SPD-Politiker Wolfgang Drexler Foto: dpa

Turbulenzen in der NSU-Enquetekommission haben dazu geführt, dass es nun doch einen U-Ausschuss geben wird. Die SPD hat vor, Wolfgang Drexler den Vorsitz zu übertragen.

Stuttgart - Der SPD-Politiker Wolfgang Drexler soll den Untersuchungsausschuss im baden-württembergischen Landtag zu den NSU-Morden leiten. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte am Montag, er werde seiner Fraktion bei der Sitzung an diesem Dienstag einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.

Drexler habe sich als Vize-Parlamentspräsident bei allen Fraktionen hohen Respekt erarbeitet. Drexler habe eine lange Parlamentserfahrung, kenne die Strafprozessordnung und besitze auch Erfahrung mit Untersuchungsausschüssen. „Er hat bewiesen, dass er parlamentarische Gremien führen kann“, sagte Schmiedel.

Er erwarte, dass der Personalvorschlag auch von den anderen Fraktionen gutgeheißen werde, sagte Schmiedel. Zudem rechnet der SPD-Fraktionschef damit, dass neben Grünen und FDP auch die CDU den Arbeitsauftrag des Untersuchungsausschusses mittragen wird.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk hatte als Bedingung formuliert, dass der Ausschuss auch die Zeit nach 2011 betrachten müsse. Im Herbst 2011 war bekanntgeworden, dass Rechtsterroristen hinter zahlreichen Morden in der ganzen Bundesrepublik stecken. Schmiedel sicherte zu, der U-Ausschuss werde die Zeit bis in die Gegenwart betrachten.

Strobl für U-Ausschuss

CDU-Landeschef Thomas Strobl befürwortet einen solchen Ausschuss. „Das finde ich in der Sache sehr angebracht und richtig“, sagte er am Montag in Stuttgart. So sei etwa der Mord an der Polizistin Michele Kiesewetter 2007 in Heilbronn noch nicht ausreichend aufgeklärt. „Da gibt es mehr Fragen als Antworten.“

Der Kiesewetter-Mord gilt als rätselhafteste Tat, die dem Trio um Beate Zschäpe zugeschrieben wird. Bei den Ermittlungen hatte es mehrere Pannen gegeben: So jagte die Südwest-Polizei über Jahre einem Phantom hinterher - bis sich herausstellte, dass die zur Spurensicherung verwendeten Wattestäbchen verunreinigt waren. Die DNA stammte von der Mitarbeiterin eines Verpackungsunternehmens.

Welche Kontakte hatte der NSU nach Baden-Württemberg?

Der Ausschuss soll auch untersuchen, welche persönlichen Verbindungen der Rechtsterroristen des NSU nach Baden-Württemberg existierten und ob es hier Unterstützerstrukturen gab.

Der U-Ausschuss tritt an die Stelle einer Enquete-Kommission, die sich zuletzt heillos zerstritten und an Formalien aufgerieben hatte. Eine solche Kommission hat nicht so weitreichende Rechte wie ein U-Ausschuss. Ein Gutachten sollte klären, wer vor dem Gremium aussagen darf. Zuletzt trat der von den Grünen gestellte Vorsitzende Willi Halder entnervt zurück, die CDU verlies das Gremium. Liegen die Ergebnisse des U-Ausschusses vor, soll die Enquete zum Thema Rechtsextremismus ihre Arbeit wieder aufnehmen und ihren Blick in die Zukunft richten - beispielsweise, was Präventionsfragen anbelangt.

Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hatte im August 2013 seinen Abschlussbericht vorgelegt. Auch mehrere Bundesländer haben wie Thüringen oder wollen noch wie Nordrhein-Westfalen die Taten des rechtsextremen Terrortrios und mögliche Fehler bei der Fahndung parlamentarisch aufklären. Überall geht es um die Frage, warum das Wirken des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ nicht rechtzeitig erkannt wurde und die Verbrechen damals nicht verhindert wurden.

Der Fall Kiesewetter ist an diesem Dienstag auch Thema im Münchner NSU-Prozess. Nebenkläger haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Kiesewetter wie das NSU-Trio aus Thüringen stammte und mehrere ihrer Familienangehörigen und Freunde enge Verbindungen in die rechtsextreme Szene hatten. Außerdem waren zwei ihrer Kollegen Mitglieder des rechtsextremen Ku Klux Klan im Südwesten.