Ein syrischer Flüchtling muss sich derzeit vor dem Hechinger Landgericht verantworten. Foto: Archiv

Prozessbeginn am Landgericht Hechingen nach Vorfall in Sigmaringer Lea. Alter des Angeklagten ungewiss.

Hechingen/Sigmaringen - Anstiftung zum Mord lautet die Anklage. Aber der Auftakt des Prozesses vor dem Landgericht Hechingen in dieser Sache nahm am Mittwoch einen holprigen Auftakt. Der Angeklagte ist Flüchtling. Und ob er schon erwachsen ist, das ist derzeit die Frage.

Anstiftung zum Mord – für so etwas droht nach dem Erwachsenenrecht bei einem Schuldspruch eine sehr lange Haftstrafe. Wesentlich mehr jedenfalls, als wenn nach Jugendstrafrecht geurteilt würde. Da liegt die Höchststrafe bei zehn Jahren.

In aller Regel ist vor einem deutschen Gericht klar, wie alt ein Angeklagter ist. Bei dem jugendlichen syrischen Häftling, der am Mittwoch auf der Anklagebank saß, gibt es hier aber Fragezeichen, die nun erst einmal geklärt werden müssen.

Und deshalb kam es nicht einmal zur Verlesung der Anklageschrift. So ist bislang nur bekannt, dass Vorfälle in der Landeserstaufnahmestelle in Sigmaringen zu der Anklage geführt haben. Hier lebte der junge Syrer zeitweise. Ob die Öffentlichkeit mehr erfahren wird, steht nicht fest. Würde er als Jugendlicher eingestuft, könnte der Prozess auch nichtöffentlich geführt werden.

Der junge Mann wirkte vor Gericht tatsächlich noch sehr jung. Dennoch wurde er in Fußfesseln in den Saal geführt. Zur Frage, wer er ist, gibt es widersprüchliche Dokumente. Nach einem Schriftstück wäre sein Herkunftsland Afghanistan. Er sei aber Syrer, versicherte der Angeklagte vor Gericht. Und sein Vater habe ihm gesagt, er sei am 1. Januar 1999 geboren. Dann wäre er noch minderjährig.

In einem Dokument aus den Akten des Bundesamtes für Migration (BAMF) steht als Geburtsdatum aber der 1. Oktober 1998. An diesem Datum orientiert sich auch der Haftbefehl. Was tun? Strafkammer, Rechtsanwalt und Staatsanwältin samt Dolmetscher und Vertreter des Jugendamtes begutachteten am Mittwoch die Kopie eines Fotos, das auf dem Handy des jungen Mannes gespeichert war. Es zeigt eine Seite aus einem Familienstammbuch. Das wiederum wurde in Handschrift ausgefüllt und ist schwer leserlich, wie der Vorsitzende Richter anmerkte.

Dolmetscher glaubt eine Neun zu erkennen

Der Dolmetscher war sich allerdings sicher, darauf die Jahreszahl 1999 als Geburtsdatum herauszulesen zu können. Die Zahl acht in arabischen Schriftzeichen sei mit einer neun nicht zu verwechseln. Der Richter hakte nach, ob der junge Syrer dem Gericht nicht irgendein Dokument im Original vorlegen kann. Er habe eine Bescheinigung seiner Geburt dabei gehabt, sie aber auf der Flucht verloren, berichtete der Angeklagte. Er räumte auch ein, die Polizei zumindest einmal belogen zu haben. Weil er nicht mehr zurück in die Jugendgruppe wollte, in der er untergebracht war, habe er sein Geburtsjahr selber mit 1998 angegeben.

Schließlich einigten sich Gericht, Staatsanwalt und der Rechtsvertreter des jungen Mannes darauf, dass der Dolmetscher versuchen soll, mit dem Vater Kontakt aufzunehmen, um Licht ins Dunkel über das Geburtsjahr zu bringen. Die Verhandlung wird am 12. August fortgesetzt.