Die sommerliche Dorfidylle trügt: In Dießen ist das Q-Fieber ausgebrochen. Ein Jubiläumsfest wurde abgesagt, Kindergärten und Eltern werden gewarnt, vier Menschen sind bereits erkrankt. Foto: Hopp

Landesgesundheitsamt: "Infektion kann Herzklappen angreifen." Haben sich in Dießen zwölf Bürger angesteckt?

Horb-Dießen - Am Dienstag gegen 15.30 Uhr vor dem Rathaus. Ortstermin mit dem Landesgesundheitsamt. Wie viele Menschen haben sich mit dem Q-Fieber angesteckt?

Josef Bendak, Leiter des Kreisgesundheitsamtes: "Wir haben gestern insgesamt vier Leuten Blut abgenommen. Nach den zwei am Vortag bestätigten Fällen hat sich vor 30 Minuten bestätigt, dass noch zwei weitere Menschen infiziert worden sind. Ein Betroffener wurde gestern frisch aus dem Krankenhaus entlassen Wir haben derzeit noch zehn bis zwölf mögliche Infizierte, die wir noch erreichen müssen."

Denn: Das Q-Fieber kann gefährlich werden. Günter Pfaff, Leiter des Referats Epidemiologie vom Landesgesundheitsamt: "Das Q-Fieber gehört zu den infektiösesten Keimen, die es gibt."

Und die Folgen sind nicht so ohne. Pfaff: "Ungefähr die Hälfte aller Angesteckten zeigen Symptome: Plötzliches hohes Fieber, Muskelschmerzen, Schüttelfrost und Kopfschmerzen hinter den Augen. Die andere Hälfte spürt keine Symptome. Doch eine Infektion kann gesundheitliche Folgen haben: Die Keime siedeln sich an den Herzklappen an. Bei einer Entzündung kann es dann für Herzpatienten, Menschen mit ohnehin geschwächtem Immunsystem oder Schwangere sehr kritisch werden."

Dorffest wäre zu großes Risiko gewesen

Deshalb begrüßt es Pfaff auch, dass das Dießener Dorffest abgesagt wurde: "Es ist durchaus vorstellbar, dass in den nächsten Tagen weitere Menschen angesteckt werden. Ich weiß, wie weh es tut, ein Dorffest abzusagen. Aber wer möchte das Risiko eingehen, dass auf dem Dorffest das Q-Fieber von einem Bürger auf den anderen übertragen wird. Oder dass die Besucher sich dort mit infiziertem Staub anstecken?"

Denn: Das Q-Fieber steckt in den Exkrementen von Schafen und Resten von deren Nachgeburt. Wenn die getrocknet sind, stecken die Keime im Staub. Laut Silke Fischer vom Konsiliarlabor für Q-Fieber vom Landesgesundheitsamt ist zweifelsfrei nachgewiesen, dass Q-Fieber durch den Staub über 400 Meter Luftweg übertragen wurde. Sie sagt: "Das kann sozusagen von der Hangseite ins Haus – oder beispielsweise auf einen Festplatz – hineingeweht werden. Gelangt dieser Staub in die Atemwege, können sich die Menschen infizieren." Das Landesgesundheitsamt war gestern nach Dießen gekommen, um gemeinsam mit Ortsvorsteher Fridolin Weckerle, dem Kreisgesundheitsamt und OB Rosenberger das weitere Vorgehen zu besprechen. Weckerle zeigte die Wiesen, die sein Sohn mit Schafen bewirtschaftet.

Pfaff guckt noch, wo der Wind herweht. Gott sei Dank kommt er von der Straße hangaufwärts zu den Wiesen. Der Q-Fieber-Spezialist: "Hier ist das Risiko gering."

Bendak sagt auch, dass man eine bestimmte Schafherde unter Verdacht hat. Die war seit April in Dießen unterwegs. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass nicht nur Dießener Bürger vom Q-Fieber betroffen sind. Fakt ist: Das Hebammenhaus Hohendießen nimmt wegen des Q-Fiebers derzeit keine Schwangeren auf. Bendak: "Die Leiterin Dorothea Fritz hat mir versichert, dass sie umorganisiert."

Ortsvorsteher Weckerle: "Die Lage ist seit der Absage des Dorffestes gespannt. Aufgrund dieser Entwicklung können wir aber nicht anders. Zwar haben wir etwas von den Beschwerden der angesteckten Bürger mitbekommen – aber wir wussten ja nicht, dass es das Q-Fieber ist."

OB Peter Rosenberger: "Wir haben unsere Mitarbeiter, in Kitas und in Schulen informiert. Dazu geht ein Elternbrief raus. Morgen um 9 Uhr ist ein Treff mit den Ortsvorstehern im Dießener Tal, um weitere Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu besprechen."

Das Stadtoberhaupt geht davon aus, dass sich noch mehr Menschen mit dem Q-Fieber angesteckt haben. Doch wo ist der Seuchenherd? Bendak: "Derzeit wissen wir noch nicht, ob es die Wiesen rund um Dießen sind oder ob es nur eine Stelle ist. Wir sind froh, dass das Landesgesundheitsamt da ist. Dazu hoffen wir auch auf Erkenntnisse vom Veterinäramt."

Wie häufig springt das Q-Fieber auf die Menschen über?

Silke Fischer vom Landesgesundheitsamt: "Relativ häufig. In Deutschland werden jährlich 200 bis 400 Fälle gemeldet. In Baden-Württemberg tritt das Q-Fieber vermehrt auf. Als Endemiegebiete gelten die Schwäbische Alb und der Schwarzwald."

Eine Bitte haben die Gesundheitsexperten noch. Bendak: "Ich hoffe, dass die Ärzte und Bürger jetzt sensibilisert sind und bei Verdachtsfällen entweder uns kontaktieren oder eine Laboruntersuchung auf das Q-Fieber veranlassen. Gerade wegen des Risikos der Herzschädigung – auch wenn keine klassischen Symptome auftreten."

Weitere Informationen: Das Kreisgesundheitsamt beantwortet Fragen rund ums Q-Fieber: 07441/9 20 41 00