Der Neubau, der dieser Tage in Betrieb gehen sollte, wurde vom Feuer schwer beschädigt. Foto: Nonstopnews

Feuer setzt Expansionskurs von Großbäckerei abruptes Ende. Unternehmen vor ungewisser Zukunft.

Pfalzgrafenweiler - 350 Feuerwehrleute bekämpfen in der Nacht zum Sonntag einen Brand in der Pfalzgraf Konditorei in Pfalzgrafenweiler – und bleiben ohne Chance. Mehrere Gebäudeteile und Hallen der Großbäckerei werden zerstört. Auch ein Neubau für 18 Millionen Euro, der gerade erst fertiggestellt worden war, fällt den Flammen zum Opfer.

Die Kuchen- und Tortenproduktion steht still, die Pfalzgraf-Mitarbeiter sind im Pfingstwochenende. Dennoch befinden sich am Samstagabend Menschen in den Gebäuden: Handwerksfirmen nutzen die produktionsfreie Zeit, um Reparaturarbeiten vorzunehmen. Einer der Handwerker entdeckt das Feuer, das gegen 21.45 Uhr ausbricht. Beim Eintreffen der ersten Feuerwehrleute steht die Produktionshalle bereits weithin sichtbar lichterloh in Flammen.

Bei einem der größten Brandunglücke der vergangene Jahrzehnte im Nordschwarzwald sind rund 350 Einsatzkräfte der Feuerwehren aus den Kreisen Freudenstadt und Calw in der Nacht und auch noch am Sonntag mit Löscharbeiten beschäftigt, die sich schwierig gestalten. Einsturzgefahr und enorme Hitzeentwicklung verhindern das, was die Feuerwehr einen Innenangriff nennt. Das Feuer greift rasch auf weitere Gebäudeteile und Hallen über.

Nach Angaben der Polizei werden etwa 20.000 Quadratmeter Produktionsfläche beschädigt. Lediglich ein kleiner Teil des Verwaltungstrakts bleibt unversehrt. Der entstandene Schaden liegt laut Polizeiangaben »weit in zweistelliger Millionenhöhe«. Wegen der starken Rauchentwicklung und weil giftige Gase austreten können, werden die Anwohner in Pfalzgrafenweiler und in der Nachbargemeinde Egenhausen (Kreis Calw) aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Die einzige gute Nachricht in dieser Nacht: Es gibt keine Verletzten.

Täglich 30.000 Kuchen und Torten

Das Feuer war am Sonntag gegen 5 Uhr nach sieben Stunden Einsatz gelöscht. Allerdings waren die Feuerwehren noch lange Zeit damit beschäftigt, immer wieder auflodernde Brandnester zu löschen. Qualm, zersplitterte Scheiben und verbogenes Blech an zerstörten Gebäuden bestimmten am Morgen danach das Bild. Das Betreten der Brandruine war bis gestern nicht möglich. Wie und wo das Feuer ausbrach, ist deshalb noch unklar. Brandsachverständige werden erst dann ihre Arbeit aufnehmen, wenn der Brandort gefahrlos betreten werden kann. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen übernommen.

Die Wurzeln der Pfalzgraf Konditorei liegen im benachbarten Waldachtal, wo Roland und Marlene Brünz in den 60er-Jahren das Café Brünz eröffnet hatten. Die daraus hervorgegangene Pfalzgraf Konditorei, seit 1989 von Dirk Brünz geleitet, zählt zu den führenden Herstellern auf dem europäischen Tiefkühl-Backwaren-Markt. Das Unternehmen liefert seine Kuchen und Torten ausschließlich über den Fachgroßhandel an Hotellerie, Caterer, Individual-, Sozial- und Verkehrsgastronomie, Mensen, Coffee-Shops, Bäckereien und Systemgastronomie – bewusst aber nicht an Supermärkte. Mehr als 250 Mitarbeiter sorgten im Zwei-Schicht-Betrieb dafür, dass täglich etwa 30.000 Kuchen und Torten in 150 verschiedenen Sorten die Produktionsstätte in Pfalzgrafenweiler verließen – 20 Prozent ins Ausland.

Pfalzgraf hatte in den vergangenen Jahren kräftig expandiert. 2009 wurde ein neues, 6700 Quadratmeter großes Produktionsgebäude eingeweiht. 12 Millionen Euro waren investiert worden. Vor eineinhalb Jahren nahm das Unternehmen bereits die Erweiterung dieses Gebäudes in Angriff und investierte weitere 18 Millionen Euro. Der jüngste Neubau – mit weiteren 9300 Quadratmetern Nutzfläche auf drei Stockwerken – wurde in diesem Frühjahr fertiggestellt und stand kurz vor der Inbetriebnahme. Erst vor wenigen Tagen lief auch dort die Produktion an – erst einmal als Testlauf.

Mit dem zusätzlichen Gebäude wollte die Großkonditorei ihre Produktionskapazitäten um 30 Prozent ausweiten. Herzstück der neuen Produktion war ein 32 Meter langer Tunnelofen, in dem pro Stunde 1000 Kuchen gebacken werden sollten. Und das Wachstum sollte noch weitergehen: Ein dritter Bauabschnitt war bereits angedacht.

Jetzt treiben Dirk Brünz ganz andere Gedanken um. Ob und wie es weitergeht, dazu wollte sich der Geschäftsführer am Montag im Gespräch mit unserer Zeitung »noch nicht definitiv« äußern.

Trotz aller Dramatik der vergangenen Tage lotet Brünz mit einem Krisenstab in einem Behelfsbüro in einer benachbarten Firma aber Auswege aus. »Wir sind auf der Suche nach alternativen Produktionsmöglichkeiten«, ist auf der Internetseite von Pfalzgraf zu lesen. Soll heißen: Um kurzfristig die Produktion wieder aufnehmen zu können, könnte in einem ersten Schritt eine geeignete leer stehende Halle in der Umgebung schon helfen. Wenn es weitergehe, dann müsse es schnell weitergehen, sagt der Firmenchef.