Porsche-Logo: Die Dachgesellschaft Porsche SE erringt Etappensieg Foto: dpa

Die Entscheidung war absehbar, trotzdem ist die Erleichterung bei der Porsche SE groß. Das Landgericht Stuttgart hat die milliardenschwere Klage von 23 Anlegern abgelehnt. Ein wichtiges Signal für laufende Verfahren.

Stuttgart - Nach dem Urteil spricht Albrecht Bamler, Sprecher der Porsche SE (PSE), von einem „guten Tag“ für das Unternehmen und von einem „wichtigen Etappensieg“. Vielleicht war es sogar mehr als das. Die börsennotierte Beteiligungsgesellschaft PSE, die eine Mehrheit der VW-Aktien hält, sieht sich seit Jahren durch klagende Finanzinvestoren Forderungen von insgesamt rund 5,7 Milliarden Euro ausgesetzt. Im Stuttgarter Fall ging es um 1,36 Milliarden und damit einen der größeren Brocken. Das Landgericht Stuttgart hat mit seinem Urteil jetzt eine Richtung vorgegeben, der auch die anderen Gerichte folgen dürften.

Hintergrund des Justizstreits ist der Übernahmepoker um VW im Jahr 2008. Anleger der 23 klagenden Hedgefonds, darunter Namen wie Greenlight Capital, Glenhill Capital oder Global Viking, verloren in dieser Zeit sehr viel Geld. Sie hatten mit sogenannten Leerverkäufen auf fallende VW-Kurse gesetzt. Dabei verpflichtet sich ein Anleger, Aktien, die er nicht besitzt, zu einem späteren Zeitpunkt zu einem festen Kurs zurückzukaufen. Anstatt zu fallen, schoss der VW-Kurs bei Bekanntwerden der Übernahmepläne am 28. Oktober 2008 auf den historischen Höchststand von 1005 Euro. Viele Anleger mussten die Papiere daraufhin überteuert kaufen und machten riesige Verluste. Danach sackte der Kurs wieder ab.

Vor Gericht argumentierten die Hedgefonds, die für ihre riskanten Anlegestrategien bekannt sind, dass sie durch Pressemitteilungen und Telefonate der PSE falsch informiert worden seien. Um Spekulationen in den Medien entgegenzutreten, hatte Porsche am 10. März 2008 mitgeteilt, dass das Unternehmen keinen Anteil in Höhe von 75 Prozent an den VW-Aktien und damit eine Beherrschung des Unternehmens anstrebe. Am 26. Oktober 2008 wurde bekannt, dass sich Porsche den Zugriff auf 75 Prozent gesichert habe. Die Anleger warfen der PSE vor Gericht eine gezielte Falschinformation vor, da die Absicht der Übernahme schon zum Zeitpunkt der ersten Pressemitteilung bestanden habe.

Das Landgericht Stuttgart ist jedoch anderer Meinung und weist die Klage in allen Punkten ab. Und da das Medieninteresse groß ist, schiebt Carola Wittig, die Vorsitzende Richterin der 28. Zivilkammer, zur knappen Urteilsverkündung auch gleich eine erste Begründung hinterher – eigentlich eher unüblich in solchen Fällen.

Dabei musste sich das Gericht nicht einmal mit der Frage beschäftigen, ob die Übernahmepläne tatsächlich bereits zu einem Zeitpunkt bestanden, als sie öffentlich noch dementiert wurden. Selbst wenn eine Pressemitteilung als Marktmanipulation interpretiert werden könnte, so leite sich daraus nach dem Wertpapierhandelsgesetz kein Anspruch auf zivilrechtlichen Schadenersatz ab. Dem Charakter nach richte sich eine Medieninformation immer an eine breite Öffentlichkeit, nicht aber speziell an mögliche Anleger. Deshalb werde dieser auch ein weitaus geringeres Vertrauen entgegengebracht als etwa Pflichtmitteilungen börsenrelevanter Entscheidungen, sogenannten Ad-hoc-Mitteilungen. Aus Sicht des Gerichts sei Porsche im Frühjahr 2008 nicht verpflichtet gewesen, die unterstellte Beteiligungsabsicht offenzulegen.

Damit wurde auch ein weiterer möglicher Ansatzpunkt für die Klage, die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, verworfen. Öffentlichen Spekulationen über eine beabsichtigte VW-Übernahme sei kaum anders zu begegnen gewesen als durch ein Dementi, so das Gericht. Falschinformationen am Telefon habe es insofern nicht gegeben, da es dabei um Porsche ging, nicht aber um VW als dem die Aktien ausgebenden Unternehmen. Nur dieses müsse aber im Umgang mit möglichen Investoren erhöhte Sorgfalt walten lassen. Zudem verneinte das Gericht die Ursächlichkeit der Verlautbarung für die Anlageentscheidungen der Kläger. Diese hatten nämlich auch vor und nach der umstrittenen Presseerklärung vom März weiter die hochspekulativen Leerverkäufe getätigt.

Die Klägerseite, vertreten durch die internationale Kanzlei Emanuel Quinn, hat am Montag zur Urteilsverkündung nur einen Anwalt geschickt. Dieser wollte sich jedoch nicht dazu äußern, ob die Hedgefonds Rechtsmittel einlegen wollen. Neben Stuttgart sind noch viele weitere Klagen gegen die Porsche SE anhängig, zum Teil auch von einzelnen privaten Anlegern. Große Verfahren laufen etwa noch in Braunschweig und Hannover, kleinere in New York und London. Allein in den Verfahren vor dem Landgericht Braunschweig geht es um die Summe von rund 1,8 Milliarden Euro. Hinzu kommt noch ein Strafverfahren gegen die Ex-Porsche-Manager Wendelin Wiedeking und Holger Härter. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft Stuttgart Marktmanipulation vor. Wann und ob der Prozess beginnt, ist derzeit noch offen.