Die Zellerschule in Nagold. Foto: Priestersbach

Abschied von der Werkrealschule fällt schwer. "Abstimmung mit den Füßen".

Nagold - In der jüngsten Sitzung des Ausschusses erlebte man ein Paradebeispiel gelebter Demokratie. Da wurde die Umwandlung der Zellerschule in eine Gemeinschaftsschule debattiert.

Und zum Teil hochemotional kündigte CDU-Stadträtin Monika Wehrstein zu Beginn der Debatte an, dass sie dem Antrag der Schule nicht zustimmen wolle. »Wir brauchen’s nicht«, war sie überzeugt. Die guten Strukturen, die der Schulstandort Nagold habe, mache man nun kaputt. Das Ende einer guten Werkrealschule zu beschließen und die umstrittene Gemeinschaftsschule zu unterstützen – »dafür kann ich mich nicht begeistern. Es tut mir leid!«

Was folgte, war eine sachliche und vorbildlich geführte Debatte. Und so tat Monika Wehrstein am Ende das, was sonst so vielen Politikern schwer fällt: Sie ließ sich von den Argumenten anderer überzeugen. »Ich verlass mich da jetzt auf die Fachleute«, sagte sie unter anderem an Konrektor Steffen Schneider aber auch an ihre schulerfahrenen Ausschusskollegen Ulrich Hamann und Gert Streib gewandt. Und dann stimmte sie mit allen Ausschussmitgliedern für den Antrag der Schule. Geht es nach der Stadt Nagold als Schulträgerin, kann die Zellerschule also den eingeschlagenen Weg zur Gemeinschaftsschule weiterverfolgen.

Ab dem Schuljahr 2017/2018 könnte die neue Schulform in Nagold bereits starten. Der nächste Schritt ist ein positives Votum im Gemeinderat. Dann kann die Stadt Nagold noch in diesem Monat beim Oberschulamt den Antrag auf eine Umwandlung der Zellerschule in eine Gemeinschaftsschule stellen. Und was waren nun die Argumente, die letztendlich auch bei Monika Wehrstein zum Umdenken führten und schließlich den Ausschuss zum einstimmigen Votum veranlassten? Nun, ein ganz gewichtiger Grund dürften die nackten Zahlen und Fakten gewesen sein. Und die besagen, dass die Zellerschule, trotz ihres hervorragenden Rufs, im nächsten Schuljahr kaum genügend Schüler für die Bildung einer fünften Werkrealschulklasse zusammen bekommt.

Von einer »Abstimmung mit den Füßen« sprachen da Nagolds OB Jurgen Großmann und Konrektor Steffen Schneider. Der verdeutlichte im Laufe der Debatte: »Wir kämpfen sehr, dass wir überhaupt eine fünfte Klasse anbieten können.« Und später sagte er ganz deutlich: »Derzeit bekommen wir die Schüler nicht zusammen.« Dieser rasante Fall der Werkrealschule lässt sich auch nicht so einfach wegdiskutieren. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es bis vor wenigen Jahren mit der Lembergschule und der Zellerschule sogar zwei gut angenommene Werkrealschulen in dieser Stadt gab.

Die Zeiten ändern sich, und in der Bildungspolitik geht das manchmal unglaublich rasant. Also überwog im Ausschuss die Freude darüber, dass sich die Zellerschule bereits auf den Weg gemacht hat – Lehrer- und Schulkonferenz hatten das Konzept ja bereits abgesegnet. Stadtoberhaupt Großmann erörterte auch, dass es immer Ziel der Stadt Nagold sei, möglichst alle Schulformen am Bildungsstandort Nagold anzubieten. Und Steffen Schneider berichtete, dass die Zellerschule durchaus gute Voraussetzungen mitbringe, man im Grundschulbereich ja bereits nach dem Prinzip einer Gemeinschaftsschule unterrichte. Aber auch bei Themen wie der individuellen Förderung der Schüler, der Einbeziehung der Eltern oder auch der Ganztagsbetreuung ist die Zellerschule längst am Start. Schneider: »Wir versuchen unseren Weg zu gehen.« Die Statuten für eine Gemeinschaftsschule geben da offensichtlich Spielraum.

Letztendlich habe man sich bei der Ausarbeitung des Konzepts auch die Grundfrage gestellt: »Was brauchen unsere Schüler?« Denn für Schneider ist klar: Bekomme man zweimal in Folge nicht genügend Schüler für eine fünfte Klasse zusammen, dann laufe die Sekundarstufe womöglich aus. »Das Oberschulamt schaut da nicht lange zu.« Der Antrag: Stimmt der Gemeinderat zu, wird noch Ende Juli der Antrag auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule gestellt. Start wäre dann zum Schuljahr 2017/2018. Schülerzahlen: Es wird von einer Zweizügigkeit der Gemeinschaftsschule ausgegangen. Der Einzugsbereich ist die Gesamtstadt Nagold. Nach einer Berechnungsformel des Landes müsste die neue Gemeinschaftsschule gut 70 Schüler pro Jahrgang bekommen. Dennoch sieht man die Zweizügigkeit als realistisch an, sodass eine Mindestschülerzahl von 40 immer erreicht werden müsste.

Gemeinschaftsschule

Der Werkrealschulbereich der Zellerschule bekommt derzeit eine "Abstimmung mit den Füßen" zu spüren: Die Anmeldezahl für die neuen Fünftklässler liegt unter der Mindestgröße. Auch das ist einer der Gründe, warum sich die Zellerschule zu einer Gemeinschaftsschule entwickeln will. Die Stadt unterstützt das Vorhaben, auch der Fachausschuss sprach sich einstimmig dafür aus. Die Gemeinschaftsschule hofft man zweizügig mit mindestens 40 Schülern pro Jahrgang anbieten zu können.