Auf diesem Parkplatz an der Bundesstraße zwischen Hinterlehengericht und Schiltach geschah die Tat im Februar 2017. Foto: kamera24.tv

Versuchter Mord: Verfahren zu Angriff auf Joggerin ist eröffnet. Täter ein Fall für Psychiatrie?

Schiltach/Rottweil - Blassgesichtig sucht der 23-jährige Angeklagte immer wieder nach Worten. Stockend spricht er über sein Leben. Versuchter Mord wird ihm vorgeworfen. Am späten Vormittag des 19. Februar 2017 soll der Deutsche auf einer Holzbrücke bei Schiltach eine wesentlich ältere Frau hinterrücks mit einem Hammer traktiert haben, um sie gefügig zu machen für eine Vergewaltigung. Zwei Personen waren auf das schlimme Geschehen aufmerksam geworden, so dass der Täter von seinem Versuch, das Opfer in seinen Wagen zu zerren abließ und die Flucht ergriff.

Der 23-Jährige hatte sich nach der Tat bei Angehörigen gemeldet. Er soll dort Suizidabsichten geäußert haben. Die Polizei fahndete an dem 19. Februar mit zahlreichen Kräften und auch per Hubschrauber nach dem Mann und seinem Fahrzeug. Gegen Abend gaben dann zwei Frauen den entscheidenden Hinweis auf den Mann, der zu Fuß nicht allzu weit vom Tatort entfernt unterwegs war. Seither sitzt er in Untersuchungshaft. Zum Prozessauftakt betonte der Angeklagte, in dem Strafverfahren umfänglich Auskunft zu der Tat geben zu wollen.

Zur Bewertung der Schuldfrage setzt die erste Schwurgerichtskammer am Landgericht Rottweil unter dem Vorsitz von Karlheinz Münzer auch auf eine intensive Befragung des Angeklagten zu Drogenkonsum und Sexualpraktiken. Wichtige Aussagen hierzu seien von dem Angeklagten wohl nur in der intimeren Atmosphäre einer nichtöffentlichen Sitzung zu erwarten. Auch der Schutz der Privatsphäre des 23-Jährigen, aber auch anderer von dem Fall Betroffenen gebiete eine solche, vom Anwalt des Angeklagten beantragte Verfahrensweise.

Zum Prozessauftakt stand die Biografie des 23-Jährigen im Mittelpunkt. Bei der oft stockend dargelegten Beschreibung seines Lebenswegs gerät er häufig ins Lavieren. In seinem Elternhaus sei er als Schüler häufig bevormundet worden. Biokost sei ihm aufgenötigt worden, ein Handy habe er nicht haben dürfen, nennt er Beispiele für ein in seinen Augen nicht immer sehr entspanntes Leben unter den Fittichen seiner Eltern. Mit Antriebslosigkeit und mangelndem Ehrgeiz begründet der junge Mann, der sich scheu, aber mit offenem Blick im Gerichtssaal umsieht, seine mühsam mit der mittleren Reife zu Ende gebrachte Schulkarriere.

Geschah die Tat im Drogenrausch?

Die Ausbildung zum Industriemechaniker in einem renommierten Betrieb seiner Schwarzwälder Heimatgemeinde habe ihm besser gefallen. Das führte ihn letztlich in die Qualitätsprüfung des Unternehmens. Der Job habe ihn aber immer weniger erfüllt.

Was ihn denn dann angesprochen habe bei der weiteren Planung der beruflichen Zukunft, will Richter Münzer wissen. Der Angeklagte braucht eine Weile, bis er andeutet, dass er mit der Zeit festgestellt habe, dass er mit Leuten gut umgehen könne. Das habe ihn auf die Idee gebracht, die Fachhochschulreife nachzumachen, um sich für ein Psychologiestudium zu qualifizieren. Nach dieser Staunen machenden Aussage bringt Münzer bei seiner Befragung die Stichworte Drogenkonsum und Sexualpraktiken ins Gespräch. Damit ist bei der Verhandlung am Donnerstag der nichtöffentliche Teil eingeleitet.

Der nächste Verhandlungstag ist für Freitag, 3. November, 9 Uhr, anberaumt, weitere fünf Termine bis zum 15. November sind ebenfalls bereits festgelegt. Für die Beweisaufnahme sind neben zwei Sachverständigen 41 Zeugen geladen.

Das ist damals passiert: