Autorin Cornelia Renger-Zorn. Foto: Zorn

Die Gernsbacher Autorin Cornelia Renger-Zorn ermöglicht mit ihrem historischen Roman "Der Ring des Kaisers" einen faszinierenden Blick auf die Reichs- und Regionalgeschichte. Mit umfangreichem authentischen und fiktionalen Personal entwirft sie ein Panorama aus dem elften Jahrhundert.

Gernsbach/Baiersbronn-Klosterreichenbach - Wer sich auf das dickleibige Werk einlässt und durchhält, wird am Ende mit vielerlei Einsichten belohnt. Cornelia Renger-Zorns Schilderungen steigen ein im Juni 1069 in Worms und enden mit dem Februar 1102 in Speyer. Dazwischen liegen Jahrzehnte politischer Wirren um König Heinrich IV., dem späteren Kaiser des römisch-deutschen Reiches, um Herrschafts- und Besitzansprüche und Heinrichs Dauerfehde mit dem Heiligen Stuhl.

Wer noch immer einen romantischen Blick auf das Mittelalter pflegt, wird durch den Roman eines Besseren belehrt. Menschenleben zählen wenig. Wenn es sich um die Manifestation politischer und gesellschaftlicher Strukturen handelt, gehen die Mächtigen buchstäblich über Leichen. Wanderprediger mit oder ohne kirchlichen Auftrag ziehen durch die Lande und schüchtern die zum einfältigen Glauben dressierten Menschen ein, die eine Höllenangst davor haben, ihres Seelenheils verlustig zu gehen. Und wie so oft in ihrer leidvollen Geschichte sind es die Juden, die als Spielball schäbiger Interessen herhalten müssen.

Schwerpunkt liegt auf Geschichte des Murgtals

Obwohl sie ausdrücklich unter dem gewiss nicht uneigennützigen Schutz des Kaisers stehen, kann er ihnen in entscheidenden Zeiten nicht helfen. Ein widerlicher Hetzer, der Pater Wideradus, tut sich besonders hervor. So fallen geifernde Horden in Worms 1096 über die jüdischen Mitbürger her und verüben ein bestialisches Blutbad.

Cornelia Renger-Zorn führt dem Lesepublikum die Vorgänge in geradezu provozierender Weise vor Augen: Es bleibt ihm schließlich nichts anderes, als mit Abscheu wieder einmal auf die niederen Instinkte des Menschen zu starren.

Ein Schwerpunkt des Romans liegt auf der Geschichte des Murgtals. Die Herren von Michelbach gründen Gernsbach, die Herren von Eberstein beraten im Priorat Reichenbach (Ende des 19. Jahrhunderts umbenannt in Klosterreichenbach) mit einflussreichen weltlichen und geistlichen Vertretern den Kirchenkampf im Murgtal. Die beiden Adelshäuser ringen miteinander um die Vormachtstellung in der Region und um massive wirtschaftliche Interessen.

Hier nimmt auch das Schicksal zweier Frauen, Mutter und Tochter, die des Heilens mit Kräutern kundig sind, seinen Anfang. Sie werden vom Priester und dem abergläubischen Volk des Drudentums beschuldigt. Die Mutter stirbt in der Klosterhaft, die Tochter fällt später einem bestialischen Mord im Wald von Rotenfels zum Opfer. Es beruhigt, dass es inmitten dieser turbulent-deprimierenden Zeitläufe doch auch Vertreter aus Adel und Geistlichkeit gibt, die dem Irrsinn die Stirn bieten und mit Vernunft Wogen zu glätten versuchen. Novellistisch zieht sich ein wesentlicher roter Faden durch den Plot des Romans: Er entfaltet die wechselvolle Geschichte des Domschülers und Priesters Gereon, dessen Lebensgang eng mit König und Kaiser Heinrich und dessen jüdischer Ärztin Mirjam verknüpft ist. Nicht nur mit diesem Erzählstrang legt Cornelia Renger-Zorn ihre souveräne Erzählweise an den Tag.

Mirjam gelingt es, mit ihrem Einfühlungsvermögen und ihrer Heilkunst das Vertrauen des oft unberechenbaren und aufbrausenden Regenten zu gewinnen. Plastisch schildert die Autorin beispielsweise Heinrichs Gang nach Canossa (1076 bis 1077), wo er sich Papst Gregor VII. zu Füßen werfen sollte, um den gegen ihn gerichteten Bann zu lösen.

Roman ist ein großer Wurf

"Der Ring des Kaisers" bietet dem aufmerksamen Leser eine Fülle von Erkenntnissen über den Einfluss großer, weitreichender Politik auf die regional-heimatlichen Entwicklungen. Der Roman ist ein großer Wurf von Cornelia Renger-Zorn, nicht nur, was die Anschaulichkeit betrifft, sondern auch durch die plastischen Charakterisierungen.

Die Autorin ist bereits mit einer Reihe von Publikationen zur Regionalgeschichte und mit Theaterstücken hervorgetreten. Studiert hat sie Jura und Geschichte und in Klassischer Philologie promoviert. In Gernsbach organisiert Renger-Zorn Stadtführungen mit Szenenspiel.