18 Uhr, Prognose: betretene Gesichter bei Norbert Beck (links) und CDU-Getreuen im Café Rundblick in Baiersbronn. Foto: Wiegert

Landtagswahl: Beck erzielt Direktmandat, ist aber dennoch frustiert. Kern ist im FDP-Vergleich sogar landesweit spitze.

Kreis Freudenstadt - Bei den Wahlpartys von CDU und SPD konnte am Sonntag von Partystimmung keine Rede sein. Es war eher der Abend der langen Gesichter. Dagegen herrschte bei der FDP und den Grünen große Freude.

Kopfschütteln und betretenes Schweigen, als CDU-Kandidat Norbert Beck im Baiersbronner Café Rundblick um kurz nach 18 Uhr im Kreis von Freunden und Familie die erste Hochrechnung verfolgt. "Ich hoffe, dass ich persönlich ein ordentliches Wahlergebnis habe", bangt Beck mit Blick auf den Erdrutsch seiner Partei auf Landesebene. Hart gekämpft habe er und auch CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf, meint Beck: "Der hat in den vergangenen fünf Monaten Übermenschliches geleistet", doch die Flüchtlingspolitik habe Landesthemen wie innere Sicherheit oder Bildung schlichtweg überstrahlt. Die Erfahrung musste auch Beck bei seinen Wahlveranstaltungen im Kreis Freudenstadt machen. "Jetzt müssen wir die Bundespolitik bei den Landtagswahlen ausbaden", interpretiert Beck den Sinkflug seiner Partei in der Wählergunst.

Später dann die Gewissheit: Mit 30,3 Prozent holt Beck wie erwartet das Direktmandat, doch auch er muss diesmal gegenüber der Wahl 2011 (45,8 Prozent) ordentlich Federn lassen. Von einer grün-schwarzen Landesregierung will Beck zumindest am Wahlabend nichts wissen: Die CDU als Juniorpartner der Grünen sei eine Kombination, die von der Parteibasis nicht gewollt sei: "Ich befürchte, dann haben wir es mit einer Welle von Parteiaustritten zu tun. Außerdem hat diese Rolle der SPD in den vergangenen fünf Jahren auch nicht gut getan", sagt Beck.

Ernüchterung auch bei den Genossen im Kreis um die SPD-Landtagskandidatin Uta Schumacher. Das Büfett im "blauen Haus" im Freudenstädter Christophstal will an diesem Abend manch einem nicht richtig schmecken. "Es ist ein erschreckender Spiegel der Wahrnehmung der Landespolitik in den vergangenen Jahren", kommentiert Uta Schumacher die Verluste ihrer Partei. Die Kernthemen der SPD hätte sie gerne mit einem Landtagsmandat weiter bearbeitet, doch neben all der Enttäuschung über den Wahlausgang (10,8 Prozent) spürt Uta Schumacher an diesem Abend auch Erleichterung: Wahlkampf und Schule unter einen Hut zu bringen, sei ein Kraftakt gewesen, sagt die Gymnasiallehrerin.

21.45 Uhr im Horber "Schiff". Timm Kern zeigt sein Siegerlächeln. Er hat nicht nur mit 13,5 Prozent sein Ergebnis im Landkreis Freudenstadt deutlich gesteigert: "Es sind fast alle Wahlkreise im Land ausgezählt. Landesweit habe ich bisher das beste Ergebnis." Und das heißt: Damit wird Kern auf jeden Fall wieder in den Landtag einziehen. Vor 18 Uhr war er noch nervös im Saal des Horber Gasthauses Schiff hin- und hergetigert. Denn das gute Gesamtergebnis der FDP war so vielleicht nicht zu erwarten. Doch Kern ballt um 18 Uhr die Fäuste und jubelt, als die erste Prognose veröffentlich wird.

Bei der Wahlparty der Grünen im Canapé in Dornstetten ist zuerst Zittern angesagt. Dann die erste TV-Prognose um 18 Uhr im SWR: 32 Prozent für die Grünen und Landtagskandidat Wolf Hoffmann sowie Kreisgeschäftsführerin Claudia Schmitt jubeln. Dann tritt Kretschmann im TV vor die jubelnden Anhänger. Er sagt: "Die Grünen sind stärkste politische Kraft im Land geworden." Die Grünen im Canapé klatschen begeistert. Zwar hat es für Hoffmann selbst nicht gereicht, aber die Freude über das gute Wahlergebnis seiner Partei überwiegt. 21,3 Prozent hat er erreicht, 4,8 Prozentpunkte mehr für die Grünen im Kreis als im Jahr 2011.

Ein Raunen gibt es bei allen Wahlpartys, als das Ergebnis der AfD bekannt gegeben wird. Roland Tischbein, Kandidat im Kreis, genießt seinen Erfolg daheim. Eine AfD-Wahlparty gibt es im Kreis nicht. Spät am Abend wird klar: Das gute Ergebnis von 17,6 Prozent reicht nicht für einen Sitz im Landtag.