Die Nostalphoniker lieferten in Starzach ein Programm ab, das den Humor der Comedian Harmonists in Kontrast mit der Realität des Nationalsozialismus setzte. Foto: Steinmetz

Zum Genießen und Nachdenken: Mit ihrem Konzert „Die Comedian Harmonists sangen ...“ am vergangenen Freitag auf der Weitenburg über Börstingen setzten die Nostalphoniker einen Glanzpunkt der Horber Musiktage.

Organisator Sven Gnass hatte, augenzwinkernd, etwas Besonders angekündigt: die Nostalphoniker, sechs Jungs aus München. Sie kamen in den Saal herein, in Frack und Zylinder und, wie sie später verrieten, mit zweifarbigen Socken. Da merkte man gleich zu Beginn: Das waren nicht nur ganz hervorragende Sänger und ein Pianist, sondern auch Komödianten, die den Comedian Harmonists der 1920er- und 1930er-Jahre alle Ehre machten. Diese mit ihrem Gesangsstil international erfolgreiche Gruppe löste sich in ihrer alten Besetzung 1935 auf. Schon 1934 durfte das Ensemble, zu dem drei jüdische Mitglieder gehörten, seine Konzerttournee in Bayern nur mit einer Sondergenehmigung und mit Auflagen starten. Darauf bezog sich der Konzertabend.

Zum Auftakt gleich ein Ohrwurm: „Veronika der Lenz ist da“, passend zum Frühling. Die Nostalphoniker setzen ihre Stimmen wie Instrumente ein. Präzise, aber zurückhaltend begleitet Pianist Jan C. Golch, zuständig auch für die Arrangements, die fünf Sänger Marko Cilic (Tenor 1), Jonas Salzer (Tenor II). Peter Cismarescu (Tenor III), Tibor Brouwer (Bariton) und Markus Scharpf (Bass). Die frechen und frivolen Texte der Lieder unterstreichen sie mit Mimik und Gestik.

Ein Programm der Kontraste

Das Publikum – mit 140 Zuhörern ist die Veranstaltung im Weitenburger Schloss restlos ausverkauft – klatscht begeistert Beifall. Da kann man ja auch nur zustimmen, dass ein „Kuss“, wie es in dem gleichnamigen Lied heißt, ganz allein kommt, „weil er wichtig ist, schrecklich wichtig ist“. Abwechselnd übernehmen die einzelnen Stimmen die Melodie, die anderen vier die Begleitung, oft summend, dann wieder in den vollen a cappella Gesang wechselnd.

So lustig das alles ist, die Zeitumstände nach der Machtübernahme Hitlers waren es nicht. „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück“ wünscht man sich trotzdem oder ein fröhliches „Wochenend und Sonnenschein“ (in der englischen Version). Als Kontrast lesen die Nostalphoniker die Korrespondenz der Comedian Harmonists mit der Bayerischen Konzertagentur Gensberger vor.

Der Briefwechsel zeigt, wie schwierig es für das Ensemble geworden ist, Konzerte zu geben. Die Veranstaltung in München wird einen Tag vorher verboten, nach Rücksprache der Agentur mit den Behörden wieder erlaubt, aber unter Auflagen. Unter anderem darf die Presse nicht berichten und es darf kein weiteres Konzert der Gruppe mit jüdischen Sängern folgen. Der Konzertsaal mit 2000 Plätzen in München ist restlos ausverkauft.

Am Ende vergeht den Künstlern das Grinsen

Kurz vor Beginn tritt ein Uniformierter vors Publikum und sagt, dass die Musik nicht zu akzeptieren sei und jeder sein Eintrittsgeld zurückerhalte, der den Saal verlassen wolle. „Wie soll man da noch lustige Lieder singen“, fragen sich die Nostalphoniker. Sie singen dennoch, und zwar das Lied, mit dem die Comedian Harmonists das trotz allem sehr erfolgreiche Münchner Konzert eröffnet hatten - „Schöne Isabella von Kastilien“.

Allerdings war jetzt auch den Nostalphonikern das Grinsen, mit dem sie von der ernsthaften Lesung zum komödiantischen Gesang wechselten, vergangen. „In einem kühlen Grunde“ ist das Schlussstück, so innig dargeboten, dass das Publikum nach dem letzten Ton kaum zu klatschen wagt, dann aber um so stürmischer die sechsköpfige Gruppe feiert. Die Botschaft des Abends war klar: Man müsse dafür eintreten, dass sich „so etwas“ wie damals im Nazi-Deutschland nicht wiederhole.