Da rutscht sie vom Tisch: Das Einrichten einer Gemeinschaftsschule in Winterlingen scheint Schnee von gestern zu sein. Foto: Eyrich

Pläne des Kultusministeriums machen Einrichtung einer solchen Bildungsstätte unnötig. Dennoch lastet Druck.

Winterlingen - Die Frage nach der Einrichtung einer Gemeinschaftsschule in Winterlingen scheint vom Tisch zu sein. Grund dafür ist der Plan der grün-roten Landesregierung, dass ein Haupt- oder Werkrealschul-Abschluss künftig auch an der Realschule möglich sein soll.

Da haben sich die Winterlinger so lange Gedanken gemacht über die Frage, ob sie nun eine Gemeinschaftsschule einrichten sollen, um einen starken Schulstandort zu sichern, haben gar schon einen Arbeitskreis gegründet. Nun macht ihnen die Landesregierung einen Strich durch die Rechnung – nicht unbedingt zum Schaden der Gemeinde, wie Hauptamtsleiter Ludwig Maag auf Anfrage des Schwarzwälder Boten erklärt.

Künftig sollen die Realschulen verbindlich neben der mittleren Reife nach Klasse zehn auch den Hauptschulabschluss nach Klasse neun anbieten – ab dem Schuljahr 2016/17 verbindlich, je nach Wunsch der Eltern aber auch schon ab dem Schuljahr 2015/16. Wie Bürgermeister Michael Maier in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats erklärte, sollen die Klassen fünf bis acht dann gemeinsam unterrichtet werden, wobei sich der Lernstoff in den Klassen sieben und acht unterscheiden soll. Erst ab Klasse neun sei getrennter Unterricht geplant. "Ich betitele das als "Gemeinschaftsschule light", sagte Maier, der somit nun keine Gemeinschaftsschule mehr einrichten muss, um die Abwanderung von Schülern in benachbarte Städte zu verhindern, weil die Zahl der Hauptschüler in Winterlingen nicht mehr für eine Klasse reichen würde.

"Die Räume der Realschule würden ausreichen und wir müssten kein neues Raumkonzept entwickeln", erklärt Ludwig Maag. Einzig die Frage nach einer Mensa stelle sich. Denn der Trend hin zur Ganztagsschule sei nicht aufzuhalten, so Maag. "Da muss man kein Prophet sein.

Einen Pferdefuß gibt es allerdings doch: Bei Einrichtung einer Gemeinschaftsschule ist es Aufgabe des Landes, für die personelle Ausstattung zu sorgen. Wenn die Realschule ganztags Angebote machen will, liegt es an der Gemeinde, sie personell dafür auszustatten. Weil zu befürchten steht, dass die Eltern andernfalls mit den Füßen abstimmen und ihre Kinder nach Albstadt oder Sigmaringen schicken könnten, sieht Maag sehr wohl den Druck, das auch zu gewährleisten.

Ob sich Ganztagsangebote über Vereinskooperationen stemmen ließen, daran hat der Hauptamtsleiter Zweifel: "Das wird wohl eher laufen wie bei der Verlässlichen Grundschule", sagt er, also über eine Kooperation mit dem Haus Nazareth. Zusätzliche Kosten kämen somit auf die Gemeinde zu, allerdings längst nicht in der Höhe, die der Umbau der Real- zur Gemeinschaftsschule verursacht hätte: "Eventuell hätten wir die bestehende Halle zu Klassenräumen umbauen und dann die Großsporthalle bauen müssen", sagt Maag.

Diese Lösung sei aber nun vom Tisch, zumal der HWB, der gemeinsame Handballverein für Winterlingen und Bitz, von der Bezirksliga in die Bezirksklasse abgestiegen sei und auch dort gegen den Abstieg in die Kreisklasse kämpfe.

Was sagt das Kultusministerium in Stuttgart zu der Entwicklung? "Es handelt sich bei diesem Konzept nicht um eine Gemeinschaftsschule ›light‹, sondern um ein Konzept, das auf die zunehmende Heterogenität der Schüler an den Realschulen sowie auf grundlegende Ergebnisse aus der Bildungsforschung reagiert", erklärt Pressesprecherin Christine Sattler. "Zur Verbesserung der pädagogischen und unterrichtlichen Qualität ist künftig eine individuelle begabungs- und leistungsgerechte Förderung dringend notwendig. Das Konzept ist die Grundlage für diese Weiterentwicklung." Für dessen Umsetzung werde die Landesregierung den Realschulen zusätzliche Ressourcen in Höhe von 500 Lehrerdeputaten zur Verfügung stellen.

Laut Sattler ist es übrigens bereits im laufenden Schuljahr möglich, dass Realschüler der Klasse neun die Hauptschulabschlussprüfung ablegen – allerdings nur als "Schulfremdenprüfung".