Bekommt der Wald nicht genug Wasser, stirbt er. Foto: Heinrich Spiecker

Die Sterblichkeitsrate der Schwarzwaldbäume hat sich durch den Klimawandel um das Siebenfache erhöht. Experten berichten über die Folgen.

Dem Schwarzwald sterben die Bäume weg. Mehr und schneller denn je. Ursache ist der vom Menschen verursachte Klimawandel. Das ist das Ergebnis einer Studie der beiden Wissenschaftler Hans-Peter Kahle und Heinrich Spiecker. Beide sind Professoren für Waldwachstum an der Universität Freiburg. Für ihre Forschung haben sie auf Daten zurückgreifen können, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen und eine Fläche von 250 000 Hektar öffentlicher Wälder untersucht. „Das ist der gesamte öffentliche Wald im Schwarzwald, eine gewaltige Datengrundlage!“, so Spiecker.

„Wir haben über 68 Jahre alle Bäume erfasst, die in diesem Gebiet abgestorben sind“, sagt der Forscher. Die Forstverwaltungen führen Buch über solche Sachen, um eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu garantieren.

Trockenphasen laut Experte immer stärker ausgeprägt

Die Sterbedaten der Bäume haben Kahle und Spiecker dann mit Klimadaten verglichen und festgestellt: Wenn der Wald nicht genug Wasser bekommt, stirbt er. „Das Absterben von Bäumen kann man zu rund 80 Prozent mit der klimatischen Wasserbilanz in Zusammenhang setzen“, so Spiecker. Dieser enge Zusammenhang sei „etwas Besonderes.“ Als drittes Ergebnis sei klar geworden: Auch das Wachstum der Bäume hänge eng mit der klimatischen Wasserbilanz im Sommer zusammen, die wiederum von den Temperaturen und der Niederschlagsmenge bestimmt und seit 1880 aufgeführt werde.

Schwankungen in dieser Bilanz habe es immer gegeben, aber die Entwicklung der letzten Jahrzehnte weise eindeutig in keine gute Richtung. 2019 sei das Jahr mit der bisher höchsten Sterberate bei den Bäumen im Schwarzwald gewesen. „Die Trockenphasen sind immer stärker ausgeprägt, die feucht-kühlen Phasen lassen nach.“ Lange sei er unsicher gewesen, ob der Klimawandel wirklich Bäume sterben lasse, doch die lange Messreihe, die er nun vorliegen habe, zeige eindeutig: „Es ist dramatisch, was der Klimawandel mit dem Wald macht! Der CO2-Anstieg ist unbestritten und sorgt für den Temperaturanstieg.“

Tourismus und Waldwirtschaft betroffen

Das Datenmaterial sei über zehn Jahre „sehr fundiert bearbeitet“ worden und eindeutig. Und es lasse keine Irrtümer zu, so Spiecker weiter. „Das aktuelle Waldsterben ist zuletzt viermal so massiv gewesen wie beim letzten Waldsterben in den 1980er-Jahren und siebenmal so hoch wie auf den gesamten Messzeitraum betrachtet. Das sind sehr eindeutige Zeichen! Und das trifft natürlich nicht nur auf den Staatswald, sondern auf den ganzen Schwarzwald zu.“

Vor 100 Jahren seien keine zehn Prozent des jährlich nachwachsenden Waldes wieder abgestorben. Heute seien es über 40 Prozent. Die Folge: Der Schwarzwald werde sich unweigerlich verändern, andere Baumarten werden Bedeutung gewinnen und die Bestände werden lockerer stehen. „Das Absterben hört aber nicht auf, denn der Borkenkäfer wird begünstigt, und die Bäume werden geschwächt. Vor allem die Fichte leidet, aber auch die Laubbäume.“

Künftig werde sich der Baumbestand im Schwarzwald ändern und weniger schnell wachsen – mit negativen Folgen für die Waldwirtschaft, der weniger Holz zur Verfügung stehen wird. „Die Waldbesitzer werden investieren müssen und dennoch weniger Erträge haben.“

Auch die Herausforderungen für den Tourismus werden einschneidend sein: „Die Touristen wollen ja keine toten Bäume sehen im Wald. Das wird manche stören. Das zunehmende Totholz macht es aber auch gefährlicher, im Wald zu wandern oder zu arbeiten. Und die Winter werden auch kürzer, was Folgen für den Winter- und den Skisport hat.“