Was erwarten die Mitglieder der Jungen Union Stuttgart von ihrer Mutterpartei im neuen Landtag? Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: dpa

Wir haben uns bei der Jungen Union erkundigt, was sie von der CDU im neuen Landetag erwartet.

Stuttgart - Winfried Kretschmann ist der neue Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, eine neue poltische Epoche bricht an. Wir haben uns bei den Stuttgarter Jugendverbänden der Parteien umgehört, was sie von ihren Mutterparteien im neuen Landtag erwarten. Zum Abschluss waren wir im Gasthaus "Linde" in Heumanden beim Stammtisch der Jungen Union Stuttgart.

Fast 58 Jahre hat die CDU – in ihrem Selbstverständnis als natürliche Regierungspartei – die politischen Geschicke des Landes gelenkt. Statt an den Hebeln der Macht sitzt sie im Landtag künftig auf der harten Oppositionsbank. Das muss die stolze Union doch bis ins Mark erschüttern.

Am Stammtisch der Jungen Union (JU) ist davon wenig zu spüren. "Mit 39 Prozent müssen wir uns nicht verstecken", sagt Benjamin Völkel, der Vorsitzenden der JU Stuttgart, "das würde zurzeit wohl nicht mal die CSU in Bayern erreichen." Dennoch hat die CDU die Wahl verloren. Und dafür muss es Gründe geben.

Lag es am Wahlkampf? "Der war gut geführt", sagt Sebastian Scheible, Sprecher der JU Stuttgart. Die CDU habe die richtigen Themen gesetzt. Das sieht der 24-jährige JU-Vorsitzende Völkel genauso. "Dass das CDU-Programm absolut mehrheitsfähig ist, bestätigen die 39 Prozent."

Das generelle Problem der CDU


Dann muss es am Spitzenkandidaten gelegen haben? Auch hier Kopfschütteln. Man könne Stefan Mappus keinen Vorwurf machen. "Die Basis wollte einen Gegenpart zu Teufel und Oettinger, einen Mann, der sich stärker konservativ positioniert", sagt JU-Sprecher Scheible (26). Einen starken Mann, der bei Gegenwind nicht gleich umfällt. Dieser Mann war Stefan Mappus.

Lag die Wahlniederlage am Ende also doch nur an äußeren Umständen, an havarierten Atommeilern im fernen Japan und der aus Berlin befohlenen Atomwende? Soweit möchten die beiden JU-ler dann doch nicht gehen. "Fukushima und die Folgen haben vielleicht die letzten zwei Prozentpunkte gekostet", meint Scheible.

Entscheidend war etwas anderes. Ein generelles Problem der CDU, ein Kommunikationsproblem. "Gerade in Großstädten finden wir bei den Menschen nicht mehr statt", sagt Völkel. "Wir müssen wieder mehr auf sie zugehen, in Vereinen und Verbänden unser Programm vermitteln und uns nicht darauf verlassen, dass sich die Bürger selbst darüber informieren."

Glaube, Familie und Freiheit

Nicht nur zwischen Partei und Bürgern gibt es offenbar ein Verständigungsproblem. Auch zwischen Parteibasis und Führung ist die Kommunikation wohl etwas eingerissen. Als deutliches Indiz dafür sieht Völkel die turbulente Basiskonferenz in Sindelfingen am 20. April. Dort habe man zunächst drei bis vier Stunden über einen Neuanfang diskutiert, ehe sich die Parteispitze zurückzog, um eine halbe Stunde später Thomas Strobl als Kandidaten für den Landesvorsitz der CDU zu präsentierten. "Das halte ich für ein falsches Zeichen", sagt JU-Sprecher Völkel.

Inzwischen hat die Führung dem Druck der Basis nachgegeben und die ursprünglich auf 7. Mai terminierte Wahl des Landesvorsitzenden verschoben. Thomas Strobl muss sich auf Regionalkonferenzen nun erstmal den CDU-Mitgliedern stellen. Ein Gegenkandidat zeichnet sich bisher allerdings nicht ab. Der bisherige Generalsekretär Strobl wird also aller Voraussicht nach neuer Landeschef. An der Fraktionsspitze hat sich Peter Hauk behauptet.

Mit Strobl und Hauk in die Zukunft - ein personeller Neuanfang sieht anders aus. Doch der ist für Völkel und Scheible gar nicht unbedingt notwendig. Für eine neue Kommunikationsstrategie brauche man nicht zwangsläufig neue Köpfe in der Parteiführung. Und vor allem, wer sollten diese neuen Köpfe überhaupt sein? Den beiden JU-lern fallen keine wirklichen Alternativen ein.  

Glaube, Familie und Freiheit

Also alte Köpfe mit neuen Inhalten? Bloß nicht. "Die CDU sollte sich nicht neu-, sondern altpositionieren", betont Benjamin Völkel. Das konservative Profil sollte künftig noch mehr geschärft werden. Dass im Regierungsprogramm der CDU beispielsweise nichts von der Bewahrung der Schöpfung zu lesen war, hält der JU-Kreisvorsitzende schlicht weg für falsch. Nicht nur ältere Stammwähler begrüßen aus seiner Sicht eine stärkere Besinnung auf  konservative Grundwerte. "Auch viele junge Menschen wünschen sich Glaube, Familie und Freiheit als Schwerpunkte."

Doch eins ist künftig ganz sicher neu für die CDU – die Oppositionsrolle. Gerade für die Junge Union kann dies doch befreiend wirken. Endlich mal richtig auf den Tisch hauen, endlich die Regierung heftig attackieren. "Nun haben wir die Chance, Mittel auszuprobieren, die wir davor nicht so aggressiv anwenden konnten", sagt JU-Sprecher Scheible. Angriffsfläche für Attacken bietet die grün-rote Regierung für Scheible genug: die Einheitsschule, Stuttgart 21, die Haushaltspolitik, die Hochschulpolitik. Allzu kämpferisch soll es dabei aber nicht zugehen. "Wir wollen keine schlagende Opposition sein, sondern eine kontrollierende", sagt Benjamin Völkel.

Und was ändert sich im Binnenverhältnis zur Mutterpartei? Offenbar nicht viel. Die Junge Union sei schon in den vergangenen Jahren der Stachel im Fleisch der Union gewesen, und daran werde sich auch nichts ändern, sagt Völkel. Man werde also weiter Kontroversen mit der CDU führen. "Aber es gebietet sich jetzt nicht, auf den Putz zu hauen. Wir wollen Hand in Hand mit der Mutterpartei die neue Rolle mitgestalten." Wirklich spitz scheint der Stachel nicht zu sein.