Kein Platz mehr frei: Das Restaurant "Apfelbaum" war rundum besetzt, das Interesse der Bürger groß. Foto: Eyrich

"Schluss mit Zentralismus": Bürger wollen Klinik in Albstadt erhalten. Initiator ist Heilpraktiker Heinz Kasik. Mit Kommentar.    

Albstadt - Schlagkräftige Sachargumente für den Erhalt der beiden Standorte des Zollernalbklinikums haben am Freitagabend nicht nur Albstädter gesammelt – und die "Bürgerinitiative pro Krankenhaus in Albstadt" formiert.

Kein Platz war mehr frei im Restaurant "Apfelbaum", wo Initiator Heinz Kasik angesichts zahlreicher und namhafter Teilnehmer aus Albstadt und dem Umland die Gründung der "Bürgerinitiative pro Krankenhaus in Albstadt" leitete. "Eine Optimierung ist notwendig und machbar", kommentierte der Heilpraktiker das kürzlich vom Kreistag in Auftrag gegebene Medizinkonzept, welches das Zollernalb-Klinikum zukunftsfähig machen soll. Mit Blick auf Tendenzen in Landratsamt und Kreistag, wichtige Disziplinen aus Albstadt abzuziehen, betonte er aber: "Ein Partner, der nur nimmt, ist kein Partner. Wir haben bisher nicht nur immer mehr abgegeben, sondern auch noch dafür bezahlt."

Oberbürgermeister Klaus Konzelmann dankte Kasik für seine Initiative, welche die Bemühungen der Stadt Albstadt flankieren soll: Sie sammelt Stimmen für den Erhalt der beiden Standorte Albstadt und Balingen – im Internet unter www.albstadt.de und ab Montag auf Unterschriftenlisten in Geschäften. Konzelmann hat Unternehmer und Bürgermeister im Umland angeschrieben und erklärte, dass die Fraktionsvorsitzenden Im Gemeinderat, die er am Mittwoch versammelt hatte, die Bürgerinitiative unterstützten – "es soll ja eine ›Bürger-Initiative‹ sein".

Mehrere Mediziner meldeten sich zu Wort: Kurt Moosmann wies auf die lebenswichtige Bedeutung der Nähe zu einem Krankenhaus hin. Für Albstadt mit seinen Höhenlagen und vor allem im Winter schwierigen Verkehrsbedingungen sei sie besonders wichtig. Walter Spengler warnte, der Verlust einer so wichtigen Infrastruktureinrichtung könne Bevölkerungsschwund und Fachkräftemangel fördern. Thomas Voelter hat recherchiert, dass die Behauptung, alle Ärzte des Klinikums sprächen sich für ein Zentralklinikum Balingen aus, falsch sei: "Nachgeordnete Ärzte sind nicht befragt worden."

Auch die Klinik-Mitarbeiter, für die Betriebsratsvorsitzender Frank Hipp und sein Stellvertreter Peter Schieron sprachen, seien für den Erhalt beider Standorte, zumal andernfalls – wie nach der Schließung des Krankenhauses Hechingen – wohl viele Patienten abwandern würden und die Wirtschaftlichkeit gefährdet sei: "1000 Patienten, die fehlen, stehen für drei Millionen Euro Defizit." Zudem sei es baulich enorm problematisch, das Klinikum Balingen auszubauen.

Politische Unterstützung signalisierten CDU-Fraktionschef Roland Tralmer im Namen seiner Gemeinderatskollegen, Elke Rapthel vom Wahlbündnis ZUG, der Linken-Kreisrat Andreas Hauser aus Oberdigisheim sowie SPD-Stadt- und Kreisrat Martin Frohme, aber auch Ramon Binder vom Handels- und Gewerbeverein Albstadt-Ebingen namens des Einzelhandels. Die Entscheidung gegen den Neubau eines Zentralklinikums zwischen Albstadt und Balingen vor zehn Jahren durch einen "noch größeren Fehler zu reparieren", sei falsch, sagte Tralmer und appelliert an alle Mitstreiter: "Wir dürfen uns keine Reibungsverluste leisten."

Die Zusammensetzung des Gremiums, das die Bürgerinitiative führt, ist entsprechend überparteilich: Ihm gehören die Gemeinderats-Fraktionschefs Roland Tralmer (CDU), Manuela Heider (Freie Wähler), Elmar Maute (SPD) und Andreas Laib (Grüne), SPD-Stadträtin Marianne Roth, die Ärzte Thomas Voelter, Lennart Spengler und Kurt Moosmann, Nils Maute von den Jusos und Initiator Heinz Kasik an, der einen Erweiterungsbau am Klinikum Albstadt forderte und sich gegen eine weitere Zentralisierung wichtiger Infrastruktureinrichtungen in Balingen aussprach.

Bewegend war der Appell von Neubürgerin Jutta Nill, die mit ihrem Mann bewusst nach Ebingen gezogen ist: "Im Krankenhaus Tübingen ist man nur eine Nummer – man sollte viel mehr Werbung dafür machen, was die Klinik hier bietet." Eine Bekannte habe erst kürzlich hervorragende Behandlung in Albstadt erfahren. "Wir sind älter – und dass es hier ein so gutes Krankenhaus gibt, war einer der Gründe, hierher zu ziehen – neben der guten Luft."

Kommentar: Verheißungsvoll

Von Karina Eyrich

Die "Bürgerinitiative pro Krankenhaus in Albstadt" bietet eine doppelte Chance: Wenn sie besonnen vorgeht, kann sie es schaffen, Erfolge zu zeitigen, ohne die Interessen Albstadts und Balingens gegeneinander auszuspielen. Ein ebenso großer Erfolg wäre es, wenn es gelänge, gemeinsam für den Erhalt eines Krankenhauses in der größten Stadt des Kreises zu kämpfen, ohne dabei parteipolitische Kämpfe auszutragen.

Der Verlauf der Gründungsversammlung war diesbezüglich außerordentlich vielversprechend. Den Bürgern in Albstadt und seinem Umland ist es schließlich auch egal, welche Gruppierung es schafft, etwas für diese wichtige Infrastruktureinrichtung in der größten Kreisstadt zu erreichen. Hauptsache, es gelingt überhaupt. Dass alle Parteien und Gruppierungen in Albstadt an einem Strang ziehen, ist immerhin mal etwas Neues. Das erleben wir gerne öfter.