Dorothee Ade und Michael Kienzle stehen neben einem ausgegrabenen Stück der Umfassungsmauer. Foto: Celine Brenner

Tübinger Archäologen haben eine vergessene Burganlage auf dem Schlösslesberg oberhalb Bad Niedernaus entdeckt . Ausgegraben haben sie bereits Überreste eines Wehrturms und der Außenmauer, Tierknochen und Tonscherben.

Eine dreiwöchige Lehrgrabung enthüllt spannende Funde einer Burganlage aus dem zehnten und elften Jahrhundert. Vor Ort sind die Tübinger Archäologin Dorothee Ade und Burgenforscher Michael Kienzle zusammen mit einem engagierten Grabungsteam. Bei dem Projekt geht es um die Ausgrabung einer große und mächtige Burganlage, die über die Jahrhunderte in Vergessenheit geriet.

Damit steht für die Archäologen fest: Das muss genauer erforscht werden. Burgenforscher Michael Kienzle erklärt: „Solche Gelegenheiten sind immer toll, denn so können Studierende in die Praxis eingeführt werden.“

Foto: Celine Brenner

Die Anfänge der Burganlage reichen bis ins Hochmittelalter zurück. Zu dieser Zeit wurden Burgen ausschließlich vom Adel gebaut, erklärt Ade. Die Tatsache, dass es in unserer Region nur wenige solcher Burgen gibt, bewegte das Grabungsteam schließlich zu einer Untersuchung.

Für die Forscher stellt sich nun die Frage: Wer saß auf der Burg? Burgenforscher Michael Kienzle weist auf die ausgearbeiteten Pläne der Burganlage hin, welche mithilfe eines Laserscans erstellt wurden. Ein Flugzeug mit einem Laserinstrument, das Strahlen auf den Waldboden richtete, erstellte daraus dreidimensionale Modelle des Gebiets. Auf den Plänen konnten dann Gruben entdeckt werden. Diese geben einen ersten Hinweis darauf, dass hier einst Baumaterial abgebaut wurde.

Gigantische Mauer und ein Turm wurden entdeckt

Auf einem Hügel ist ein 1,60 Meter tiefes Loch ausgegraben und auch Kalksteinbrocken wurden gefunden. Der Schutthügel soll nun belegen, dass hier einst ein Turm gestanden hat. Die überraschende Entdeckung einer dicken Mauer im Turminneren liefert zudem Hinweise auf den wehrtechnischen Charakter dieser Burg. Der Turm, der das Kernelement der mittelalterlichen Burganlage darstellt, verfügte über Lagerräume, Säle, Wohn- und Schlafräume sowie ein Wehrgeschoss. Dies sei an Vergleichsbeispielen aus ganz Deutschland festzumachen. Weiterhin betont Archäologin Ade die Bedeutung dieser Grabung, da es nur wenige vergleichbare archäologische Funde aus dieser Zeit gibt.

Ebenfalls konnte eine etwa 200 Meter lange Mauer, welche die Burganlage einst umschloss, entdeckt werden. Dies brachte die Archäologen zur Annahme: Hier muss es sich um eine der frühesten Hochadelburgen des Mittelalters handeln. Bis ins zwölfte Jahrhundert könnte die Burganlage auf dem Schlösslesberg gestanden haben. Danach wurde sie vermutlich während eines Kriegszugs von Heinrich IV. zerstört. Die Forscher hoffen, durch die gefundenen Ausgrabungen diese Zerstörung zu belegen.

Funde von Tonscherben und Tierknochen

Ausgegraben wurden nicht nur 1000 Jahre alte Brocken, auch Tonscherben von handgemachten Gefäßen aus dem Mittelalter und Teile eines Kachelofens wurden gefunden. Schädelknochen von Schweinen und Zähne von Schaf oder Ziege könnten zudem ein Indiz dafür sein, dass Tiere auf der Burg gehalten wurden.

Da es sich um eine wichtige Anlage handelt und es noch viel zu erforschen gibt, soll auch in Zukunft weitergegraben werden. „Es gibt weitere spannende Bereiche, die freigelegt werden können und wir hoffen darauf, dass es weiter geht“, erzählt Ade.