„Die Kommunen dürfen nicht auf Pump investieren“, sagt Georg Fichtner, der Präsident der IHK Region Stuttgart. Foto: Leif Piechowski

Die Industrie- und Handelskammer der Region Stuttgart sieht die Landeshauptstadt und 17 Große Kreisstädte der Umgebung auf einem falschen Kurs. Dort werde die Verschuldung erhöht. Richtig wäre es, von den rekordverdächtigen Steuereinnahmen etwas für magere Jahre zurückzulegen.

Stuttgart - Georg Fichtner, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, warnte die großen Städte der Region vor einem nach seiner Meinung bedenklichen Kurs. Die Steuerquellen würden zwar sprudeln und im Schnitt trotz kaum veränderter Hebesätze rund sechs Prozent mehr Geld abwerfen als 2012 – es werde aber auch mehr ausgegeben. „Diese auf allen staatlichen Ebenen feststellbare Tendenz muss gestoppt werden“, ließ der IHK-Chef am Mittwoch verlautbaren. Er rief die Kommunen zur Umkehr auf. Anlass war die Haushaltsanalyse 2013, bei der die Gesellschaft für Kommunalwirtschaft die Stadt Stuttgart und 25 Große Kreisstädte unter die Lupe nahm.

Fichtner erhob die Forderung, dass zusätzliche Schulden vermieden werden – wenngleich die Kommunen bei der Finanzierung von Bildung, Kinderbetreuung und Infrastruktur unbestritten vor großen Herausforderungen stünden. Diesen sollten sie sich stellen, „aber nicht auf Pump investieren, sondern durch Einsparungen an anderer Stelle“. Von den zusätzlichen Steuereinnahmen müsse auch noch etwas zurückgelegt werden für magere Jahre. Daher sei eine rigide Sparpolitik nötig. Für die Kommunen gelte sinngemäß auch, was der Landesrechnungshof 2013 dem Land ins Stammbuch geschrieben habe: Notwendiges sei von Wünschenswertem zu trennen. Nicht alles Wünschenswerte dürfe umgesetzt werden. Besonders die Neigung, deutlich mehr Personal einzustellen, berge Gefahren. Dadurch würden die Haushalte lange Zeit beeinflusst.

Mancherorts Schuldenzunahme drastisch

In der Region verfolgen die großen Städte, wenn man der Studie aus Böblingen folgt, allerdings einen ganz anderen Kurs. 18 der 26 analysierten Kommunen wollten ihre Verschuldung in diesem Jahr erhöhen. Der durchschnittliche Schuldenstand pro Einwohner werde zum Jahresende 1078 Euro betragen – und damit rund zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Mancherorts sei die Schuldenzunahme drastisch. Als Spitzenreiter bei der absehbaren Gesamtverschuldung taucht die Stadt Esslingen am Neckar auf, obwohl man dort allerdings ein paar Euro von der Schuldenlast pro Einwohner abbauen will. Damit zählt Esslingen zu den acht Großen Kreisstädten, die nicht zulegen.

Dieser Aufstellung liegt die Betrachtung der Stadthaushalte mit Eigenbetrieben wie Markt- oder Abfallbeseitigungsunternehmen zugrunde, aber ohne Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Es gäbe auch noch andere mögliche Betrachtungen. Was man wählt, ist bei den Betroffenen meist umstritten. Die Eigenbetriebe einzubeziehen erscheint ratsam, weil manche Städte besonders viele Aufgaben – und damit unter Umständen auch Schulden – an Eigenbetriebe auslagern. Andererseits wird oft eingewendet, dass etwa Müllbetriebe einen Großteil der Schulden zeitverzögert mittels Gebühreneinnahmen wieder abtragen könnten.

Gutachten wird manchmal von aktuellen Entwicklungen überholt

Das Beispiel der Landeshauptstadt zeigt außerdem, dass so ein Gutachten manchmal von aktuellen Entwicklungen überholt wird. Laut IHK-Analyse wird Stuttgart am Jahresende eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1252,15 Euro erreichen – 323,52 Euro mehr als 2012. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) dagegen erwartet, dass zum Jahresende eine Pro-Kopf-Verschuldung von 816 Euro zu Buche schlagen wird. Dabei ist sogar das Klinikum der Stadt mit Schulden in der Größenordnung von 35 Millionen Euro enthalten. Rechnet man es heraus, dann sinkt der von Föll genannte Schuldenstand pro Einwohner sogar noch um 58,33 Euro.

Der Grund ist: Die Gutachter bedienten sich der Zahlen in den Haushaltsplänen der Städte. Der Etat für das Jahr 2013 wurde in Stuttgart im Dezember 2011 beschlossen. Im Juni 2013 legte Föll aber einen glänzenden Jahresabschluss für 2012 vor. Auf eine geplante Schuldenaufnahme von 217 Millionen Euro konnte verzichtet werden. Allerdings sieht der inzwischen auch vorgelegte Nachtragshaushaltsplan für 2013 wieder eine Schuldenaufnahme in Höhe von 76 Millionen Euro vor. So gesehen liege die IHK-Analyse nicht ganz falsch, sagt Föll. Die Wortmeldung der IHK sei auch hilfreich. „Eine größere Aktualität wäre aber schon wünschenswert“, sagt Föll.