Wie das Solarfeld in der Landschaft wirken wird, hat Ortsvorsteher Heiko Peter Melle in einer Simulation dargestellt. (Fotomontage) Foto: Melle

Klima- oder Naturschutz? Immer öfter geraten Ökologen in Zielkonflikte. Jetzt auch in Lautlingen.

Albstadt-Lautlingen - Der Albstädter Gemeinderat hat am Donnerstag mehrheitlich den Aufstellungsbeschluss eines Bebauungsplans "Solarpark Lautlingen" gefasst. Das Plangebiet liegt südlich von Lautlingen und westlich der Kreisstraße nach Meßstetten am Tierberg und umfasst zwei Freiflächen, von denen die nördliche rund 17, die südliche elfeinhalb Hektar groß ist. Die Firma WPD will auf beiden Flächen Solarmodule aufständern; der Lautlinger Ortschaftsrat hat dem Projekt bereits am Montag zugestimmt.

"Man sieht kaum was – und auch nur, wenn die Bäume gerade kein Laub tragen."

Erleichtert hat den Lautlingern diese Zustimmung erstens der Umstand, dass nicht wie sonst bei Investitionen auswärtiger Unternehmen üblich 30 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen an deren Firmensitz gehen: Zwar ist der Hauptsitz der Firma WPD Bremen; sie kann bei diesem Projekt aber Rostock, wo sie eine Niederlassung hat, als Gewerbesteuerempfänger einsetzen, und Rostock begnügt sich mit zehn Prozent. Albstadt bleiben also 90 Prozent.

Zum Zweiten wurde den Lautlingern die Entscheidung für den Solarpark dadurch erleichtert, dass er das Landschaftsbild nicht allzu sehr beeinträchtigt. Das versichert zumindest Ortsvorsteher Heiko Peter Melle, der das Planungsgebiet aus unterschiedlichen Blickwinkeln anvisiert hat – vom Badkap aus, von der Wasserscheide aus, von oberhalb des Eisentals. "Man sieht kaum was – und auch nur, wenn die Bäume gerade kein Laub tragen."

Auch die Lautlinger sollen etwas vom Projekt haben

Wesentlich bedeutsamer ist allerdings ein dritter Punkt: Damit auch die Lautlinger etwas von dem Projekt haben, will der Eigentümer des Geländes einen Teil seiner Pachteinnahmen in eine Stiftung einbringen. Die Stiftungserträge sollen dem Ort zugute kommen, das heißt: den Vereinen, dem Kindergarten, der Kirchengemeinde oder der Feuerwehr. Keine Stiftung ohne Stiftungsrat; ihm sollen neben dem Stifter Vertreter von Stadt und Ortschaft, aber auch einfache Lautlinger Bürger angehören. Die Details müssen noch ausgehandelt werden.

Probleme gibt es freilich auch: Was wird beispielsweise aus dem bisherigen Pächter, einem Landwirt, der am Tierberg sein Kühe weiden lässt? Nicht zuletzt seinetwegen haben Ortschafts- und Gemeinderat beschlossen, die solare Nutzung der südlicheren, kleineren Fläche aus dem Vertrag herauszunehmen – gestrichen ist sie laut Ortsvorsteher Melle noch nicht, wohl aber auf Eis gelegt. Für die nördlichere Fläche wird eine Einigung angestrebt: WPD will mit dem Landwirt einen Pflegevertrag für die Vegetation um und unter den Solarmodulen abschließen und versichert, dass er dadurch nicht schlechter gestellt sein solle als bisher.

Wie vertragen sich Klima- und Naturschutz in diesem Fall?

Bleibt die Frage, wie sich in diesem besonderen Fall Klima- und Naturschutz miteinander vertragen. Eigentlich haben Solaranlagen im Landschaftsschutzgebiet und im regionalen Grünzug nichts verloren; außerhalb des Waldes sind Ausnahmen jedoch möglich, wenn – siehe oben – das Landschaftsbild nicht verhunzt wird. Dennoch regte sich im Gemeinderat Widerstand gegen das Projekt: Ulrich Deufel von der FDP monierte den Landschaftsverbrauch auf "17 Hektar herrlicher Bergwiese" – zumal in Zeiten, da Albstadt seine intakte Natur touristisch vermarkten wolle. Im Technischen Ausschuss seien geeignete Dachflächen vorgestellt worden, die man schrittweise mit Photovoltaik bestücken könne – "Auch hier sollte das Prinzip Innenentwicklung vor Außenentwicklung gelten."

Auch Martin Braun, Fraktionschef von "Wir sind Albstadt", sagte "ja zum Ausbau von Photovoltaik, nein zu dieser Fläche". Lennart Spengler (CDU) stimmte zwar zu, stellte aber fest: "Wir müssen den Flächenverbrauch im Auge behalten. Anders Lara Herter (SPD): Für sie ist der Solarpark "nur der erste Schritt" – weitere müssten folgen: Das sonnenverwöhnte Albstadt bleibe bisher weit hinter seinem solaren Potenzial zurück.

Am Ende stimmte der Gemeinderat dem Bebauungsplan mehrheitlich zu. Sollte das Projekt verwirklich werden, wird es allerdings noch eine Weile dauern – laut WPD zwei bis drei Jahre. Das Investitionsvolumen beträgt ungefähr acht Millionen Euro.