Landrätin Rita Röhrl mischte die Sendung auf (Archivbild). Foto: imago images/teutopress/teutopress GmbH via www.imago-images.de

In der ZDF-Sendung Markus Lanz ging es am Dienstagabend um das Thema Migration. Dabei mischte besonders eine SPD-Landrätin aus Bayern die Talkrunde auf.

Es ist immer wohltuend, wenn einer der Studiogäste dem mitunter von missionarischem Eifer geprägten Moderator und ständigen Redeunterbrecher Markus Lanz mal in die Parade fährt, und das war im der ZDF-Sendung zum Thema Migrationspolitik am Dienstagabend der Fall: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte die Rolle inne und sorgte so für ein kleines Highlight in der Sendung. Aber zunächst zum anderen Höhepunkt der Runde, geprägt von der Landrätin Rita Röhrl (SPD), die dermaßen über den Asylmissbrauch wetterte und harte Maßnahmen forderte, dass Lanz sie fragen musste, für wen sie denn eigentlich spreche und sie in ihrer Antwort etwas von der „guten alten SPD“ murmelte.

Kiefernbruch bei Polizisten

In Röhrls Landkreis Regen liegt das 600-Einwohner Dorf Rabenstein in einer touristisch geprägten Region, in dem in einem leer stehenden Hotel für zehn Jahr 150 Asylbewerber aufgenommen werden sollen. „Das wird ein Problem. Es wird da keine Integration stattfinden“, so Röhrl. Sie kritisierte vor allem den zu laxen Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern, die ausreisepflichtig seien und dem nicht nachkommen. In ihrem Landkreis gebe es einen, der diesen Status seit 2018 inne habe, seitdem sitze der in einer Unterkunft herum. Die Rückführungen von Abgelehnten seien immer ein Problem, man brauche Staaten, die Abgelehnte zurück nähmen, für einen Zurückzuführenden brauche man drei Polizisten für den Heimflug, und die Sache ende oft in einem Chaos mit einem Kieferbruch – „auf Seiten der Polizeibeamten“ oder mit der Flugverweigerung des Piloten.

Kein Bargeld mehr

Die Sozialdemokratin sprach sich dafür aus, dass Asylbewerber, die ihre Papiere mit Absicht weggeworfen hätten, um ihre Herkunft zu verschleiern, und die ihrer Mitwirkungspflicht nicht genügten, die Leistungen zu kürzen. „Auch sollten wir die Zahlung von Bargeld komplett einstellen, Unterkunft und Verpflegung – das reicht.“ An anderer Stelle in der Sendung war schon von Minister Buschmann darauf hingewiesen, dass es einen finanziellen Kreislauf gebe. Die Familie oder ein Dorf zahle dem Asylbewerber Geld, der zahle damit den Schleuser, das gestundete Geld zahle der Asylbewerber dann am Zufluchtsort Deutschland mit den Geldleistungen des Staates zurück – also finanziere Deutschland indirekt die Schleuser. „Wir können uns nicht von Leuten auf der Nase herumtanzen lassen, die unser Recht missbrauchen. Das Grundrecht auf Asyl ist ein hohes Gut, wir müssen für eine allgemeine Akzeptanz dafür in der Bevölkerung sorgen“, sagte Rita Röhrl.

Arbeitspflicht für Abgelehnte?

Gefragt von Markus Lanz nach einer Arbeitspflicht für abgelehnte Asylbewerber – sie besitzen übrigens gar kein Arbeitsrecht - meinte die Landrätin, ja, „sie sollten arbeiten müssen“. „Dass die Leute bei uns nur die Hand aufhalten, dass kann nicht unser Ziel sein.“ Dann aber brachte sie das Beispiel einer thailändischen Spezialitätenköchen mit Aufenthaltserlaubnis – also kein Flüchtling – bei der bürokratische Hürden in Deutschland die Arbeitsaufnahme blockierten.

