In jüngster Zeit wurden im Raum Calw zahlreiche misshandelte oder tote Katzen aufgefunden, einige sind verschwunden. Treibt ein Katzenquäler sein Unwesen? Foto: Gambarini

Tierschutzverein schlägt Alarm: Mehrere Tiere im Raum Calw misshandelt und getötet. Mit Kommentar

Kreis Calw - Ein Albtraum für jeden Katzenbesitzer: Der geliebte Vierbeiner verschwindet, wird Opfer eines Tierquälers, misshandelt, getötet. Nun schlägt der Tierschutzverein Alarm: Im Raum Calw scheint das  in jüngster Zeit mehrfach passiert zu sein.

Es sind Beschreibungen, die Tierhalter zum Schaudern bringen: Im September verschwindet in Spielberg eine Katze. Rund drei Wochen später, Anfang Oktober, wird sie in der Nähe des Wohnhauses auf einer Wiese gefunden –  tot, mit abrasiertem Schwanz und laut Aussage des Besitzers geschändet.

Ebenfalls Anfang Oktober geschieht eine weitere entsetzliche Tat in Oberhaugstett: Einer anderen Katze wird der Schädel eingeschlagen. Der Täter drapiert das tote Tier mit rasiertem Bauch laut Polizei auf einem Kissen neben der Straße. Außer einem Paar Gummihandschuhe gibt es keine Hinweise.

In Schömberg, Neuhengstett und nochmals in Spielberg tauchen etwa zur selben Zeit Katzen auf, die ebenfalls irgendjemand rasiert zu haben scheint. Aus Calw, Stammheim, Ottenbronn, Oberkollbach, Gechingen und Schömberg gibt es Meldungen über vermisste Tiere, die zum Teil bis in den Sommer und sogar die vergangenen Jahre zurückreichen.

Und auch aus Orten des Nachbarkreises Böblingen, die im Grenzgebiet zu Kreis Calw liegen, gibt es Berichte.  In Aidlingen wurde Anfang Oktober eine Katze gefunden, der Kopf und Schwanz abgetrennt wurden. Ein Tier in Grafenau scheint vor wenigen Wochen stranguliert worden zu sein; nur kurz zuvor kam ebenfalls in Grafenau ein Tier nach Hause, das rasiert und mit einem Schnitt verletzt wurde. Wenig später verschwindet es endgültig.

All diese Fälle hat der Calwer Tierschutzverein in jüngster Zeit zusammengetragen. Eine erschreckende Bilanz – und die Dunkelziffer könnte sogar noch höher sein. Denn viele Taten werden gar nicht angezeigt, wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Karlsruhe erklärt. Nur drei Fälle sind der Polizei  in diesem Jahr aus dem Kreis Calw gemeldet worden: Im Februar wurden in Neubulach und im September in Nagold mit einem Luftgewehr auf eine Katze geschossen. Auch angezeigt wurde jener Fall in Oberhaugstett, bei dem der Katze der Schädel eingeschlagen wurde. Die anderen Vorkommnisse – Fehlanzeige. Die Arbeit der Polizei wird dadurch nicht einfacher.

Polizei rät, solche Fälle immer anzuzeigen

"Wir raten immer, solche Taten bei der Polizei anzuzeigen", betont die Sprecherin. "Dabei handelt es sich schließlich um einen Straftatbestand und dem gehen wir natürlich nach." Wichtig seien Anzeigen vor allem dann, wenn ein möglicher Serientäter am Werk sei. Mittels vieler Informationen lasse sich dann vielleicht sogar ein Muster erkennen, nach dem der Täter vorgeht.

"Wir sind in solchen Fällen auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen", sagt die Sprecherin. Zudem arbeite man bei der Aufklärung solcher Taten eng mit dem Veterinäramt zusammen. Dieses nehme gegebenenfalls Obduktionen an den toten Tieren vor, wodurch  auch die Tatwaffe ermittelt werden könnte.

Dass Tierquälerei keineswegs eine Lappalie ist, zeigt schon das Tierschutzgesetz. Dort steht, wer ein Tier quält oder "ohne vernünftigen Grund tötet ", kann  mit einer Geldbuße von bis zu 25 000 Euro oder sogar einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden.

