DJ Benjamin Haas Foto: Max Kovalenko/PPF

DJ Benjamin Haas erzählt übers Plattenauflegen, Partys in Singapur und Hip-Hop aus Stuttgart.

Stuttgart - Er ist kein Profi, der Nacht für Nacht auflegt. Dennoch hat DJ Benjamin Haas einen landesweiten Wettbewerb gewonnen. Und von Kollege Schowi von den Massiven Tönen den Ritterschlag bekommen. „Wirklich erfrischend“ sei der Mix von Haas. Wir sprachen mit ihm übers Plattenschleppen und Auflegen.


Herr Haas, Sie sehen fit aus. Kommt das vom Plattenschleppen?
Ich muss keine Platten mehr schleppen. Früher musste man zwei Kumpels um Hilfe bitten, um die Kisten mit den Platten zu tragen. Heute reicht ein Laptop.

Und man kauft auch nicht mehr im Plattenladen?
In Stuttgart gibt es ja keinen mehr, bei dem man Hip-Hop-Platten bekommt. Ich lasse mir per Versand manches schicken. Aber klar, das meiste kaufe ich bei i-Tunes im Internet. Außerdem gibt es auch viel Gema-freie Musik auf Soundcloud und Bandcamp. Früher musste man das Album kaufen oder zumindest die Maxi.

Ein Lied digital zerlegt auf MP3 statt auf Vinyl?
Natürlich haben Platten mehr Flair. Man hat ein Cover, man kann sie anfassen, hat etwas in der Hand. Aber bei einer Anlage im Club hören Sie keinen Unterschied, ob die Musik von der Platte kommt oder vom Laptop.

Aber Sie fuchteln doch immer noch mit den Händen herum?

Ich habe immer noch zwei Plattenspieler, auf denen Platten liegen. Mit denen steuere ich den Computer, und ich kann immer noch scratchen.

Scratchen? Sie kratzen die Platte?

Frei übersetzt ja, aber das ist im Hip-Hop auch nicht ganz neu.

Und die Platten sind hinüber?

Heute nicht mehr. Aber meine alten Platten haben etliche Kratzer. Das passiert. Deshalb kaufte man die Lieblingsscheiben auch zweimal. Einmal fürs Auflegen, und die zweite fürs Regal daheim.

Andere sammeln Briefmarken, Sie Platten?

Immer noch besser als Schmetterlinge . . .

Was bekommt man so?

Das kommt sicherlich auf den Club und das Genre, das bedient wird, an. Wer schnell und leicht Geld verdienen will, sollte besser was anderes machen.

Wieso?

Den Großteil der Arbeit sieht man nicht. Sie suchen und hören Musik, tüfteln herum, probieren aus, mixen und testen, was funktionieren könnte.

Und funktioniert es?

Meistens. Jeder hat seinen Stil, und ich spiele gerne Instrumental-Hip-Hop und Sachen, die nicht jeder kennt. Und ich freue mich auch, wenn jemand fragt, was das ist. Ist doch schön, wenn ich die Leute neugierig mache. Um mal die Mär vom DJ zu widerlegen, den man bloß nicht ansprechen darf. Natürlich gehe ich aufs Publikum ein, aber ich will mich nicht verbiegen.

„Ich freue mich, dass die Leute Stuttgart auf dem Schirm haben“


Lagen Sie mal komplett falsch?

Ich war mal für ein Event bei einem Motocross-Rennen gebucht. Ich habe aufgelegt und gleich gemerkt, das passt nicht. Schließlich kam einer und sagte: Das geht ja gar nicht, was du da auflegst. Hast du AC/DC oder ein bisschen was Fetzigeres? Die wollten Rock hören und nicht Hip-Hop.

Was macht man da?
Zähne zusammenbeißen und seine Sache durchziehen. Auch wenn es keinen Spaß macht. Seither wurde ich aber für kein Motocross-Rennen mehr gebucht.

Darf man sich denn was wünschen, wenn es kein AC/DC ist?

Klar. Wenn es ein guter Song ist.

Und Sie entscheiden, was ein guter Song ist?
Ja. Wenn es komplett anders ist als die Sachen, die ich sonst spiele, habe ich es sowieso nicht dabei.

Auch Cro nicht?

Spiele ich, wenn’s reinpasst. Man baut ja einen Spannungsbogen auf, rauf und runter, schnell und langsam, steigert die Geschwindigkeit. Ich versuch das schon: Die Jungen wollen ihn hören. Er ist aus Stuttgart, die Songs sind gut. Warum nicht? Ich freue mich, dass die Leute Stuttgart auf dem Schirm haben.

So wie früher, als Sie angefangen haben, Musik zu hören?

Ich bin in Bad Saulgau aufgewachsen, und da war der Hip-Hop-Hype um die Kolchose und Hamburg groß. Wir sind auch öfter nach Stuttgart in den 0711-Club gefahren.

Also haben Sie für sich selbst Musik gemacht?

Am Anfang klar, ich habe mir eine Einsteigeranlage gekauft und dann rumprobiert. Das war am Anfang recht planlos, aber es ist besser geworden.

Sogar so gut, dass Sie in Singapur aufgelegt haben?
Da habe ich studiert. Und meine Anlage auf die Reise mitgenommen. Und nebenbei aufgelegt. Das war klasse. Singapur ist ein Schmelztiegel mit unheimlich viel Energie. Die Leute sind entspannt, stehen nicht nur da und nicken mit dem Kopf. Und sie sind neugierig. Dort habe ich unheimlich viele neue Sachen aus den USA und England gehört.

Was muss man gerade hören?
Ich mag gerade „Stolen Dog“ von Burial, „Jasmine“ von Jai Paul oder „Blankoscheck“ von Hiob.

Was ist eigentlich das Peinlichste, was einem DJ passieren kann?

Musik aus – ja, ja die Technik . . .