Frustriert von den Müllmassen: Unser Reporter Jürgen Lück sammelte mit – zum Glück nur 15 Minuten. Foto: Hopp

Reportage: Müllsammeln auf dem Campingplatz des Festivals. Veranstalter erschöpft.  

Horb - Mahlzeit im Mini-Rock-Büro. Ich nehme mir einen Pappteller, kriege zwei Würstchen, Bratkartoffeln, grünen Salat. Nehme mir ein Plastikmesser und -gabel. Trinken? "Nimm Dir was." Ich greife eine Flasche Apfelschorle. Gut 20 junge Leute sitzen schweigend mit am Resopaltisch.

Ich setze mich. Neben mir Benni Breitmaier mit tiefen Ringen unter den Augen. An seinem linken Unterarm hängen hellgraue Spritzer vom Matsch. Mit rauher Stimme sagt er: "Gestern haben wir 2800 Platten à 33 Kilo auf 96 Paletten verladen. Das war echt ein Kraftakt." Heute hat er schon Planen zusammengelegt.

Im Raum sind gut 40 Helfer. Die Ausrüstung: Akkuschrauber, Arbeitshandschuhe, Müllsäcke. Seit Sonntag sind sie im Einsatz. Der Lohn: Eine Freikarte fürs nächste Konzert. Dagegen ist das, was auf mich wartet, ein Kinderspiel: 15 Minuten Müllsammeln auf dem Campingplatz. Mein "Lohn": ein Mini-Rock-T-Shirt. Damit mein C&A-Hemd nicht schmutzig wird.

Viele haben ihr Zelt nicht abgebaut

Zehn Minuten später stehe ich auf dem ehemaligen Campingplatz. Ein pinker Tisch steht vor zwei Haufen mit verbogenen Stangen, schlaffen Zelttücher, Müllsäcken. Davor liegen zwei Papptafeln: "Nimm mich mit! Bau Dein Zelt und Pavillon wieder ab." Scheinen die Kids nicht gelesen zu haben. Schade.

Dann rollt Nadja mit einem roten Astra-Caravan an – älteres Modell. Hinten ein Anhänger. Sie drückt mir die Schachtel mit blauen Einweg-Handschuhen in die Hand. Tobi hat sie schon gezogen. Vor uns liegt der Campingplatz – 100 Meter tief. Hinten sehe ich ein paar weiße Stangen, Zeltreste, Stühle. Dazwischen blaue Müllsäcke.

Die Sonne brennt auf mein schwarzes Shirt. Ich ziehe auf das Schlachtfeld. Aus den blauen Säcken zieht der eklige Fäulnis-Geruch an meiner Nase vorbei. Auf der Erde: Kondomschachteln, Kippen, Brotreste, Holzkohle, offene Raviolidosen, Papier, Plastikfetzen. Ich bin heilfroh, dass mich Nadja nicht dazu eingeteilt hat, das Zeug direkt in schwarze Säcke zu verfrachten. Wenigstens ein Vorteil, den der Presseausweis bringt. Und der Respekt der Jungen vor dem Alter.

Dann ziehe ich los. Überall Stangen. Erst ziehe ich die Dinger von vorne Richtung Hänger. Doch es werden nicht weniger. Hinten steht noch eine Menge Zeugs. Also gehe ich 50 Meter in die Mitte – Häufchen machen. Erst die Stangen. Rechts liegt ein Pavillon, mit silbernem Gaffer-Tape zusammengebunden. Ich versuch mir vorzustellen, wie es dazu kam. Hat sich ein angeheiterten Festivalbesucher festgehalten und das Ding ist zusammengekracht? Ist einer gestolpert, hat das Teil mitgerissen?

Egal. Ich knicke die Stangen in handliche Portionen. Daneben ein ganz wüstes Festival-Opfer: Ein Zelt, die Vorderwand offensichtlich von Feuer verschmort. Innendrin eine Palette mit leeren Bierdosen. Davor eine Tupper-Dose mit Brot, das sich langsam im Wasser auflöst. Ich packe das Teil am äußersten Zipfel und ziehe es Richtung Hänger. Die Bierdosen kullern raus.

Die 15 Minuten sind um. Hinten stehen noch drei Campingstühle. Der Ehrgeiz packt mich. Nochmal raus, nochmal über den Rasen schleifen, und ab mit dem Mist auf den Hänger.

Auch beim Leeren auf dem großen Haufen bin ich noch mit dabei – ist doch Ehrensache. Ich zieh mir die blauen Handschuhe aus, schüttele Nadja zum Abschied die Hand. Sie sagt: "Mist, dass der Container noch nicht da ist. Da müssen wir das Zeug zwei Mal anfassen."

Benni Breitmaier zum Schluss: "Wir stehen extrem unter Druck. Das Gelände ist riesig, die Sammelei wirklich mühsam. Wir überlegen schon, ob wir nächstes Jahr Helfer einladen und für jede geleistete Arbeitsstunde einen Betrag an eine gemeinnützige Organisation spenden." Dann geht Breitmaier auf die Suche nach weiteren Helfern. Die Telefonbücher werden durchforstet.