Doch wie kommt es überhaupt zu solchen Taten? Was geht in einem Menschen vor, der Katzen so etwas antut? Eine gute Frage – auf die es keine einfache Antwort gibt, weiß Udo Frank, ärztlicher Leiter der forensischen Psychiatrie in Weissenau bei Ravensburg. Denn nicht nur die Menschen, die zu so etwas fähig sind, könnten keiner bestimmten Gruppe zugeordnet werden. Auch die Ursachen, die einen Menschen dazu bringen können, Tiere zu quälen, so Frank, seien vielfältig.

Besonders häufig würden Haus- oder Nutztiere verletzt, geschlagen oder vernachlässigt, weil die Besitzer schlicht überfordert seien. Dann wiederum gebe es Menschen, für die Tiere so genannte "Blitzableiter" seien, an denen sie sich abreagieren und Aggressionen abbauen, die anderswo entstanden seien. Manche würden aus einem "Unlust-Erleben" heraus handeln, beispielsweise aus Langeweile oder um sich selbst größer, besser oder stärker zu fühlen. Und wieder andere hätten möglicherweise einfach eine Abneigung gegen bestimmte Tierarten.

Allerdings, das stellt der forensische Psychiater klar heraus, sei die tatsächliche Motivation eines Täters immer nur anhand des Einzelfalls und mittels einer genauen Untersuchung dieses Menschen selbst zu klären. Dies hänge nicht zuletzt auch damit zusammen, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Tierquälern nicht besonders umfangreich seien.

Lässt sich vor diesem Hintergrund also überhaupt etwas zu den Fällen im Kreis Calw sagen? Nur bedingt. Eine Möglichkeit, die Frank in Betracht zieht, ist die Existenz mehrerer Täter, die parallel zueinander vorgehen. Denkbar sei auch ein einzelner Täter, dessen Verhaltens-Repertoire von vergleichsweise ungefährlichen Handlungen wie dem Rasieren bis hin zum anderem Extrem – dem Töten – reiche.

Greift der Täter vielleicht  auch Menschen an?

Entscheidend, erklärt der ärztliche Leiter, sei immer, wie solche Vorkommnisse zusammenhängen – auch vom zeitlichen Ablauf gesehen.

Ließe sich beispielsweise feststellen, dass ein Einzeltäter seine Misshandlungen mit dem Rasieren begann und über das Verletzen der Katzen schließlich zum Töten der Tiere überging, könnte eine solche Entwicklung – so Frank – ein "Indiz dafür sein, dass ein Täter sich auch weiter steigert" und möglicherweise später andere Tierarten wie Hunde oder sogar Menschen angreifen werde. Allerdings: "Man kann nicht grundsätzlich sagen, dass Tierquäler auch andere Verbrechen begehen", betont der ärztliche Leiter.

Seite 2: Info

Für Betroffene

Der Tierschutzverein  Calw möchte weiterhin Fälle zusammentragen, und bittet ebenso wie die Polizei, dass Betroffene sich melden. Erreichbar sind die Tierschützer  unter der Adresse Im Eulert 12,  Althengstett, Telefon 07051/9 35 21 08, E-Mail info@tierschutz-calw.de oder auf Facebook unter "Tierschutz Calw".

Kommentar: Besseres zu tun?

Von Ralf Klormann

Wer Tiere quält, sollte bestraft werden. So weit stimmen die meisten Menschen überein. Doch rechtfertigen Taten, wie sie seit einiger Zeit an Katzen im Kreis Calw begangen werden, eine Obduktion der Tiere?  Eine Untersuchung der Todesursache? Gar umfangreiche Ermittlungen der Polizei oder die Suche nach der Tatwaffe? Ja, definitiv. Denn wer geliebte Vierbeiner entführt, verstümmelt oder tötet, tut nicht nur den Tieren Furchtbares an. Er nimmt Herrchen  und Frauchen  Weggefährten und  Freunde, die nicht selten   Familienmitglieder geworden sind. Eine solche Tat verdient  nicht nur Verachtung, sondern konsequente Strafverfolgung und eine Verurteilung  mit der vollen Härte des Gesetzes. Deshalb ist es vollkommen richtig, wenn dafür die Polizei eingesetzt wird. Auch, wenn die Beamten  in den Augen mancher Menschen vermeintlich Besseres zu tun haben.