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Unbekannte haben an einer Bahn-Haltestelle in Stuttgart-Zazenhausen einen Fahrkartenautomaten gesprengt, um an das Bargeld zu kommen. Die Polizei hat keine heiße Spur von den Tätern. In letzter Zeit betätigen sich an Bahnstrecken immer öfter Automatenknacker als rücksichtslose Sprengmeister.

Stuttgart - Die Wucht der Explosion ist gewaltig. Der Fahrkartenautomat der Bahn ist komplett zerstört, Teile des Geräts wurden bis auf die Gleise geschleudert. Unbekannte Automatenknacker haben am frühen Mittwochmorgen am Haltepunkt Zazenhausen im Norden Stuttgarts zugeschlagen. Zur Höhe der Beute kann die Polizei noch keine Angaben machen, der Schaden beträgt mehrere Tausend Euro. Der Automat dürfte wohl mit Gas gesprengt worden sein – eine Methode, die in Stuttgart in den letzten Monaten auch schon an Geld- und Zigarettenautomaten praktiziert wurde.

Der Angriff der Automatenbomber fiel am Mittwoch um 4.35 Uhr auf: Die Notfall-Leitstelle der Bahn registrierte eine Störungsmeldung, als der Apparat in Brand geriet. Die Feuerwehr rückte zur Haltestelle Zazenhausen aus, die unter einer Brücke der Mönchfeldstraße zwischen Rot und Freiberg gelegen ist. Gelöscht werden musste aber nicht mehr. Den Beamten der Bundespolizei bot sich am Tatort ein Bild der Zerstörung: Die Front des Automaten war herausgerissen, Metallteile lagen weit verstreut herum.

Die Regionalbahn hält nur selten

Welche Beute die Täter erwarteten, ist völlig unklar: Die Strecke gilt nicht gerade als belebter Umschlagplatz für Bahnreisende. Hauptsächlich fahren Güterzüge auf der sogenannten Schusterbahn, einst wegen den Salamanderwerken in Kornwestheim so benannt. Personenverkehr findet kaum statt: Einzig die Regionalbahn R 11 zwischen Untertürkheim und Kornwestheim hält hier werktags. Allerdings nur dreimal morgens und dreimal am Nachmittag, jeweils in beiden Richtungen. Berufspendler nutzen gerne diese schnelle Direktverbindung von Stuttgart ins Neckartal nach Untertürkheim – weil es keinen Umweg über den Hauptbahnhof gibt.

Viel Geld dürfte der Automat nicht geschluckt haben. „Der Bargeldumsatz an dieser Stelle ist vergleichsweise gering“, so ein Sprecher der Bahn AG, „außerdem zahlen Fahrgäste zunehmend mit EC-Karten.“ Die Kassette mit dem Münzgeld blieb laut Polizei unversehrt. „Allerdings dürften die Täter die vorhandenen Geldscheine erbeutet haben“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer. Der Bahnsprecher kündigte an, dass bald ein Ersatzgerät aufgestellt werden soll. Der beschädigte Automat wurde schon am Mittwoch abgebaut.

Ähnliche Fälle in Hessen und Niedersachsen

Offenbar kam es den Tätern auch eher auf den abgelegenen Standort an. Dies entspricht der Handschrift weiterer Fälle, die sich in den vergangenen Tagen und Wochen hauptsächlich in Hessen und Niedersachsen abgespielt haben. Am letzten Samstag etwa flog ein Fahrkartenautomat in Runkel-Arfurt in die Luft, eine Station im hessischen Kreis Limburg an der Lahn. Vier Tage zuvor, am 30. August, wurde in Handeloh im Kreis Harburg in Niedersachsen ein Ticketautomat der Bahn gesprengt. Weitere Fälle im August gab es in Hessen in Darmstadt und im Kreis Wetterau-Friedberg.

Dabei begeben sich die Täter oft auch selbst in Lebensgefahr. In Wittighausen im Main-Tauber-Kreis kam 2013 ein 47-Jähriger ums Leben, als der Automat zu früh explodierte. Der Fall sorgte für Schlagzeilen, weil die Komplizen seine Leiche 120 Kilometer vom Tatort entfernt entsorgten. Die beiden wurden deshalb vor wenigen Wochen zu einer Haftstrafe bis zu sechs Jahren und acht Monaten verurteilt.