„Die Leute streunen herum“

Der FDP-Justizminister Buschmann versuchte die Debatte zu glätten und zu versachlichen, teilte aber ansatzweise den Unmut seiner Vorrednerin über die desolate Lage von Asylbewerbern, namentlich abgelehnten und ausreisepflichtigen: „Die sitzen hier fünf Jahre lang in den Einrichtungen, gucken in den Mond oder streunen in der Gegend rum.“ Von einer allgemeinen Arbeitserlaubnis für diese Gruppe erwartet Buschmann allerdings einen weiteren Anreiz für andere Wirtschaftsflüchtlinge, in Deutschland ihr Heil zu versuchen. Denn es seien ja die Jobs, die sie anlockten. Bestimmte Arbeitspflichten – etwa in ihrer Einrichtung – hält Buschmann aber für angemessen. Im übrigen verwies er auf eine „sehr klare Rechtssprechung“ des Bundesverfassungsgerichts von 2022, wonach das physische Existenzminimum eines Asylbewerbers nach deutschem Standard zu gewährleisten sei und es nicht mit der Begründung, das sorge für einen Pull-Effekt, reduziert werden kann. Sein Ministerium will das Urteil nochmals genauer ausloten, Tatsache sei aber, dass die Umstellung von Bargeld auf Sachleistungen möglich sei.

Showdown Minister gegen Moderator

Der Bundesminister stellte die jetzt auf den Weg gebrachte Gemeinsame Europäische Asylpolitik als den Stein des Weisen dar, die allerdings erst in zwei oder drei Jahren voll wirksam wird: Darunter fallen „robuste Grenzkontrollen an den Außengrenzen“, die Zurückweisung von offensichtlich unbegründeten Asylbegehren bereits an den Grenzen, die Schließung von Rückführungsabkommen mit anderen Ländern. Auch in Deutschland gebe es übrigens Unterschiede in der Länge der Asylverfahren – bei seinem FDP-Ministerkollegen in Rheinland-Pfalz dauerten sie sechs bis sieben Monate, in Brandenburg bis zu drei Jahre. Und an der Fürsorge des Staates für Flüchtlingen will Buschmann auch nicht rütteln lassen: „Wir können die Leute doch nicht verhungern lassen oder unter die Brücken schicken.“ Ja, und dann gab es den kleinen Showdown mit Markus Lanz. Buschmann hatte die zwei unterschriftsreifen Rücknahmeabkommen mit Georgien und Moldawien gelobt, durch die zehn Prozent der Illegalen zurückgeführt werden können. Lanz aber sprach von einem „unfassbar kaputten System“, und es sei „seltsam“, die Abkommen als Erfolg zu verkaufen. Die Länder wollten die Rückführung gar nicht und ein moldawischer Handwerker, „der wirklich was kann“, müsse jetzt zurück. Das ging Minister Buschmann über die Hutschnur: „Wir haben genug Probleme, Sie müssen keine neuen erfinden, Herr Lanz! Sie müssen uns nichts kaputt reden!“ Den Einzelfall des moldawischen Handwerkers und dessen Problem werde man lösen können.

Schleuser werden dreister

Seine Unzufriedenheit mit der Politik äußerte Lars Wendland, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. „Unsere Leute sind am Limit“, sagte Wendland. „Die Schleuserringe arbeiten immer dreister. Es gibt für Garantieschleusungen aus der Türkei bereits einen Markt im Internet.“ Von den Politiker werde den Menschen suggeriert, dass man bei stationären Grenzkontrollen den Flüchtlingen sagen könne, „Hallo, ihr bleibt draußen!“. Das sei aber nicht der Fall, in dem Moment, wo sie das Wort „Asyl“ ausriefen, müssten sie aufgenommen werden. Der Bundesregierung warf Wendland eine Vernachlässigung der Bundespolizei vor, was die Digitalisierung und geplante Einsparungen bei Verwaltung anbelange. Man brauche ein Bundespolizeigesetz, gerade im Hinblick auf den Umgang mit verdeckten Ermittlern und dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität.

Der Publizist und Blogger Sascha Lobo meinte, dass das Kernproblem bei der Migration das Fehlen einer „klaren Kommunikation“ sei, das schüre die Vertrauenskrise der Menschen in den Staat. Man habe da jetzt schon ein Lagerdenken –auf der einen Seite Menschen mit „rassistischen Sprüchen“, auf der anderen Seite das linke und grüne Spektrum, wo so getan werde, es gäbe gar kein Problem.

Rüffel für Friedrich Merz

In welches Lager nun CDU-Chef Friedrich Merz gehört, das wurde nicht dezidiert benannt. Aber schon am Anfang der Sendung war von allen eine Missbilligung seiner sechs Tage alten Redeauszugs über Asylbewerber, die Einheimische in Zahnarztpraxen verdrängen, zu hören gewesen. Der Liberale Buschmann sagte: „Seriöse Demokraten sollten bei den Fakten bleiben. Es gibt schon genug Radikale, die falsche Nachrichten verbreiten.“