Feinstaub-Problem: In Stuttgart ein Thema, in Horb eher nicht. Foto: Hopp

Trotz Kessel-Lage und viel Verkehr: Horb wir kein zweites Stuttgart. Messungen für dieses Jahr eingestellt.

Horb - In Stuttgart gilt derzeit fast jeden Tag Feinstaub-Alarm. Verantwortlich dafür: die Kessel-Lage und viel Verkehrsstau. Und das sind zwei Dinge, die prinzipiell auch für Horb zutreffen. Mit einem Feinstaub-Alarm ist dennoch nicht zu rechnen – obwohl die EU-Grenzwerte in Horb ebenfalls überschritten werden.

Die Pause war nur kurz: Zehn Tage lang galt bis zum vergangen Samstag in Stuttgart wieder einmal Feinstaub-Alarm, am Dienstag wurde er erneut ausgerufen. Dann gilt: Das Auto sollte stehen gelassen, Fahrgemeinschaften gebildet oder auf Bus und Bahn umgestiegen werden. Ein verbindliches Fahrverbot gibt es zwar noch nicht, darüber wird im Rathaus der Landeshauptstadt jedoch diskutiert.

Eine radikale Maßnahme, die jedoch ihren Grund hat: Die Europäische Union schreibt Grenzwerte für den Feinstaub-Gehalt in der Luft fest. Demnach darf der Tagesmittelwert bei höchstens 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft liegen. Dieser Grenzwert darf laut EU an 35 Tagen überschritten werden. Stuttgart liegt seit Jahren weit darüber.

Denn: Das Zentrum der Landeshauptstadt liegt in einem Talkessel. Bei ungünstigen, austauscharmen Wetterverhältnissen wird dadurch die Luftzirkulation erschwert; Feinstaub und Stickstoffdioxid bleiben regelrecht in der Stuttgarter Luft kleben.

Hinzu kommt das Verkehrschoas: Die baden-württembergische Landeshauptstadt ist die deutsche Stau-Hauptstadt. Laut dem Verkehrsdatenanbieters Inrix steht man in Stuttgart jedes Jahr 73 Stunden im Stau. Deutscher Durchschnitt: 38 Stunden.

Kessel-Lage? Viele Staus? Zwei Attribute, die ebenso für Horb zutreffen. Vor allem rund um die Christophorusbrücken kollabiert der Verkehr regelmäßig. Wer aus Richtung Osten über die B 32 in die Stadt kommt, muss an diesem Nadelöhr häufig mehrere Rot-Phasen an der Ampel warten, ehe er endlich über die Kreuzung kommt. Das produziert Feinstaub und Stickstoffdioxid.

Im Horber Rathaus ist die Problematik bekannt – und das seit Jahren. "Bereits im Jahr 2001 hat die Stadt Horb bei der Landesanstalt für Umweltschutz beantragt, Messungen zur Ermittlung der Schadstoffimmissionen vorzunehmen", erklärt die Rathaus-Pressesprecherin Tenzile Ezberci. 2006 schließlich führte die Landesanstalt vier Monate lang Messungen durch. Die gaben tatsächlich Anlass, in Horb etwas genauer hinzuschauen, weshalb in der Neckarstraße – nur einen Steinwurf von den Christophorusbrücken entfernt – eine Messanlage aufgebaut wurde. 2014 und 2015 nahm sie sogenannte Spotmessungen vor.

Landesansalt hat Messungen dieses Jahr eingestellt

Ergebnis: Auch im Bereich der Christophorusbrücken wurden 2014 die EU-Grenzwerte von höchstens 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft überschritten – allerdings laut Messung an nur zwei Tagen. Zulässig sind genau wie in Stuttgart 35 Tage. Und: "Der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid wurde laut Mitteilung der Landesanstalt für Umwelt nur auf einer Länge von rund 30 Metern überschritten", ergänzt Ezberci. In diesem Jahr hat die Landesanstalt daher die Messungen eingestellt.

Auch aus Sicht der Stadtverwaltung gebe es keinen Grund für das Ausrufen eines Feinstaub-Alarms in Horb, meint Ezberci, dennoch sei die Verkehrsbelastung unabhängig davon natürlich ein Problem. Umso größer sei die Freude, dass das Regierungspräsidium Karlsruhe im Dezember erklärt habe, weiter am Zeitplan des Planfeststellungsverfahren für die geplante Hochbrücke festhalten zu können. Die Brücke soll den Horber Kessel überspannen, sodass der Durchgangsverkehr nicht mehr durch die Stadt fahren muss.

Ezberci: "Wir rechnen mit dem Planfeststellungsbeschluss im Frühjahr 2017. Parallel starten schon jetzt die Bauwerksplanungen für den Brückenkörper. Die wichtigste Aussage im Gespräch mit dem Regierungspräsidium war wohl, dass die Finanzmittel durch den Bund zur Verfügung stünden."

Gute Nachrichten, die die Horber gelassen nach Stuttgart blicken lassen, wenn dort wieder der Feinstaub-Alarm ausgelöst wird.

Denn ein Ausflug in die Landeshauptstadt lohnt sich dann gleich doppelt: Fahrscheine kosten im VVS-Netz während des Feinstaub-Alarms nur die Hälfte.