Die Erlacher Höhe betreibt in Nagold schon lange den "Kreuzermarkt". Foto: Thomas Fritsch

Die Tafelläden im Kreis Calw erhalten im kommenden Jahr erstmals vom Landkreis Unterstützung für ihre Arbeit. Ein entsprechender Antrag der SPD-Fraktion passierte jetzt den Bildungs- und Sozialausschuss (BSA) des Kreistags. Finanziert wird die Förderung aber aus Spenden.

Kreis Calw - Was denn SPD-Kreisrat Lothar Kante als Wortführer seiner Fraktion im BSA offensichtlich doch ein wenig irritierte: "Was passiert, wenn Sie keine Sponsoren finden?", ging seine etwas ungläubige Frage an den scheidenden Sozialdezernenten des Landkreises, Norbert Weiser, von dem der ungewöhnliche Finanzierungsvorschlag stammte. Der wiederum ließ keinen Zweifel an seinen diesbezüglichen Überredungskünsten: "Die finde ich!", stellte Weiser klar.

Doppelt soviel wie ursprünglich von der SPD gewünscht

Geplante 30000 Euro – damit sogar doppelt soviel wie im ursprünglichen SPD-Antrag gefordert – will der Landkreis auf diese Weise einsammeln. Gehen soll das Geld zu einem Drittel an die Erlacher Höhe, zu Zweidrittel an die Caritas im Kreis, je als Träger von eigenen Tafelläden. Die Summe entspreche, so Norbert Weiser, dem aktuellen Abmangel der beiden Träger für den Betrieb ihrer Tafelläden. Die evangelische Kirche, beziehungsweise die von dieser getragenen Diakonie, bräuchte nach deren Angaben als weiterer Träger eines Tafelladens im Landkreis aktuell keine solche Unterstützung.

Tafelladen in Bad Herrenalb "schlicht vergessen"

Nicht berücksichtigt in der aktuellen Förderrunde sei nach Auskunft von Weiser der Träger des Tafelladens in Bad Herrenalb. Den habe er bei seinen Anfragen "schlicht vergessen" zu kontaktieren; als er das dann noch vor der BSA-Sitzung nachholen wollte, habe er diesen nicht erreichen können, so Weiser in seinen Erläuterungen. Das sei auch der Grund, warum man in dieser Runde die Förderung – noch – nicht in den Kreishaushalt aufnehme, sondern versuche, die zugedachte Summe durch externe Sponsoren aufzufangen. So wolle man keine Ungerechtigkeit im Haushalt einflechten. Für künftige Förderrunden solle dann auch rechtzeitig in Bad Herrenalb der Bedarf abgefragt werden. Und der dann ermittelte gesamte Betrag in künftige Kreishaushalte aufgenommen werden. Es dürfe keinen offiziellen, formalen "Kreis-Entscheid ohne Bad Herrenalb" geben, so Weiser.

Nicht bedürftig, sondern einfach nur geizig?

Ohne eigentliche Abstimmung stimmten die Mitglieder des BSA dieser von der Verwaltung vorgeschlagen Vorgehensweise zu. Allein Bernd Walz (FWV-Fraktion) "fremdelte" ein wenig mit dem SPD-Antrag. Walz sieht aus seinen persönlichen Erfahrungen einen Möglichkeit zum "Missbrauch" der Tafelläden durch Menschen, die nicht bedürftig, "sondern nur geizig" seien. Das mochte er nicht auch noch durch Mittel des Kreises unterstützt sehen. Dem widersprach neben verschiedenen Kreisräten wie Erich Grießhaber (Grüne/Bündnis 90) auch Sozialdezernent Norbert Weiser vehement: Es gebe ein klares Reglement aller Betreiber von Tafelläden, die solchen Missbrauch verhinderten – zum Beispiel, indem sich Besucher von Tafelläden als Sozialhilfe-Bezieher ausweisen müssten. Dafür würden spezielle Bezugsscheine vom Sozialamt des Landkreises ausgestellt.

Deutlich mehr "Kundschaft" zu versorgen

Allerdings sei es tatsächlich so, dass durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, mehr noch aber durch den Krieg in der Ukraine und den damit verbundenen großen Flüchtlingsstrom auch in den Kreis Calw, die Tafelläden und Sozialkaufhäuser heute deutlich mehr "Kundschaft" zu versorgen hätten als noch vor ein paar Jahren. Landrat Helmut Riegger berichtete im BSA von einem Besuch auf dem Calwer Marktplatz, wo er sich "über die lange Menschenschlange" vor einem angrenzenden Gebäude sehr wunderte – und sich von dem ihn begleitenden Sozialdezernenten darüber aufklären lassen musste, dass das die Warteschlange eben vor dem dortigen Tafelladen sei. "Das hat mich doch sehr beeindruckt!"

Auswirkungen der hohen Inflation und der explodierenden Preise

Hinzu kämen zu den genannten Herausforderungen für die Tafelläden ganz aktuell noch die Auswirkungen der hohen Inflation und der explodierenden Preise für Energie und Treibstoffe, die natürlich auch die Tafelläden träfen. Gleichzeitig seien auch, wie es im ursprünglich SPD-Antrag dazu heißt, "die Umfänge der Warenspenden, vor allem von haltbaren Lebensmitteln, deutlich zurückgegangen. Ein weiteres Problem sei dann auch noch "ein Ausfall an Helferinnen und Helfer", was ganz allgemein zu einer erheblichen "Überlastung der ehrenamtlichen Strukturen" geführt habe. Auch deshalb machte Lothar Kante für seine Fraktion zum Abschluss der Diskussion klar: "Wir brauchen langfristig Verlässlichkeit und Kontinuität" für die Unterstützung der Tafelläden, ohne die viele Menschen nicht "über die Runden" kämen.

Ein erster Einstieg

Wenn die jetzige Förderung der Tafelläden im Kreis aus Spenden "ein erster Einstieg" in deren langfristige Finanzierung und Sicherung sei, wolle man dem gerne folgen. "Aber wir werden das Thema im nächsten Jahr wieder auf die Tagesordnung heben" – und die fixe Aufnahme in den Kreishaushalt erneut beantragen.