Heat is On“ ein. Die Klassiker, fetziger Rock und Pop aus den 1970er- bis in die 1990er-Jahre, zogen im Laufe des Abends einen Teil der Besucher direkt vor die Bühne – je nach Geschmack zum Zuhören, Mitschwingen oder zum Tanzen.

Nach Einbruch der Dunkelheit wurden die alten Gebäude mit roten Lichteffekten prächtig in Szene gesetzt. Dazu wurde auf dem Parkplatz eine Fotoschau mit Erinnerungsbildern präsentiert. Wer die versäumt hat, kann den von „Typisch Calw“ produzierten „Lost Places Film“ der Stadt Calw auf Youtube aufrufen und sich so ebenfalls von dem legendären Star Club und dem Volkstheater verabschieden.