Mit einem "Tanz aus der Grundschule" beteiligten sich die neuen Fünftklässler am Programm. Foto: Köncke

Sechs Fünftklässler mit erhöhtem Förderbedarf besuchen im neuen Schuljahr das Altensteiger Christophorus-Gymnasium. Für den Beauftragten der Bundesregierung, Jürgen Dusel, ein vorbildliches und beispielgebendes Projekt, das nun vorgestellt und mit Ansprachen von Ehrengästen gewürdigt wurde. Schauspieler Nico Randel wurde zugeschaltet.

Altensteig - Oberstudiendirektor Frank Weigand ging in seiner Begrüßung auf die Vorgeschichte ein. Bis zur vierten Klasse wurden die Schüler mit Down-Syndrom vom Bildungshaus Walddorf in Kooperation mit der staatlichen Karl-Georg-Haldenwang-Schule für Behinderte in Sommenhardt unterrichtet. Aufgrund überdurchschnittlicher Leistungen sei von Eltern der Wunsch laut geworden, anschließend auf ein Gymnasium zu wechseln, um den erfolgreich begonnenen Weg, an dem Rektor Bernd Zachrich einen großen Anteil hatte, fortzusetzen.

Die Bitte habe man erfüllt, weil am Christophorus-Gymnasium seit jeher ein von gegenseitiger Wertschätzung getragenes Leitbild praktiziert werde. Die ersten Schulwochen hätten aber auch gezeigt, dass die Zusammenarbeit "Zeit und Absprachen" brauche.

Ähnlich äußerte sich Sara Kaupp. Sie war Lehrerin in Walddorf und hat zusammen mit dem Schulleiter in Sommenhardt, einem Stadtteil von Bad Teinach-Zavelstein, die Umsetzung für das Gymnasium konzipiert.

Jürgen Dusel ist Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Dass er sich aus Berlin auf den Weg gemacht habe, ist für Weigand keineswegs selbstverständlich. Bevor Dusel darauf zu sprechen kam, dass für ihn Inklusion und Demokratie zusammengehören, gewährte er einen Einblick in sein persönliches Leben. Weil er nur noch über ein Sehvermögen von einem bis zwei Prozent verfügt – und im Foyer des Gymnasiums zum Rednerpult geführt werden musste – sei er zunächst in einer Sonder- und erst später in einer Regelschule unterrichtet worden, habe später das Abitur bestanden und in Heidelberg studiert.

In Deutschland gebe es 13 Millionen Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen. Dass sich das Christophorus-Gymnasium auf die Beschulung von Kindern mit verändertem Erbmaterial einlasse und bereit sei, sie zu fördern, sei vorbildlich. Ausdrücklich wies er in seiner Ansprache darauf hin: "Behinderte haben die gleichen Rechte wie alle anderen und Anspruch auf Teilhabe am gesellschaftlichen und öffentlichen Leben." Tolle Gesetze zu erlassen genüge nicht, es brauche das Bewusstsein und die Überzeugung der Öffentlichkeit, "dass jeder Mensch etwas gut kann".

Nicht persönlich anwesend, sondern per Zoom zugeschaltet wurde Nico Randel und von Weigand interviewt. Der Schauspieler leidet am Down-Syndrom. Er hat in mehreren Filmen mitgewirkt ("Extraklasse", "Alles ist gut", "Be My Baby") und spielt Theater. Auf Nachfrage schilderte der 33-Jährige seinen persönlichen Lebensweg und beruflichen Werdegang und dass er seit drei Jahren mit der ebenfalls unter Trisomie 21 leidenden Französin Nathalie Detreux zusammen sei. Zum Schluss rief Randel die betroffenen und alle anderen Schüler des Gymnasiums dazu auf, fleißig zu lernen.

Engagierte Elterntreffen aufaufgeschlossene Lehrer

Für Andrea Klumpp war vor wenigen Monaten noch nicht klar, dass sie und die anderen Kinder mit diesem Syndrom als Außenklasse im Altensteiger Gymnasium aufgenommen werden, zumal sich das Kollegium der Haldenwang-Schule zurückhaltend geäußert hätte. "Das war für uns nicht in allen Punkten zu akzeptieren." Im Altensteiger Gymnasium könnte der Nachwuchs das vorhandene Bildungspotenzial voll entfalten und Kompetenzen vertiefen, die im späteren Leben eine aktive Teilhabe in der Gesellschaft ermöglichten. Zuletzt bedankte sie sich bei Schulleiter Weigand, "der unseren Herzenswunsch zu seinem Projekt gemacht hat". Das CGA sei eine der wenigen Gymnasien in Baden-Württemberg, die eine solche Außenklasse führten.

Schuldirektor Andreas Wronka vom Regierungspräsidium Karlsruhe – anwesend war bei der Feier im Foyer auch der Leiter des Staatlichen Schulamtes Pforzheim, Volker Traub – erläuterte das Genehmigungsverfahren zur Einrichtung von kooperativen Organisationsformen und dass die Inklusion seit 2015 im Schulgesetz Baden-Württemberg verankert sei. Am Christophorus-Gymnasium habe man die Aufgabe und Herausforderung lösungsorientiert angegangen. Engagierte Eltern seien an die Schule herangetreten und auf ein aufgeschlossenes Lehrerkollegium gestoßen. Die schulischen Gremien des CGA hätten dem Vorhaben zugestimmt, so dass ein gemeinsamer Unterricht von Pädagogen der Haldenwang Schule und des Gymnasiums erteilt werden könne.

Christopher Rocha und Eva Raible erzählten Anekdoten aus ihrer bisherigen Grundschule in Walddorf, erinnerten an Ausflüge und von der Aufregung, als ein Klassenkamerad fehlte. Die Klasse 5a und 5a-plus unter Englischlehrerin Karin Engesser und die 6c unter Leitung von Michael Nonnenmann sangen jeweils ein beschwingtes Lied. Schüler der 5a – ihr Klassenlehrer ist Julian Kurth – drückten in Bildern und Worten aus, "was wir uns für dieses Schuljahr wünschen".

Eingerahmt wurde die Projektveranstaltung, bei der Dusel und Randel die Schirmherrschaft übernehmen werden, mit musikalischen Beiträgen des Schulorchesters unter Leitung von Jutta Hay und von Michael Nonnenmann am Klavier.

Zwischendurch machte sich auch der künftige Schulhund "Fritz" von Claudia Bertram-Schuler bemerkbar.