Am neuen Standort in Nagold sollen bereits ab dem kommenden Dezember die ersten Batterie-Gehäuse gefertigt werden. Foto: Boysen

Geschäftsführer Rolf Geisel vermeldet für 2023 einen Umsatz in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Ende dieses Jahres erfolgt der Einstieg ins Neugeschäft mit Batteriegehäusen.

Die in Altensteig ansässige Boysen-Gruppe hat im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz in Höhe von 3,4 Milliarden Euro erzielt und damit den Vorjahreswert um rund 100 Millionen Euro gesteigert. Beflügelt wird das neuerliche Wachstum laut einer Pressemitteilung des Unternehmens im Stammgeschäft Abgastechnik durch den Gewinn des zweiten Großauftrags zur Fertigung von Batteriegehäusen für Elektrofahrzeuge, womit Geschäftsführer Rolf Geisel die Unternehmensgruppe im Zuge der technologischen Transformation „auf einem guten Kurs“ sieht.

Investitionen „Seit 2020 haben sich die Krisenszenarien mit jedem Jahr weiter verschärft, und die Folgen innerhalb der Automobilbranche sind teils verheerend. Selbst namhafte Zulieferer müssen Standorte schließen und massenhaft Stellen kürzen. Wir haben bei den Beschäftigten um knapp 100 auf aktuell 5300 zugelegt und wachsen weiter – künftig auch in neuen Geschäftsfeldern“, verweist Geisel darauf, dass „die Investitionen des Jahres 2023 mit 165 Millionen Euro einen neuen Rekordwert in unserer über 100-jährigen Unternehmensgeschichte darstellen.“ Für 2024 rechnet der Geschäftsführer schließlich mit 200 Millionen Euro, „die wir in unsere Zukunft investieren werden.“

China In diesem Zusammenhang nennt Geisel vier Großprojekte, mit denen sich die Zahl der Boysen-Standorte weltweit auf 30 erhöhen wird: Seit vergangenem Herbst fertiggestellt ist das neue Werk in Tianjin. Am nunmehr vierten Boysen-Standort im Dauerwachstumsmarkt China wurde vor einem Monat die Serienfertigung von Nfz-Abgassystemen für den Kunden Daimler Truck aufgenommen.

Boysen-Chef Rolf Geisel legt eine echte Expansionsbilanz vor (Archivbild) Foto: Metzler

Ungarn Aktuell noch im Bau ist das neue Werk im ungarischen Nyíregyháza, in dem Boysen ab Ende dieses Jahres erstmals keine Abgastechnik, sondern ausschließlich Batteriegehäuse für die E-Fahrzeuge der neuen Klasse von BMW produzieren wird. Für Geisel steht das bislang größte Auslandswerk sinnbildlich „für den ersten entscheidenden Meilenstein auf unserem Transformationsweg“.

Nagold Den zweiten Meilenstein setzt die Boysen-Gruppe in Nagold, wo seit Ende 2023 das zweite reine Batteriegehäuse-Werk – in diesem Fall für Mercedes-AMG – entsteht. Auch hier sollen bereits ab dem kommenden Dezember die ersten Gehäuse gefertigt werden. „Dieser Auftrag ist für uns von großer Bedeutung, weil wir mit dem neuen Produktionswerk in Nagold gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Arbeitsplatzsicherung an unseren heimischen Fertigungsstandorten im Landkreis Calw leisten“, so Geisel.

Simmersfeld Aufgrund der Fortschritte im Batteriegeschäft wurden die Planungen für das neue BAK Entwicklungszentrum in Simmersfeld, das im kommenden April in Betrieb geht, entsprechend angepasst.

Wichtiger Mitspieler in einem völlig neuen Markt

„Statt uns in Simmersfeld wie ursprünglich geplant rein auf Wasserstofftechnologien zu konzentrieren, werden wir dort auch unser Leistungsspektrum im Bereich der Batteriegehäuse-Entwicklung bündeln und signifikant ausbauen“, erklärt Geisel und ergänzt: „Innerhalb eines Jahres haben wir uns mit dem Gewinn von zwei Großaufträgen zu einem wichtigen Mitspieler in einem völlig neuen Markt entwickelt. Dies wiederum eröffnet uns weiteres Umsatzpotenzial, zum Beispiel durch die Aufrüstung zu kompletten Batteriesystemen.“ Als weitere Schwerpunkte in Simmersfeld nennt der Geschäftsführer die Entwicklung von Brennstoffzellen-Anwendungen und von Redox-Flow-Stacks.

Energiepark Derweil hat Rolf Geisel das nächste Großprojekt bereits fest vor Augen: Ebenfalls in Simmersfeld soll ein Energiepark mit fünf Windrädern der neuesten Generation entstehen, wobei der Unternehmenslenker pro Jahr mit 70 Millionen Kilowattstunden grünem Strom rechnet.

Abtrennung von Kohlendioxid aus dem Rohbiogas

Zudem geplant ist der Bau einer Biogasanlage: „Hier richtet sich unser Augenmerk auf die Abtrennung von Kohlendioxid aus dem Rohbiogas. Einerseits erhöht sich dadurch der Brennwert des Gases, andererseits können wir das gewonnene, reine CO2 als wesentlichen Bestandteil für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe nutzen. Weiteres CO2 werden wir mittels Direct Air Capture direkt aus der Umgebungsluft gewinnen und damit einen weiteren Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen leisten. In Ergänzung dazu forcieren wir an unserem Innovationszentrum in Nagold die Entwicklung von Tanksystemen für flüssigen und gasförmigen Wasserstoff.“

Geisel rechnet erstmal mit einem Umsatzrückgang

Umsatz Beim weiteren Ausblick auf 2024 rechnet Geisel erstmals in seiner fast 40-jährigen Ära als Geschäftsführer der Boysen-Gruppe mit einem Umsatzrückgang: „Durch den massiven Zerfall der Preise für Edelmetalle wie Rhodium und Platin, die wir in unseren Katalysatoren einsetzen, wird der Gruppenumsatz wohl bis zu 400 Millionen Euro rückläufig sein. Die Wertschöpfung wird jedoch weiter wachsen. Entsprechend unserer Planungen werden 2024 und 2025 Aufbaujahre mit weiteren hohen Investitionen sein. Ab 2026 gehen wir mit Blick auf das Hochlaufen der neuen Standorte wieder von weiterem erheblichen Wachstum aus.“ Geisels Vorgabe der vergangenen Jahre bleibt unverändert: „Mit herausragender Arbeit und weiterem Wachstum in unserem Stammgeschäft Abgastechnik schaffen wir die Basis für wichtige Investitionen in neue Geschäftsfelder.“

Herausforderung Rückblickend hat die Boysen-Gruppe im Jahr 2023 ihre Ergebnisziele trotz aller Herausforderungen in einem schwierigen Umfeld erreicht. „Dahinter stecken harte Arbeit und hoher Einsatz unserer Mitarbeiter weltweit. Neben den vielfältigen Krisenszenarien auch noch eine komplette Transformation aus der eigenen Finanzstruktur heraus zu gestalten, wird weiterhin die größte Herausforderung für unsere Unternehmensgruppe sein“, so Geisel. „Wir sehen uns jedoch auf einem guten Weg.“